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Wie lässt sich der Blick für die Gestaltung der gebauten Umwelt bei Kindern und Jugendlichen öffnen? Hierfür Anregungen zu geben, gehört zu den Grundanliegen der Netzwerkveranstaltungen "Architektur macht Schule". Bei deren 13. Neuauflage Mitte Oktober standen Demokratie und Beteiligung im Fokus - ein Themenfeld, das sich bestens für den Bildungsbereich eignet.
Gabriele Renz, Politikwissenschaftlerin und seit 2020 Pressesprecherin bei der AKBW, nahm das Publikum zunächst auf eine kleine Reise nach Griechenland. In der Wiege der Demokratie (griechisch: "Herrschaft des Volkes") wurden die Versammlungen auf dem Marktplatz der Polis abgehalten. "Der öffentliche Raum muss demnach als der originäre, der klassische Ort der Demokratie angesehen werden", so Renz bei der Einführung. Dort wurden Grundrechte wie Demonstrations- und Meinungsfreiheit ausgeübt, Offenheit und Gleichberechtigung gewahrt.
Doch wie sieht es bei den Gebäuden aus? Oft werde von ihnen einfach behauptet, sie seien demokratisch, weil sie für politische Institutionen, etwa Parlament oder Gerichte, errichtet wurden. In ihrem Impulsvortrag beleuchtete Dr. Elisabeth Hartung das Thema "Demokratie und Raum(erleben)". Der Münchner Kunstwissenschaftlerin und Hochschuldozentin im Fachbereich Design ist es ein wichtiges Anliegen, junge Leute für neue Aufgaben innerhalb unserer Gesellschaft zu qualifizieren. Sie fordert: "Neue Räume braucht das Land!" Ihre Bilderreise führte vom Salon des 18. Jahrhunderts, in dem sich Bürgerliche - jenseits von adligem Repräsentationsgebaren - zum freien Meinungsaustausch trafen, über ein altes Gasthaus, als Ort des gleichberechtigten Beisammenseins, bis hin zum Behnisch-Olympiadorf, das demnächst sein 50-jähriges Bestehen feiert und gemeinhin als Symbol für demokratisches Bauen steht.
Der Wille der Bürgerinnen und Bürger, sich Räume zurückzuholen, habe zugenommen. Als Beispiel nannte sie etwa die Interimsnutzung des Österreichischen Platzes in Stuttgart, wo auf Initiative des Vereins Stadtlücken e.V. die Bevölkerung ganz eigene Formen der Gemeinschaft entwickelt hat. Ein immens wichtiger Faktor ist laut Hartung, dass sich positive Empfindungen auf der Ebene der Sinne und Gefühle niederschlagen. Ihr Resümee: "Die neuen Räume ermöglichen die lustvolle Erfahrung von Demokratie und sind Orte, an denen die Prinzipien Vielfalt, Teilhabe und Mitgestaltung erfahren und erlebt werden können."
Wie demokratisches Aushandeln und Bauen konkret aussehen können, dazu gab es ein kleines Planspiel mit einer Gruppe der im Stuttgarter Haus der Architekten Anwesenden - von den digital zugeschalteten Teilnehmenden kamen derweil Beiträge per Chat. Diesmal ging die imaginierte Reise auf einen Berg, AKBW-Landesvorstand Ulrich Schwille entwarf das Szenario: Überrascht von einem aufziehenden Schneesturm müssen fünf zufällig zusammengewürfelte Personen in einer Schutzhütte, von der nur die Außenwände stehen, eilig eine Unterkunft für mehrere Tage zimmern. Der kurzen Beratung, welche Funktionen zu erfüllen sind und welchen Ansprüchen der Raum zu genügen hat, folgte das konkrete Bauen mit schwarzen Kuben. Dies alles in engem Zeitkorsett. Ulrich Schwille hielt dazu fest: "Ein demokratischer Prozess allein schafft noch keinen demokratischen Raum." Wie auch Rückmeldungen der Teilnehmenden bestätigten, stieß das gemeinsame Experiment Denkprozesse an, ging es doch darum, Impulse zu geben für ähnliche Aufgabenstellungen mit Kindern oder Jugendlichen.
Die besten Ergebnisse erzielt man bei Vermittlungsprojekten, wenn sie den jungen Menschen Spaß machen, weiß Päivi Kataikko-Grigoleit. Die Vorstandsvorsitzende von Jugend - Architektur - Stadt e.V. ist schon seit 16 Jahren mit ihrem Essener Verein tätig. Mit rund 50 Mitgliedern blickt dieser auf stattliche 700 Projekt mit ca. 10.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in fast 20 Ländern zurück. Das Grundanliegen sei die baukulturelle Bildung: die Anregung junger Menschen, "Architektur, Design, Stadt und Landschaft - die gestaltete Lebensumwelt - mit allen Sinnen wahrzunehmen, neu zu entdecken und mitzugestalten." Beteiligungsverfahren seien dafür ein gutes Vehikel, würden sie doch oftmals von der Gemeinde finanziell unterstützt. Wie unterschiedlich die Wahrnehmung sein kann, zeigte Kataikko-Grigoleit an einem eindrücklichen Beispiel: die Zeichnungen von zwei Mädchen, die miteinander einen Schulweg zurückgelegt haben und dazu ihre Eindrücke zu Papier gebracht haben. Bei der einen finden sich rechts und links des Wegs bunte Häuser und Pflanzen, bei der anderen schwarz-weiß gemalte Autos.
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Wie entscheidend die jeweilige Perspektive ist, darauf verwies auch Wolfgang Himmel, (Bürger)Beteiligungsbegleiter aus Konstanz. Er sagt: "Fürs Gelingen von Beteiligung in der Planung ist es wichtig, sich in den jeweils anderen versetzen zu können." Als Best Practice-Beispiel schilderte er den Prozess im Vorfeld des Neubaus der Eichendorffschule Gottmadingen. Gestartet mit der Absicht, das Gebäude vom Rohbau aus neu zu konzipieren, fanden mehrstufigen Beteiligungsrunden mit Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft, dem Gemeinderat sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern, mit Besichtigungsfahrten und Werkstattveranstaltungen statt. Am Ende wurde neu gebaut, allerdings entlang des konkreten Bedarfs und pädagogischen Konzepts. Durch die Partizipation steigerte sich die Verbundenheit mit dem Geplanten, so Himmel. "Wer sich an einem Ort heimisch fühlt, geht pfleglich damit um." Auch für die Architekten, die sich in einer Mehrfachbeauftragung um die Planung bewarben, stellten die Ergebnisse der Beteiligung einen Gewinn dar: "Sie fanden es toll, dass schon so viel geklärt war", berichtete Himmel. Eine klassische win-win-Situation.