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Pädagogen wie Architekten nahmen am 23. September gerne die Gelegenheit wahr, sich über aktuelle Erfahrungen bei der Baukulturvermittlung zu informieren.
Eine erste Bilanz zog Professor Winfried Engels, Vorsitzender der Projektgruppe "Architektur macht Schule": Das Interesse am Thema sei beachtlich und die große Zahl der im Saal Versammelten ein Zeichen dafür. Auch der Besuch von Kultusminister Stoch bei der Landesvertreterversammlung der Architektenkammer Baden-Württemberg im November 2013 sei "Ausdruck des hohen gesellschaftlichen Stellenwerts, der den Themen Architektur, Baukultur und Denkmalschutz inzwischen beigemessen wird."
Österreich und Finnland gelten uns als beispielhaft in Sachen Baukulturvermittlung. Dabei macht beim südlichen Nachbarn unter anderem "bink", die Initiative Baukulturvermittlung für junge Menschen, von sich reden. Deren Vorsitzende Dr. Barbara Feller gab Einblick in die Strukturen des Netzwerks.
Einige Partner wie die Architekturstiftung Österreich agierten bundesweit, die meisten jedoch regional. Zu den übergreifenden, gemeinsamen Aktivitäten zähle die Pflege der Website www.bink.at. Darin findet sich auch eine hervorragend aufgearbeitete Datenbank mit Anleitungen für Projekte, die sich nach Themen, Inhalte, Alter etc. sortieren lassen. Zu den weiteren Tätigkeitsfeldern von bink gehören die Verstärkung der Aus- und Fortbildung für Lehrer sowie die Entwicklung von Lehrmaterialien. Ein Ziel für die Zukunft sei eine bessere universitäre Verankerung des Themas und die Stärkung der Forschung.
Positiv wertete Feller, dass der Begriff der Baukultur in den letzten 20 Jahren wieder Konjunktur habe. "Denn er trägt den prozesshaften Charakter - wie die Dinge entstehen und das Gebaute." Angesichts der zahlreichen Lebensausgaben rund ums Bauen und Wohnen äußerste Feller ihre Verwunderung darüber, wie wenig es die Menschen bislang vermögen, hier - ganz anders als beim Autokauf - ihre Bedürfnisse klar zu formulieren und finanzielle Auswirkungen abzuschätzen. In den bundesweit einheitlichen Rahmenlehrplänen fänden sich Architektur und Baukultur in unterschiedlicher Begrifflichkeit in mehreren Unterrichtsfächern wieder, also nicht nur in der Bildnerischen Erziehung. "Es gilt, das Thema aus der ästhetischen Ebene heraus auf eine ethische Dimension zu heben." Es müsse weniger um "schön" oder "schiach" (hässlich) gehen, sondern darum, ein Vokabular zu entwickeln, die Wirkung von Raum zu beschreiben. Die Rahmenlehrpläne ließen den Lehrern einen großen Freiraum zur konkreten Ausgestaltung, oft fühlten sie sich allerdings wenig souverän in dem Bereich.
Anders als in Österreich hat in Deutschland jedes Bundesland seine eigenen Bildungspläne. Nachdem die Architektenkammer Baden-Württemberg bereits vor 15 Jahren ihr Engagement in Sachen Architekturvermittlung aufgenommen hat, fand sich der Themenbereich in den Bildungsplänen 2004 an mehreren Stellen wieder. Derzeit läuft die Überarbeitung. Um aus der Tätigkeit der Bildungsplankommissionen zu berichten, war Dr. Brigitte Weiske vom Landesinstitut für Schulentwicklung im Haus der Architekten zu Gast.
Die Referatsleiterin nannte Beispiele dafür, wo sich in den Bildungsplänen 2016 Architekturbezogenes finden wird. So sollen zu den Teilkompetenzen von Grundschülern in der Mathematik gehören: "einfache räumliche Beziehungen erkennen und beschreiben [...], mit Körpern frei bauen und die Bauwerke beschreiben"; die Bildende Kunst-Schüler der Sekundarstufe I können "elementare Bedingungen von Architektur erkennen und in Konstruktion und Wirkung untersuchen und anwenden". Weiske verwies darauf, dass auch bei der landesweiten Fortbildungsakademie Schloss Rotenfels Architektur-Angebote für Lehrer und Schüler ins Programm genommen werden.
Was zunächst fast als Hobby begann, hat zwischenzeitlich einen hohen Grad an Professionalisierung erlangt: Seit 2000 auf die Architekturvermittlung für Kinder und Jugendliche spezialisiert, entwickeln Anna Bauregger und Andreas Ernstberger gemeinsam Unterrichtsmaterialien, Schulprojekte, Ferienprogramme, Firmenevents, Fortbildungen und Fachliteratur. "Es wird nicht einfach etwas erzählt", erläuterte Ernstberger die Methodik, vielmehr gehe es darum, bei Architekturprojekten mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. Wie das funktionieren kann, zeigte er beispielhaft im direkten Austausch mit dem Publikum.
Das Schulgebäude als Lernort, wo sich Schritt für Schritt die Wärmebilanz eines Klassenzimmers berechnen lässt, stellte Bauregger vor. Für den Projekttag "Klimadetektive" habe die Bayerische Architektenkammer einen Rucksack mit Messgeräten zusammengestellt, "zum Schluss bewerten die Schüler ihre Schule." In ihrem lebendigen Vortrag präsentierten die beiden Referenten höchst unterschiedliche Vermittlungsformen. Darunter auch das Projekt Mini München, bei dem Kinder städtebauliche Wettbewerbe und Entwurfsprozesse hautnah erleben können. Die Auseinandersetzung mit der Bauordnung werde dabei zum Teil der demokratischen Bildung.
Best Practice-Beispiele finden sich auch in Baden-Württemberg. So setzt das neue Verständnis von Schule als Lern- und Lebensort die Beteiligung der Nutzer beim Gebäudeumbau voraus. Wie dies konkret aussehen kann, zeigte Dörte Meinerling am Beispiel von Stuttgarter Gymnasien.
In dem einen fand ein sogenannter "open space" mit 550 Schülerinnen und Schülern statt. Dank guter Vorbereitung und klaren Strukturen erbrachte das - auch "Chaoskonferenz" genannte - Format konstruktive Ergebnisse für den Schulumbau. Zu den zahlreichen Tipps, die Meinerling für die Jugendbeteiligung bei der Stadtentwicklung gab, zählen der Methodenmix und die Einbeziehung digitaler Medien genauso wie die klassenübergreifende Gruppenarbeit und die öffentliche Präsentation der Ergebnisse.
Beeindruckende Ergebnisse stehen auch immer am Ende der Modellbau-Schülerwettbewerbe entlang des Oberrheins. 2013 haben sich auf deutschem, französischem, und Schweizer Boden insgesamt 120 Schulklassen aller Altersstufen beteiligt. "Die Aufgabenstellung ist so gefasst, dass sie für Groß und Klein entsprechend dem jeweiligen Entwicklungsstand etwas bietet", präzisierte die Architektin Ingeborg Thor-Klauser, Vorsitzende des Europäischen Architekturhauses - Oberrhein. So ließen sich bei der Umsetzung der Ideen in ein reales Modell ganz unterschiedliche Kompetenzen erwerben, darunter die räumliche Orientierung und Maßstäblichkeit, die Kenntnis von Materialeigenschaften und gesellschaftliche Zusammenhänge. Die Gesamtorganisation laufe über ein Team von Koordinatoren, die sich auf rund zehn Städte verteilten.
Und was kommt von alledem bei der Zielgruppe an? Die Schülerin Paula Friedrichs berichtete von ihren Erfahrungen mit baukulturellen Themen. Eher ernüchternd war ihr Eingangssatz: "Mein Leistungskurs Bildende Kunst ist das einzige Fach, in dem ich Architektur kennengelernt habe." Doch wie fundiert es dort stattfand, ließ die Zuhörer aufhorchen. Am Beispiel von Tadao Ando lernten die Schüler, sich an das Thema heranzutasten und dessen Vielschichtigkeit zu ermessen. Praktische Arbeitsaufträge förderten ihre Kreativität, Besuche in einem Architekturbüro und in der Weißenhofsiedlung eröffneten weitere Blickwinkel. Paula resümierte, dass sie "umfassende Hintergründe zur Architektur" bekommen habe.
Die Einschätzung, in diesem Bereich gut präpariert zu sein, deckt sich im Übrigen auch mit aktuellen Zahlen aus den Regierungspräsidien Stuttgart und Tübingen: Aus drei beim schriftlichen Abitur in der Bildenden Kunst zur Wahl gestellten Themen entschieden sich 44 bzw. 40 Prozent der Schüler für die Architektur.
Im abschließenden Vortrag stellte die Pädagogin Stephanie Schwarz-Hauns grundsätzliche Betrachtungen zur heutigen Lernsituation an. Die subjektive Belastung der Schülerinnen und Schüler sei hoch, nicht prüfungsrelevanter Stoff werde schnell für überflüssig erklärt. Entlang eines Zen-Meister-Zitats "Versuche nicht das Ziel zu treffen" öffnete Stephanie Schwarz- Hauns die Perspektive auf ungewöhnliche, offene Vorgehensweisen. Wer nur ein bestimmtes Ziel im Auge habe, verkrampfe sich leicht, statt sich der Sache selbst hinzugeben.
Im Fach Deutsch befasse sie sich mit Beschreibung, Analyse und Deutung von inhaltlichen und formalen Phänomenen, woraus sich auch immer "eine gewisse Mehrdeutigkeit" ergebe. In Fortführung dazu biete sich eine implizite Behandlung von Architektur und Städtebau entlang vorhandener Themen an, beispielsweise "Ich und die anderen", wo es auch um Abgrenzung gehe und sich leicht ein Bogen zur persönlichen Wohnsituation schlagen lasse. Baukulturvermittlung laufe am besten als Querschnittsthema, so wie sich auch die Unterrichtsmodule in den curricularen Bausteinen der Wüstenrot Stiftung auf die verschiedensten Fächer beziehen.
Diese Idee spiegelte sich auch in der abschließenden Gesprächsrunde wieder. So verwies Professor Rainer Mertes - selbst derzeit in einem Schüler-Beteiligungsprojekt tätig - darauf, dass Architekten in keine Schulschublade passen. Und mehr noch: "Wir Architekten müssen erst einmal überlegen, was wir eigentlich zeigen wollen nach außen." Hierzu passte dann auch der Vorschlag von Anna Bauregger, einen Workshop zum Erfahrungsaustausch zwischen Architekturvermittlern durchzuführen. Vielleicht ist damit schon das Thema für die nächste Veranstaltung "Architektur macht Schule" gefunden?