Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Roland Halbe
Martha-Schmidtmann-Straße 1670374 Stuttgart
Mitarbeiter: Kai Stumm, Klemenz HarzerPlanung: 2004-2006Bauzeit: 2005-2007BGF: 9.000 qmBRI: 30.500 cbmBaukosten: 14 Mio Euro
Städtebau
Die Idee des Entwurfs ist es, an einem Schnittpunkt städtebaulicher Strukturen diese durch einen Solitär zu verschmelzen. Die Ausrichtung und der Maßstab des Krankenhauses, der zeilenförmigen Wohnbebauung und der nach Norden fallenden Landschaft werden in einem skulpturalen Baukörper zusammengeführt. Der Solitär belässt auf dem Grundstück den Freiraum zugunsten der fließenden, parkartigen Landschaftssituation. Die Einzigartigkeit des Grundstücks mit der perspektivischen Weite auf die Silhouette von Bad Cannstatt bleibt erhalten.
Landschaft
Ein offener Park umgibt den Neubau mit seinen begrünten Atrien, Höfen und Patios. Die Wegespindel führt zum Gebäude und durch den Park. Die Gestaltung der Zugangshöfe nimmt thematischen Bezug zu den Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst als Synonyme der Generationen im Haus. Ein Bündel Kornelkirschen am Hauptzugang bildet den Auftakt, der kühle Schatten eines Trompetenbaumes lädt zum Aufenthalt im Außenbereich der Cafeteria, die Früchte und Blätter der Glesitschie im Innenhof runden die jahreszeitliche Folge ab.
Äußere Erschließung
Die Erschließung erfolgt von der Martha-Schmidtmann-Straße. Eine kurze Vorfahrt sowie ein großzügiger Vorbereich bilden den Auftakt zum Gebäude. Die Anlieferung und Parkierung erfolgt von Norden anlog zu der Anlieferung des Krankenhauses. Die wichtige Wegeverbindung des Schulwegs für die Kinder des südlichen Wohngebiets wird analog zum bestehenden Weg in ausreichendem, geschütztem Abstand zwischen Anna-Haag-Haus und Krankenhaus geführt.
Innere Erschließung
Der Marktplatz bildet das zentrale Erschließungselement. Hier werden die wesentlichen Wegebeziehung im Gebäude zusammengeführt. Die Bildungsstätte erhält einen zusätzlichen Erschließungsbereich am Nordeingang und ist bei Bedarf getrennt vom Haus zu nutzen. Der Kindergarten wird über den Marktplatz erschlossen. Es ist wünschenswert, dass wartende oder abholende Eltern die kommunikativen Angebote des Marktplatzes nutzen. Besucher erreichen die Altenpflegeeinrichtung über die Informationsstelle der Verwaltung und die offene Treppenanlage im Marktplatz. Cafeteria, Friseur, ein Therapieraum und ein Kreativraum lassen den Marktplatz zu einer lebendigen Mitte werden. Die Auszubildenden der Bildungsstätte erreichen die Ausbildungsangebote im Erdgeschoss direkt über den Marktplatz und den Innenhof. Die Unterrichtsräume des 1. OG und der Pflegegeschosse der Altenpflegeeinrichtung können über die vertikalen Erschließungen mit öffentlichem Charakter erreicht werden. Zusätzlich zu den offenen Treppenanlagen werden notwendige Treppenhäuser nach LBO angeboten.
Maßstab
Der Solitär im Park zeichnet sich in städtebaulichem Umfeld zum Einen als eine Einheit ab, zum Anderen ist das Gebäude durch seine strukturelle, skulpturale Differenzierung so gestaltet, dass das Spannungsverhältnis zwischen der großen Einheit und Individualisierung der Einzelnutzung deutlich wird.
Der Weg durchs Gebäude lässt den Besucher oder Benutzer wechselnde räumliche Maßstäbe erleben. Diese Maßstäbe umreißen das Themenfeld zwischen Makro- und Mikrostruktur. So werden die Atrien, Höfe und Marktplatz/-halle in ihren räumlichen Proportionen als überschaubare Platzelemente wahrgenommen. In diesem Platzräumen kann eine kommunikative Atmosphäre entstehen. Die Patios, Dachgärten und Freiräume in den oberen Geschossen der Bildungsstätte und der Altenpflegeeinrichtung werden als private Kommunikationsräume für kleinere Menschengruppen verstanden.
Die räumliche Einheit des Zimmers und des Unterrichtsraums bezieht sich auf sich selbst und hat wiederum direkten Kontakt zu den Freiräumen der Kleingruppe. So kann jeder Benutzer des Gebäudes ständig über die Wahl des Aufenthaltsorts sein Kommunikationsbedürfnis ausdrücken und selbstständig sein Lebensumfeld regeln. Die Altenpflege wird von dem gerontopsychiatrischen Spannungsfeld Mobilität - Immobilität geprägt. Die Altenpflegeeinrichtung im 1. und 2. OG ist so aufgebaut, dass Wohngruppen entstehen, die demenzkranken Menschen die Möglichkeit geben, sich in geschlossenen Systemen zu bewegen, ohne dabei gesicherte Bereiche zu verlassen. Diese Systeme sind so angeordnet, dass unterschiedliche Einblicke Wahrnehmungen zu Licht, Farbe, Landschaft, Jahreszeit fördern.
Alte Menschen, deren Situation durch Immobilität bei geistiger Aufmerksamkeit geprägt ist, können über die Hofräume und den Marktplatz ständig an den Tätigkeiten, Bewegungen und Kommunikation der anderen Nutzer teilnehmen. Weder vom Einzelzimmer noch von den Gruppenräumen aus kann das Gefühl einer Abgeschlossenheit oder eines Ausschlusses aus der sozialen Gemeinschaft des Anna-Haag-Hauses entstehen. Generationen werden im Entwurf des Anna-Haag-Hauses an vielen Stellen zusammengeführt. Im Erdgeschoss treffen sich am Marktplatz an den Eingangshöfen und in den Freiräumen die Nutzergruppen. Das Treffen ist nicht zwanghaft, sondern es werden fein abgestimmte räumliche Angebote zwischen Öffentlichkeit und Privatheit geschaffen. So können beispielsweise die kreativen Sonderbereiche des Kindergartens und der Bildungsstätte mit dem Leben der alten Menschen zusammengeführt werden. Die vertikale Durchdringung des Gebäudes mit Licht und Raum fördert vielfältige Blickbeziehungen zwischen allen Geschossen und allen Nutzungsbereichen. Auf den Geschossen selbst entstehen ebenfalls enge Verflechtungen; beispielsweise können direkte Beziehungen zwischen den Unterrichtsräumen der Bildungsstätte und der Altenpflegeeinrichtung hergestellt werden. Theorie wird durch Nachbarschaft ersetzt.
Organisation
Das strukturalistische Konzept geht von einer Durchmischung der Funktionsbereiche zugunsten ihrer Wertigkeit aus. Dennoch bleiben die Funktionsbereiche in sich abgeschlossenen Einheiten. Im Erdgeschoss sind Nutzungen öffentlichen Charakters angeordnet. Marktplatz, Gastronomie, Küche und Lehrküche, Wäscherei und Schulwäscherei, Kindergarten und Verwaltung stehen in wechselseitigen Beziehungen. Im 1. OG sind Altenpflege und Bildungseinrichtung bei möglicher Trennung gleichrangig miteinander vernetzt. Im 2. OG sind ausschließlich Altenpflegeplätze angeordnet. Im UG befinden sich Technikflächen.Besonders hervorzuheben ist die Organisation der Altenpflege. Ausgehend von den zentralen Funktionen wie Dienstzimmer und Wohnbereiche entwickeln sich in kurzen, übersichtlichen Wegen ein bis zwei abgeschlossene gerontopsychiatrische Einheiten und Nachbarschaften. Die Grenze zwischen den gerontopsychiatrischen Bereichen und den Nachbarschaften ist verschiebbar. Die bauliche Struktur kann ständig an die Bedürfnisse angepasst werden.Die Umkleiden des Schulungsbereiches sind so angeordnet, das sie einen Filter zwischen Schulungsräumen und dem Küchenbetrieb bilden. So wird sowohl den Anforderungen der Hygiene als auch den Bedürfnissen des Schulungsbetriebes Rechnung getragen.
Architektur
Der Solitär des Anna-Haag-Haus wird durch eine klar strukturierte Gebäudeorganisation in der Vielfältigkeit einer inneren Beziehung durchwoben. Maßstabssprünge von der Makrostruktur zum Mikrobereich stehen im positiven Spannungsverhältnis. Mobilität und Immobilität, Anregung durch vielfältige Sichtkontakte, die Verknüpfung von Innen- und Außenraum, von Mensch und Natur machen aus dem strukturalistischen Konzept einen lebendigen Organismus. Der Entwurf für das Anna-Haag-Haus ist eine individuelle Antwort auf eine individuelle Fragestellung.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.