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§ 39 LBO: "Bauliche Anlagen sowie andere Anlagen, die überwiegend von behinderten oder alten Menschen genutzt werden, ..., sind so herzustellen, dass sie von diesen Personen zweckentsprechend ohne fremd Hilfe genutzt werden können."
Erläuterungen zur Zielsetzung der bereits 1996 in Baden-Württemberg eingeführten Anforderungen an das Barrierefreie Bauen. Baurätin Dagmar Streich, 2003 Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg
Mit der Novellierung der Landesbauordnung im Jahre 1995 hat sich das Land Baden-Württemberg das Ziel gesetzt, die baulichen Voraussetzungen zu schaffen, um behinderten und älteren Menschen eine weitgehend hindernisfreie Umwelt zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen bauliche Hindernisse abgebaut werden und neue Hindernisse erst gar nicht entstehen. Eine barrierefreie Umwelt ist für mobilitätseingeschränkte Menschen Voraussetzung für eine möglichst selbständige Lebensführung und die gleichberechtigte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Frühzeitige EingliederungEin wichtiger Aspekt des barrierefreien Bauens ist dabei aber auch, dass die Integration behinderter Mitmenschen nicht erst mit fortschreitendem Alter greifen soll, sondern dass behinderte Kinder schon im Kindergarten und in der Schule in eine normale Umgebung integriert werden können. Diese Integration soll über alle Lebensphasen in allen Bereichen erhalten bleiben. Eine frühzeitige Eingliederung behinderter Kinder und Jugendlicher im Schul- und Freizeitbereich dient gleichzeitig auch der Bewusstseinsbildung Nichtbehinderter im Umgang mit behinderten Mitmenschen.
Das barrierefreie Bauen schafft aber nicht nur Erleichterungen für behinderte und alte Menschen, sondern auch für vorübergehend mobilitätseingeschränkte Personen, z.B. bei vorübergehenden Unfallfolgen oder nachoperativen Beeinträchtigungen. Mütter und Väter mit Kinderwagen oder auch nur mit vielen Einkaufstüten beladene Personen werden die Vorteile einer barrierefreien Umwelt ebenfalls zu schätzen wissen.
Öffentliche GebäudeDer Katalog der barrierefrei herzustellenden baulichen Anlagen wurde auf fast alle öffentlich zugänglichen Gebäude ausgedehnt. Dabei wird die barrierefreie Ausführung nicht mehr nur auf die dem Besucherverkehr dienenden Teile einer baulichen Anlage beschränkt, sondern die in § 39 Abs. 1 und 2 LBO aufgeführten baulichen Anlagen sind insgesamt so herzustellen, dass sie ohne fremde Hilfe genutzt werden können. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die über § 39 LBO geschützten Personen grundsätzlich nicht nur als Besucher der genannten Gebäude, sondern auch als potentiell dort Beschäftigte in Betracht kommen.
Die Aufzählung der baulichen Anlagen des § 39 LBO ist in drei Kategorien unterteilt, die dann bei den Ausnahmevorschriften des § 39 Abs. 3 LBO unterschiedlich behandelt werden.
Die erste Kategorie sind die im § 39 Abs. 1 LBO in einer beispielhaften Aufzählung erfassten baulichen Anlagen, die überwiegend von ... behinderten und alten Menschen genutzt werden, wie z.B. ... Werkstätten und Heime für behinderte Menschen, Altentagesstätten und Altenpflegeheime. Für diese erste Gruppe baulicher Anlagen sieht das Gesetz keine Ausnahmemöglichkeiten von den Anforderungen zum barrierefreien Bauen vor.
In einer zweiten Gruppe im § 39 Abs. 2 Nr. 1 bis 13 LBO sind bauliche Anlagen aus dem öffentlichen Bereich der Gemeinden und Kommunen wie Verwaltungsgebäude, Kirchen, Versammlungs- und Freizeiteinrichtungen, Museen, Bibliotheken, Krankenhäuser und Bildungseinrichtungen aufgeführt. ... Als letztes sind im § 39 Abs. 2 Nr. 14 bis 19 die eher dem privaten Bereich zugeschlagenen Arbeits-, Verkaufs- und Gaststätten aufgeführt. Unter der Ziffer 19 werden schließlich in einem Auffangtatbestand alle gewerblichen Betriebe und sonstigen Nutzungen bis zu einer bestimmten Größenordnung erfasst. Hier können Ausnahmen sowohl bei Nutzungsänderungen und baulichen Änderungen bestehender Anlagen als auch bei Neubauten zugelassen werden, wenn die Erfüllung der Anforderungen des barrierefreien Bauens bautechnisch nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist. z.B. aufgrund schwieriger Geländeverhältnisse in Hanglagen. Bei Schulen und Kindertageseinrichtungen sind solche Ausnahmen jedoch nur bei Nutzungsänderungen und baulichen Änderungen möglich.
Normen als PlanungsgrundlagenWas im Einzelnen bei der Gebäudeplanung und -ausführung beachtet werden muss, geben die durch die Liste der technischen Baubestimmungen verbindlich eingeführten Normen DIN 18024 Teil 2 und DIN 18025 Teil 1 und 2 vor. Die DIN 18024 Teil 2 enthält Planungsgrundlagen für öffentlich zugängige Gebäude und Arbeitsstätten. DIN 18025 Teil 1 hat Planungsgrundlagen für Wohnungen für Rollstuhlbenutzer zum Inhalt und DIN 18025 Teil 2 regelt die Anforderungen an barrierefreie Wohnungen, insbesondere für Blinde und Sehbehinderte, Gehörlose oder Hörgeschädigte, Gehbehinderte, Menschen mit sonstigen Behinderungen oder ältere Menschen.
Mit den Normen werden die Anforderungen zur stufenlosen Erreichbarkeit, an Aufzüge, Rampen, Treppen, Sanitärräume, notwendige Bewegungs- und Begegnungsflächen, Bedienungsvorrichtungen und Orientierungshilfen definiert. Die Normen berücksichtigen dabei die menschlichen Maße und Bewegungsabläufe bei unterschiedlichen Behinderungen.
Multifunktionalität und UmnutzungDie demographische Entwicklung der Altersstruktur zeigt, dass immer mehr Menschen ein hohes Alter erreichen. Wir müssen heute die Möglichkeit nutzen, Gebäude zu schaffen, die keine baulichen Hindernisse darstellen, sondern vielmehr multifunktional genutzt werden können. Ein ganz wichtiger Gesichtspunkt ist dabei die barrierefreie Zugänglichkeit und Nutzbarkeit. Ein Gebäude, das heute noch als Kindergarten genutzt wird, kann zu einem späteren Zeitpunkt auch die Aufgabe einer Altenbegegnungsstätte wahrnehmen, wenn jetzt schon die baulichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden.
Ein Gebäude heute barrierefrei zu bauen ist also eine Chance, ein Bauwerk zu schaffen, das auch morgen noch vielseitig nutzbar sein wird.
Baurätin Dagmar Streich, 2003Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg
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