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Foto: Brigida Gonzalez
Hemigkofener Straße 1188079 Kressbronn am Bodensee
Dem baulichen Erbe mit Rücksicht und Respekt zu begegnen, dabei den Charakter des alten Stadels im Zentrum von Kressbronn zu erhalten und ihn mit möglichst wenigen, wohldurchdachten Eingriffen in ein modernes, offenes Haus zu transformieren, waren die Leitgedanken für diesen Entwurf. Der Umbau des früher landwirtschaftlich genutzten Stadels sollte den Charakter des Hauses bewahren, das weitauskragende, schützende Dach erhalten und auch die traditionelle Gliederung in ein massives Erdgeschoss und ein darüberliegendes Tennengeschoss übernehmen.Über dem neuen Sockel ersetzt nun eine filigrane Holzkonstruktion die alte Fassade, reagiert sensibel auf den Bestand und verändert diesen behutsam. Ausgehend von der baugeschichtlichen Bedeutung des Stadels und der emotionalen Bindung der Menschen, wurde das Haus mit wenigen architektonischen Mitteln in der heutigen Zeit verortet, ohne seine Geschichte zu verdrängen. Durch die Aufrechterhaltung der vorhandenen städtebaulichen Struktur, ohne äußeren Anbau und ohne Veränderung des prägnanten, weit auskragenden Satteldaches wurde die erhaltenswert historische Bausubstanz gestärkt.
An seinem städtebaulich prominenten Standort, in räumlicher Nähe zum Rathaus und zur Festhalle, ist durch die neue öffentliche Nutzung des Stadels als Bücherei und Bürgertreff eine wichtige Wegeverbindung entstanden, die nun drei Solitäre miteinander in Beziehung setzt. Ein einladender Vorplatz und eine breite Terrasse im Garten stärken den öffentlichen Charakter des Stadels und laden zum Verweilen ein. Der historische, eher introvertiert wirkende Speicher ist zu einem offenen Haus geworden, das das vertraute Bild mit dem massiven Sockel und großen, offenen Holzdachstuhl zwar konserviert, gleichzeitig aber durch die verwendeten Materialien und die großen Öffnungen im Erdgeschoss eine eindeutig moderne Sprache spricht.
Dazu wurde der Stadel mit einfachen, präzise gesetzten Eingriffen umgestaltet: Sein steinerner, homogen ausgeführter Sockel bewahrt den Eindruck des Massiven und wurde in Dämmbeton mit tiefen, großzügig gesetzten Laibungen ausgeführt. Durch diese neuen Öffnungen gelangt nicht nur deutlich mehr Tageslicht in den Innenraum, vielmehr kann das gesamte Interieur vollkommen neu erlebt werden – Innen und Außen öffnen sich im Erdgeschoss über die großen Verglasungen zueinander. Der Kern schält sich aus dem Betonsockel heraus, verbindet im Innenraum die zwei oberen Geschosse und bewirkt durch seine offene Galerie ein spürbar anderes Raumerlebnis. Dennoch bleibt das vertraute, weit über die Fassade hinauskragende Satteldach mit seinem historischen Holzdachstuhl weiterhin präsent im Raum – und kann jetzt von vielen Perspektiven aus wahrgenommen werden.
Mit einem nach oben offenen Foyer empfängt das Haus seine Besucher und unterstützt die Kommunikation und Begegnung. Als teilbarer Mehrzweckraum, Ausstellungsfläche und 24-Stunden-Bibliothek kann das Erdgeschoss vielseitig bespielt werden. In der darüber liegenden Bücherei mit der Medien- und Zeitschriftengalerie und den Leseplätzen sind überraschend offene Blicke durch das gesamte Gebäude möglich. Gerade hier treten das Alte und das Neue in einen spannungsreichen Dialog. Nicht nur von außen, besonders auch von innen wird die Balance aus Geschichte und Gegenwart zur besonderen Qualität des Hauses.
Um den innenräumlichen Charakter des schützenden Daches zu erhalten, wurde der alte Dachstuhl sorgsam restauriert und – wo erforderlich - durch neue Holzteile ersetzt. Im Tennengeschoss ist zunächst der historische Stadel mit seiner ortstypischen Stülpschalung die wichtige Referenz. Für das gewünschte diffuse Licht in der dortigen Bücherei wurde jedoch die alte Fassade subtil transformiert und die Holzschalung in Vertikalachse unterschiedlich gedreht. So entstanden schlanke Holzlamellen, die durch ihre Drehung das gewünschte Tageslicht filtern und nach innen dringen lassen - und dem Haus mit ihrer eleganten Struktur ein erstaunlich modernes Äußeres verleihen.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.