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Bei der Landesvertreterversammlung 2016 diskutierten Podiumsteilnehmer und Delegierte ausführlich über Vergabe und Wettbewerb.
In seiner Einführung zur Diskussion "Zukunft des Wettbewerbs" benannte Eric Zimmermann Grundprinzipien des Vergaberechts: "Wo wettbewerbliche Strukturen fehlen, gibt es keinen Zwang zur Wirtschaftlichkeit." Da für öffentliche Auftraggeber keine Gefahr der Insolvenz bestehe, fiele für sie der ökonomische Druck weg, ergo benötige man Vorgaben. Das Vergaberecht zielt auf Effizienz, Transparenz und Gleichbehandlung aller interessierten Unternehmen; bei dessen Novellierung hat sich die EU von der Absicht leiten lassen, länderübergreifend zu vereinheitlichen, die Verfahren einfacher und flexibler zu gestalten, strategischen Aspekten den Weg zu ebnen sowie mittelstandsfreundliche Vergaben zu fördern, zählte der Justiziar auf. Als Ergebnis der Vergaberechtsreform 2016 gibt es nun neue Versionen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sowie der Vergabeverordnung (VgV). Darin eingeflossen sind Inhalte der VOL/A und der VOF, die als eigene Regelwerke nun nicht mehr bestehen. Geblieben ist dagegen die VOB/A.
"Architekten- und Ingenieurleistungen werden in der Regel im Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb nach § 17 oder im wettbewerblichen Dialog nach § 18 vergeben", zitierte Zimmermann § 74 VgV und merkte zur zweitgenannten Verfahrensart an: "Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. Für die einen ist er Teufelswerk, für die anderen ein taugliches Instrument."
Hieß es in der VOF noch, dass kleine Büros und Berufsanfänger "angemessen beteiligt werden sollen", spricht die VgV davon, dass sie "bei geeigneten Aufgaben zu beteiligen sind". Die Frage nach der Auswirkung dieser neuen Formulierung stellte Zimmermann ebenso in den Raum wie diejenige, ob Planung und Bau getrennt gehören. Als Podiumsdiskutanten hatte er Lisa Bogner, Wolfgang Borgards, Dr. Fred Gresens, Gerd Grohe und Ulrich Schwille um sich geschart.
Gefragt, ob sie als jüngeres Büro so etwas wie Welpenschutz benötigten, bestätigte Bogner, LIMA Architekten, dass sie explizite Gesetze für Newcomer begrüßen würde - sonst habe man keine Chance auf einen Auftrag. Unterstützung bekam sie von dem stellvertretenden Vorsitzenden der BDA Kreisgruppe Freiburg, Bogards, der mit seinem Büro K9 Architekten schon jede Menge Wettbewerbe für sich entscheiden konnte: Auch für die Baukultur sei eine Beteiligung jüngerer Büros wichtig, sie verfügten oft über eine ganz besondere Kreativität. Verfahren unter dem Schwellenwert solle man für sie ebenfalls ausschreiben.
Dieses Stichwort nahm Schwille, Vorsitzende des Kammerbezirks Tübingen, auf: "Damit die Vetterleswirtschaft aufhört, brauchen wir eine Verordnung unter der Schwelle." Grohe vom Büro kohler grohe architekten hingegen zeigte sich weniger überzeugt, dass es des - im vorliegenden Entwurf 52 Paragraphen umfassenden - neuen Regelwerks UVgO (Unterschwellenvergabeordnung) bedarf. Man habe bereits "gut funktionierende Regeln", darüber hinaus läge es am Wettbewerbsbetreuer, die Zugangsschwellen niedrig und ausgewogen zu halten. Dazu verwies Dr. Gresens, Vorsitzender des Kammerbezirks Freiburg sowie der Strategiegruppe Vergabe und Wettbewerb, auf den Ehrenkodex, den bereits der frühere Wettbewerbs-Ausschuss formuliert habe; ein "sehr hohes Niveau in der Wettbewerbsbetreuung" sei entscheidend. Ein Landesvertreter ergänzte, dass in diesem Kontext auch der Jury eine essenzielle Rolle zukommt.
Darüber hinaus wurde aus den Reihen der Delegierten angemahnt, dass bei geeigneter Aufgabe nicht nur junge Büros zu unterstützen sind, sondern auch die Innenarchitektinnen und -architekten. Sie seien bislang konsequent aus dem Wettbewerbswesen ausgeblendet. Innenarchitektur-Leistungen würden beispielsweise von Museumsplanern erbracht. Auch haben die Auslobungen fast immer Neu- oder Anbauten zum Gegenstand – und dies vor dem Hintergrund, dass rund 70 Prozent der Bauaufgaben im Bestand anfallen.
Lebhaft war auch die Auseinandersetzung, ob und inwieweit "der Architekt Herr des Verfahrens ist" und was man davon zu halten hat, wenn ein Generalübernehmer Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers ist: Statt eines Architekten-Wettbewerbs fänden vielerorts kombinierte Verfahren statt. Ein Redner monierte, dass man dabei mit dem Geldgeber "immer verbandelt" ist; ein anderer stellte klar, dass er sich von Bauherrenseite ohnehin immer mit ganz konkreten inhaltlichen Vorgaben und einem festen Kostenrahmen konfrontiert sieht.
Damit mündete die Diskussion in Überlegungen zum Berufsbild. Einige bewerteten es positiv, wenn sie ausschließlich in den Leistungsphasen zwei bis fünf tätig sind – auch die meisten Wettbewerbe beschränkten sich auf diesen Bereich. Das bedeutet allerdings, dass die große zentrale „Baumeister“-Kompetenz verloren geht, gab ein Landesvertreter zu bedenken. Als Gegenbeispiel berichtete ein Delegierter von einer Serie von Kindertagesstätten, die er als GmbH mit seinen Lieblingshandwerkern jeweils innerhalb von drei Monaten schlüsselfertig erstellt hat. „Was spricht dagegen?“ fragte er in die Runde. Die Antwort kam umgehend: Man gebe damit die Rolle des Architekten als Sachwalter des Bauherrn auf: „Wollen wir das?“
Nach diesen Überlegungen zum Selbstverständnis des Berufsstands regte ein Landesvertreter den offensiven Schritt nach außen an: direkte Öffentlichkeitsarbeit gegenüber Bürgermeistern und kommunalen Vertretern. Ein zweiter drang darauf, dass auch VgV-Verfahren öffentlich ausgeschrieben werden, damit sich viele Büros engagieren können. Und schließlich gab es den Appell, Wettbewerbe zunehmend mit Bürgerbeteiligungen zu verzahnen. Dies führe zu hoher Akzeptanz und liege damit im Interesse der Kommunen.
Die Analyse praktizierter und deren Abgleich mit bewährten Verfahren ist eine Aufgabe dieses Kompetenzteams und die Basis für eine strategische Weiterentwicklung der Kammerposition zu Wettbewerben.