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Wie wollen wir in Zukunft wohnen? Und wie baue ich ein Stück neue Stadt? "Das sind die Themen, mit denen Sie sich in Ihrem Berufsleben beschäftigen werden," versprach Beatrice Soltys, Vizepräsidentin der Architektenkammer Baden-Württemberg, den rund 100 Teilnehmern der Impulsveranstaltung zum Ideenwettbewerb "Wohnen für alle – in der Stadt" am 22. April im Haus der Architekten in Stuttgart.
Studierende der Fachrichtungen Architektur, Innen- und Landschaftsarchitektur sind dabei aufgerufen, unabhängig von geltenden Normen einfach mal "querzudenken", wie Stefanie Eberding, Ideengeberin für den Wettbewerb, bei der offenen Diskussion im Anschlussan den Referententeil noch einmal betonte: "Nichts ist ausgeschlossen." Anregungenfür ihre Projekte bekamen die Studentinnenund Studenten nicht nur von Referenten aus der Architektur. Auch die soziologische und die politische Sichtweise spielten eine Rolle.
Gudrun Heute-Blum vom Städtetag Baden-Württemberg zeigte in Vertretung der Schirmherrin des Wettbewerbs, Barbara Bosch, die politischen Herausforderungenbeim Wohnungsbau auf: das "enge Korsett", das Planern durch Regularien wie "Innenraumentwicklung statt Außenentwicklung" oder Artenschutz auf Umlandflächen angelegt werde, sowie die damit einhergehenden Zielkonflikte. Die schwierige Flächenauszeichnung und die Baukosten schlagen sich später in der Miete nieder, die vielerorts mittlerweile bei zehn bis elf Euro pro Quadratmeter liegt. Neben dem sozialen Wohnungsbau und dem Wohnungsbau für "gut Betuchte" müsse vor allem für die Leute "mit schmalem Geldbeutel" etwas getan werden, die sich selbst eine Wohnung leisten könnten, wenn die Mieten bezahlbar wären.
Doch "was heißt überhaupt bezahlbarer Wohnraum?", fragte Beatrice Soltys, die den Unterschied zum programmatischen Wohnungsbau aufzeigen wollte. Bezahlbar ist eine Miete dann, wenn sie bis zu einem Drittel des Haushaltseinkommens beansprucht.
Es gebe aber nicht nur ein Problem des bezahlbaren Wohnraums, sondern auch der Wohnraumverfügbarkeit – vor allem durch das Spannungsverhältnis zwischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen. Hinzu kommt der demografische Wandel: Viele ältere Menschen haben finanziell nicht vorgesorgt und können sich teure Wohnungen nicht mehr leisten. Um diese Problematiken zu lösen, bedarf es eines Programms, wie und wo bezahlbare Wohnungen geschaffen werden sollen.
Das erfordere ein Umdenken in der Politik. Und auch darum geht es bei dem Wettbewerb: "Die Ideen der Studierenden sollen dazu beitragen, der Politik neue Modelle vor Augen zu führen – abseits von Regularien und aktueller Forderungslage", so Carmen Mundorff, die als Vertreterin der Architektenkammer Baden-Württemberg die Veranstaltung moderierte.
Dr. Stefan Krämer, Ressortleiter Wissenschaft und Forschung bei der Wüstenrotstiftung, bemerkte, dass es trotz des hohen Niveaus der Wohnbaudebatte noch nicht gelungen sei, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, und beleuchtete die soziologische Komponente des Themas Wohnen: "Funktionierender Mietwohnungsbau ist eine entscheidende Rahmenbedingung für eine moderne, flexible Gesellschaft." Doch er stehe nicht im Mittelpunkt des privaten und öffentlichen Interesses, sondern flamme nur auf, wenn bestimmte Themen wie beispielsweise Altersarmut oder der Flüchtlingszustrom diskutiert werden.
Krämer forderte nachhaltige Lösungen statt Reaktionen auf Einzelsymptome. Als Anregung an die Studenten betonte er, Bauprojekte seien oft nicht mutig genug und müssten innovativer werden.
Innovation ist Andreas Hofer aus Zürich, geschäftsführender Partner Archipel GmbH und Vorstandsmitglied der Baugenossenschaft "mehr als wohnen", hingegen kein Fremdwort. Als Mitbegründer der Baugenossenschaft Kraftwerk 1 ebnete er den Weg für eine neue genossenschaftliche Denkweise, bei dem viele unterschiedliche Wohnlösungen angeboten werden können – je nach individuellem Bedarf.
Denn: "Es gibt nicht DIE Antwort, sondern die Antwort ist Vielfalt", so Hofer. Das ist auch Teil des genossenschaftlichen Gedankens: Hier können Mieter flexibel darauf reagieren, wenn sich ihre Lebenssituation ändert und beispielsweise aus einem Zwei- ein Einpersonenhaushalt wird, indem sie sich eine dem Bedarf entsprechende Wohnung nehmen.
Mit weniger grundlegenden sondern eher alltäglichen Veränderungen im Leben gingen die Planer des Hunziker Areals in Zürich um. So ist es nicht notwendig, dass jeder sein eigenes Gästezimmer und genug Platz zum Veranstalten einer großen Feier hat.
Diese Räumlichkeiten werden nur im konkreten Fall benötigt und können somit als gemeinschaftlich genutzte Fläche zur Verfügung gestellt werden, erklärt Kornelia Gysel, geschäftsführende Partnerin von Futurafrosch Zürich, die mit ihrem Büro den Ideenwettbewerb für das Hunziker Areal gewonnen und dort Gebäude realisiert hat. Auch moderne Clusterwohnungen bieten eine Möglichkeit, den Quadratmeterbedarf pro Kopf zu reduzieren, indem Flächen zum Wohnen gemeinschaftlich genutzt werden.
Kornelia Gysel betonte aber gleichzeitig die Relevanz von Rückzugsmöglichkeiten für die notwendige Privatheit. Nur dann habe Gemeinschaft einen Mehrwert. Natürlich gebe es bei diesen neuen Wohnformen auch Ängste, räumte Andreas Hofer ein. Deshalb sei eine Geschichte zum Projekt besonders wichtig, die aufzeigt, wie dieses funktionieren kann. Es müsse kommuniziert werden, dann sei fast alles möglich.
Und das taten dann auch die Studentinnen und Studenten – wenn auch nicht unbedingt im Rahmen der offenen Diskussion, so doch im Anschluss an die Veranstaltung im direkten Gespräch mit den Grundstücksverantwortlichen aus Mannheim, Konstanz und Stuttgart. Ausreichend Impulse scheint die Auftaktveranstaltung zum Wettbewerb offensichtlich gegeben zu haben.
Unter der Schirmherrschaft der Präsidentin des Städtetags Baden-Württemberg Barbara Bosch hat die Architektenkammer einen Wettbewerb für Studierende der Architektur, der Innenarchitektur und der Landschaftsarchitektur ausgelobt, um neue Ansätze für ein integriertes und sozial ausgewogenes Wohnen in der Stadt zu finden.