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Dass die Architektur Einfluss nimmt auf die Menschen, die in ihr arbeiten und leben, ist in Fachkreisen eine Binsenweisheit. Gleichwohl lohnt es sich, dem Laien dieses Wissen noch mehr ins Bewusstsein zu rücken. Als besonders geglückter Fall hat das Haus der Architekten in der öffentlichen Wahrnehmung enorm gewonnen: Hier haben die jetzigen Regierungsparteien die Möglichkeiten einer künftigen Zusammenarbeit eruiert und hier haben sie ihre Koalitionsverhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht.
Vermutlich hat auch die politische Bedeutsamkeit des Ortes den ein oder anderen Gast zum Kommen bewegt – in jedem Fall konnte sich der traditionelle Sommerliche Empfangs eines neuen Besucherrekords erfreuen: Weit über 450 Vertreter aus Politik, Behörden, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Kammern, Kunst, Kultur, Kirche und Medien folgten am 4. Juli der Einladung der Architektenkammer ins Haus der Architekten, "fast hätte ich von 'historischer Stätte' gesprochen", wie Präsident Wolfgang Riehle in seinen Begrüßungsworten augenzwinkernd formulierte.
Auch Festredner Dr. Nils Schmid, stellvertretender Ministerpräsident sowie Minister für Finanzen und Wirtschaft, beschwor den "Geist des Hauses". Mit ihm habe es viel zu tun, dass die Koalitionsgespräche so gut gelaufen seien. Arbeitskreise, die in der Verhandlungsphase an anderen Orten stattgefunden haben, hätten sozusagen den Gegenbeweis erbracht: "Dort ist es deutlich weniger erbaulich zugegangen als hier."
Unter strahlender Juli-Sonne sprach Präsident Riehle über berufspolitische Themen, die ihm besonders am Herzen liegen, darunter die Ergebnisse der Kammerwahlen, das Architekten- und Ingenieurvertragsrecht sowie der Runde Tisch Planen und Bauen in Baden-Württemberg. Seine Bedenken, die Koalitionäre bezögen nachhaltiges Bauen einzig auf die Energieeffizienz, wurden von Schmid weitgehend entkräftet. Man sei froh, dass die Architektenkammer den Begriff der Nachhaltigkeit so breit anlege. Auch der Regierung seien Fragen der Baukultur, des demographischen Wandels, der Entwicklung von Stadt und Landschaft oder Standortqualitäten enorm wichtig. Unterm Strich erwies sich Schmid als Kenner und Verfechter all derjenigen Qualitätsmerkmale, mit denen auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB – deren Gründungsmitglied die Architektenkammer Baden-Württemberg ist – den Begriff der Nachhaltigkeit definiert.
In seinem kurzen Rückblick auf die Kammer- Veranstaltungen des letzten Jahres hob der Präsident insbesondere die Reihe "Z 21 – Zukunftsfähige Stadtentwicklung für Stuttgart" hervor. Ziel der vier Vortrags- und Diskussionsabende rund ums Thema Stuttgart 21 "war nicht die Schlichtung von unvereinbaren Positionen, sondern die Rückbesinnung auf die Fachthemen und das Know-how unserer Mitglieder". Dies sei dank der konstruktiven Auseinandersetzung sehr erfreulich gelungen. Die Ergebnisse der Reihe zeigten Wege auf, „wie Stuttgart auf den freiwerdenden heutigen Gleisflächen tatsächlich lebendige, urbane Stadtquartiere gewinnen kann“.
Nachzulesen ist das Ganze in der Broschüre "Z 21. Zukunftsfähige Stadtentwicklung für Stuttgart. Vorträge und Diskussionen", die termingerecht zum Sommerlichen Empfang vorlag und bei der Architektenkammer kostenlos angefordert werden kann per Mail oder telefonisch unter 0711-2196-113.
Auch Schmid äußerte sich zuversichtlich in puncto Stuttgart 21. Im Bereich der Bürgerbeteiligung erwarte man aufwändige Diskussionen, "aber das halten wir als Politiker auch aus." Man sei eingebettet in gesellschaftliche Zwänge, das Bedürfnis nach Mitsprache wäre groß und sollte dank einer erfolgreich agierenden Bürgerregierung befriedigt werden. "Damit das gelingt, bauen wir auf Sie", so der Aufsichtsminister der Architektenkammer Baden-Württemberg. Ohnehin haben Architekten in seinen Augen künftig eine wichtige Rolle zu spielen. Sie als Landesregierung hätten sich unter anderem den Erhalt des baulichen Erbes auf die Fahnen geschrieben, Kunst am Bau sollte weitergepflegt werden und "auch die Kunst am und mit dem Altbau". Dass die Architektenkammer über ihre Auszeichnungsverfahren das Thema Baukultur in die Fläche trage, begrüße er ebenso wie das Bemühen um Dialog mit den Bauherren.
Hatte Riehle in seiner Rede angemahnt, "die bis 2013 um insgesamt 125 Millionen Euro reduzierten Mittel für die Städtebauförderung wieder auf den Stand von 2010 in Höhe von 535 Millionen Euro anzuheben", versicherte auch Schmid: "Wir werden uns über die Landesschiene dafür einsetzen, die alte Förderung wieder aufzunehmen." Und auch was das Landeswohnraumförderungsprogramm betrifft versprach er Aufstockung: Ziel sei, auch im Zentrum preisgünstiges Wohnen zu ermöglichen. Innen- käme vor Außenentwicklung, darunter die Modernisierung vorhandenen Wohnraums sowie Barrierefreiheit. "Wohnungspolitik soll Querschnittsaufgabe werden", so Schmid und zwar mit individueller Architektur.
Schließlich der Dauerbrenner HOAI. Riehle bat um Verständnis, dass man weiter auf dem Thema insistiere. Es gehöre eben zu den Pflichtaufgaben einer berufsständischen Kammer, für faire Rahmenbedingungen bei der Berufsausübung und für eine auskömmliche Honorierung der immer komplexeren Leistungen ihrer Mitglieder Sorge zu tragen. "Zuletzt haben wir 14 Jahre lang darauf gewartet, um schließlich nicht akzeptable 10 Prozent mehr Honorar zu bekommen!" Hier könne er sich in Rage reden, was der Präsident dann aber glücklicherweise nicht tat. Stattdessen hielt er es mit Pater Anselm Bilgri und wünschte "‘hilaritas‘, heitere Gelassenheit, und damit eine entspannte Gesprächskultur, nicht nur für den heutigen Tag".
Fotos von der Veranstaltung: Josh von Staudach