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Rüdiger Krisch schreibt seit 2012 für Stiftung Warentest
Interview mit Dr. Eric Zimmermann
Rüdiger Krisch (52) aus Tübingen ist Architekt, Stadtplaner – und Beststellerautor. Denn Krisch ist einer von vier Autoren des „Bauherren- Handbuchs“ der Stiftung Warentest. Die Auflage beträgt bislang mehr als 60.000 Exemplare. Derzeit wird das Buch komplett überarbeitet und soll Ende 2019 neu aufgelegt werden. Im nachfolgenden Gespräch mit dem Kammer-Justiziar Eric Zimmermann spricht Krisch über seinen Weg und seine Arbeit.
Wie kommt man als Architekt zu dem Angebot, bei einem Buchprojekt der Stiftung Warentest mitmachen zu dürfen?
Mir fehlte in den ersten Jahren meines Berufslebens manchmal die reflektierende Beschäftigung mit bestimmten Inhalten meiner Arbeit – daher fing ich in dieser Zeit damit an, initiativ auf Zeitschriften zuzugehen und ihnen Texte anzubieten. Zuerst waren das Rezensionen und Kurztexte. Nachdem die gut ankamen, bekam ich von den Redaktionen Aufträge für längere Artikel, auch für Essays in Fachbüchern. Daraufhin kam die Stiftung Warentest auf mich zu und fragte: Hätten Sie nicht vielleicht Lust, Texte für ein breites Publikum zu schreiben, so dass sie auch für Laien verständlich sind? Da habe ich zunächst mal gesagt: Nein, da habe ich weder Zeit noch Lust dazu. Dann hat mich ein Redakteur geködert, indem er mir im Rahmen einer Konferenz mit den anderen Autoren das Vorgängerbuch aus dem Jahr 1999 vorlegte. Darin hat mich einiges nicht überzeugt, das wollte ich besser machen und habe letztlich doch zugesagt.
Wer ist die Zielgruppe der Stiftung Warentest mit dem Buch „Unser Bauherrenhandbuch“? Wie ist die Auflage?
Also das Buch verkauft sich extrem gut. Die Zielgruppe sind vor allem Leute, die sich mit dem Gedanken tragen, ein Einfamilienhaus zu bauen.
Gibt es von Seiten der Stiftung über das Jahr Hinweise, welche Themen Sie damit einbeziehen sollen? Gibt es Vorgaben, die Sie zu beachten haben?
Es gibt keine Vorgaben, aber es gibt Anregungen. Der unser Buch betreuende Redakteur hat jetzt für die 6. Auflage zum Beispiel eine kleine Themenliste geschrieben, von denen er meint, dass ich die aufbohren könnte.
Woher beziehen Sie Ihre Kenntnisse? Woher haben Sie diese Kompetenz, dass Sie darüber so stilsicher schreiben können?
Drei Quellen: Die erste Quelle ist mein eigenes Studium, bei dem ich den Schwerpunkt auf Gebäudekunde und dort wiederum auf Wohnungsbau gelegt habe. Zweitens habe ich in der Praxis auch viel zum Thema Wohnungsbau gemacht, sowohl in angestellter Tätigkeit als auch seither im freien Beruf. Unser Büro baut nicht quantitativ viel, aber doch besonderen Wohnungsbau auch für Bauherrengemeinschaften und andere innovative Trägerformen. Und drittens habe ich insgesamt acht Jahre lang an der Universität Stuttgart im Fach Wohnungsbau gelehrt. Fünf Jahre auf einer halben Planstelle am Institut Wohnen und Entwerfen und dann weitere sechs oder sieben Semester als Lehrbeauftragter.
Es ist das eine, dass man Studenten schult oder dass man mit Kollegen spricht. Hier ist eine Sprache gewählt worden, die sehr vorbildlich ist, sehr einfach, sehr verständlich, wenn man den Bauherrn anspricht, der keine großen Grundkenntnisse hat. Wie schwer fällt dieser Transfer von Fachsprache ins „Normaldeutsch“? Wie schwer fallen die Reduzierung auf das Wesentliche und damit das Weglassen von Sachen, bei denen Sie sich selbst vielleicht sagen: Das müssten die doch auch wissen wollen!
Zur ersten Frage: der Stil fällt mir deswegen leicht, weil man ja im Alltag auch mit realen, oft wenig erfahrenen Bauherren zu tun hat, denen kann man ja auch nicht gleich mit extravaganter Fachsprache kommen. Das Kürzen und Weglassen von Dingen, die man sonst gerne drin gehabt hätte, war auch kein arg großes Problem, weil ich ja viele Druckseiten hatte. Ich konnte eigentlich schon ziemlich alles unterbringen, was ich drin haben wollte. Ich musste am Ende dann doch noch ein bisschen kürzen. Da habe ich nur textliche, aber keine inhaltlichen Kürzungen gemacht. Aber dabei ist nichts rausgefallen, was ich fachlich gerne drin gehabt hätte.
Ist es für Ihren Berufstand schön, wenn die Bauherrschaft mit so einem „dicken Schinken“ mit so viel Wissen in das Bauvorhaben geht? Oder ist es vielmehr so, dass da eine Erwartungshaltung entsteht, die man kaum erfüllen kann, weil das das Idealbild in der Theorie darstellt?
Als Architekt fände ich es gut, wenn die Bauherrschaft zu dem Zeitpunkt, wenn sie zu uns kommt, schon einiges davon gelesen hätte. Haben sie aber gar nicht. Die meisten haben das Buch auf dem Tisch liegen und lesen darin dann sozusagen parallel zur Arbeit. Dass daraus zusätzlicher Druck entsteht, das ist mir noch nie passiert – eher im Gegenteil, dass die Gesprächsführung leichter fällt.
Also ein gut informierter Bauherr ist kein schwieriger Bauherr?
Nein, ganz im Gegenteil. Was sich oft als viel anstrengender erweist, sind Gruppen von Bauherren, zum Beispiel Bauherrengemeinschaften. Da sitzen dann oft einzelne Leute und sagen: im Internet habe ich aber dieses und jenes gelesen – und dann muss man denen ausführlich erklären, dass und warum das, was sie im Internet gelesen haben, auf diese spezielle Frage, die sich gerade stellt, überhaupt nicht anwendbar ist. Das ist mir im Zusammenhang mit dem Buch noch nie passiert. Das dürfte damit zusammenhängen, dass der Inhalt des Buchs halt durch die Autoren vorausgewählt und anwendbar dargelegt ist.
Mir ist in dem Buch - das ist dann allerdings ein Abschnitt, den Sie selbst nicht geschrieben haben - eine sehr kritische Betrachtung des Generalübernehmers aufgefallen und eigentlich eine sehr wohlwollende und positive Betrachtung des Einzelarchitekten. Ist das aus Ihrer Sicht auch auf langjähriger Erfahrung beruhend? Teilen Sie diese Auffassung?
Ich war zu einigen Themen gespannt, ob irgendwelche Lobbyorganisationen die Stiftung (und damit uns als Autoren) angreifen. Hat aber nicht stattgefunden. Dass ich es grundsätzlich gut finde, wenn Einfamilienhäuser von Architekten spezifisch für Bauherren entworfen werden, das wird Sie sicher nicht überraschen.
Wann haben Sie an der ersten Auflage mitgearbeitet? In welchem Jahr war das?
Das war 2012. Das Buch ist gerade rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2012 erschienen, die Arbeit begann etwa ein Jahr davor und die finale Korrektur lief über den Sommer.
Wenn Sie sich vorstellen, im Jahre 2030 gegebenenfalls die 10. Auflage zu schreiben, welche Punkte, meinen Sie, müssten dort erwähnt werden, die jetzt noch nicht aufgeführt sind, oder die jetzt vielleicht unterrepräsentiert sind?
Wir versuchen ja schon seit 2012 in diese Richtung zu arbeiten. Insofern als wir beispielsweise Flexibilität von Grundrissen für sich verändernde Haushaltsformen anregen – Stichwort Familie, Familienzyklen: Was machen wir mit der überzähligen Fläche, wenn die Kinder nicht mehr bei uns wohnen? Aber eben auch die ungeplanten Veränderungen in Familien wie Trennungen, Patchwork-Konstellationen usw., dazu haben wir jetzt schon die eine oder andere Empfehlung drin.
Es gibt viele Leute, die sich ein Haus sehr gezielt für ihre eigene Nutzung maßschneidern lassen und dann feststellen müssen, dass es an Änderungen der Nutzung nicht gut angepasst werden kann. Oder sie wollen oder müssen irgendwann das Haus verkaufen oder vermieten – und sind dann ganz verwundert, wenn sich nur schwer ein Käufer oder Mieter findet, weil das Haus zu individuell geraten ist. Ich sage: Individualität ist grundsätzlich zwar positiv, aber man sollte immer darauf achten, dass man sich nicht allzu sehr seinem individuellen Geschmack hingibt, insbesondere bei der Auswahl von Materialien, Oberflächen und fest eingebauter Ausstattung. Ich denke, dass sich diese Einsicht noch ein bisschen breiter durchsetzen muss. Im Mietwohnungsbau ist es ja schon lange üblich, dass man versucht, die Grundrisse flexibel zu entwerfen und die Wohnungen möglichst neutral zu gestalten. Wer hat sich nicht schon eine Wohnung angeschaut und sich gedacht, die Wohnung ist eigentlich ganz schön, aber diese hässlich braunen geblümten Fliesen aus den 80er Jahren, die gehen ja gar nicht!
Barrierefreiheit ist schon jetzt wichtig und wird eher noch wichtiger werden. Die Relevanz energetischer und haustechnischer Fragen – für die ich ja nicht zuständig bin in diesem Buch – auf das Wohnen wird sicher steigen. Und auch die Herausforderungen des Lebens vieler Menschen auf kleinem Raum, sprich: das Thema Umgang mit Dichte im Wohnen wird in zehn Jahren sicher eine noch größere Rolle spielen als heute, auch und gerade bei einer Publikation über individuelle Häuser.