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Foto: Martin Maier
Toren 1/188709 Meersburg
EntwurfskonzeptDer neue Standort der Firma Holzbau Schmäh in Meersburg besteht neben einer Fertigungshalle mit ca. 1.400 qm aus einem sechsgeschossiges Gebäude mit Planungsbüros und Wohnungen für 10 Mitarbeiter. Das Ensemble ist eine Komposition zweier komplementärer Baukörper. Dem großen, langgestreckten Volumen der Fertigungshalle ist ein schlankes, hohes Volumen des Büro- und Wohngebäudes gegenübergestellt, die einen gemeinsamen Hof bilden. Ein niedriger Verbindungsbau, der mehr einer Terrassierung des Geländes gleicht als einem eigenständigen Gebäude, ermöglicht es, die Zugänge zum Büro und die Anlieferungsbereiche der Halle auf unterschiedlichen Niveaus zu organisieren und überdachte oder offene Vorbereiche unterschiedlichen Charakters zu gestalten.
Die Baumasse folgt dem Höhenverlauf des Hangs, so dass der Eingriff in die Topografie minimiert ist. Die Berücksichtigung und räumliche Nutzung des Geländeverlaufs ist ein entscheidender Entwurfsparameter. Dadurch werden beide Gebäude auf Vorder- und Rückseite (Süd-/Nordseite) jeweils auf unterschiedlichen Niveaus erschlossen. Die Fertigungshalle ist für Lastverkehr direkt von der Straße im Süden des Grundstücks anfahrbar. Eine Ebene darüber erfolgt die Beladung der Transporter über den Anlieferbereich des Hofes über ein Galeriegeschoss in der Halle, in das über den Hallenkran größere Werkstücke und Material gebracht werden können. Während man auf dieser Ebene auch von der Fertigung zum Bürogebäude gelangt, befindet sich der Haupteingang eine weitere Ebene höher auf dem Dach des Verbindungsbaus. Auf halber Höhe ist der Gemeinschaftsraum der Betriebsangehörigen angeordnet, der dadurch zum Zentrum des Gebäudeensembles wird. Von hier überblickt man aus erhöhter Position den Hof und die Fertigungshalle. Aus dem Bürobereich kann man von oben in den Gemeinschaftsraum mit seiner größeren Raumhöhe einsehen. In dieser Wichtigkeit und Zentralität spiegelt der Gemeinschaftsraum die Position, die die Mitarbeiter in der Firmenphilosophie der Fa. Schmäh einnehmen. Der Zugang zu den Wohnungen befindet sich an der Westseite des Gebäudes und nutzt wiederum das höhere Geländeniveau um eine private Eingangssituation in Ebene 3 des Büro-/Wohnbaus auszubilden.
AußenanlagenDie bestehenden alten Obstgehölze (Apfel/ Birne) sind erhalten. Eine Streuobstwiese mit alten Baumarten nach dem Vorbild der traditionellen Meersburger Kulturlandschaft und ein Kräutergarten nach Hildegard von Bingen wurde auf der unbebauten Grundstücksfläche angelegt. Ein kleiner Teich lässt das anfallende Regenwasser versickern, unterhalb dessen hat sich inzwischen ein Biber angesiedelt und den Hedelbach aufgestaut. Die Anpflanzung einheimischer Gewächse, das Anlegen traditioneller Trockenmauern aus Feldsteinen (Eidechsen) und Nistkästen verschiedener Geometrie und Positionierung (Vögel/Fledermäuse) bieten Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Ein Landschaftsweg inszeniert die Freianlagen und schafft Verbindungen zwischen den Gebäuden jenseits der funktionalen Abläufe.
SchallschutzUnmittelbar südlich des Gebäudeensembles verläuft die Bundesstraße B 31. Die Fertigungshalle schirmt durch ihre Positionierung das Wohn- und Bürogebäude gegen deren hohe Schallemissionen ab. Die Mitarbeiterwohnungen begegnen dieser Situation durch den Grundrissentwurf: Während die Individualräume nach Norden zur Lärm-abgewandten Seite orientiert sind, befindet sich der Gemeinschaftsraum der Lehrlings-WG im Süden und ist zur Bundesstraße, jedoch ebenso nach Süden und zur Aussicht auf Bodensee und Alpenkette orientiert.
BetriebswohnungenDie Bereitstellung von Betriebswohnungen ist ein zentraler Baustein, um neuen Mitarbeitern den Arbeitsbeginn zu erleichtern oder langfristigen Mitarbeitern ein spezielles Angebot zu machen – gerade in einem Umfeld mit angespanntem Wohnungsmarkt. Neben zwei herkömmlichen Zweizimmerwohnungen werden zwei Wohngemeinschaften für je vier Auszubildende angeboten, die über ein eigenes Zimmer mit Bad verfügen und sich einen Gemeinschaftsbereich teilen. Neue und kurzzeitig Mitarbeitende (FSJ Denkmalpflege oder wandernde Gesell:innen) können durch das Zusammenleben in der Wohngemeinschaft schnell sozial integriert werden. Die Betriebswohnungen sorgen außerdem dafür, das Gelände auch außerhalb der Arbeitszeiten zu beleben und die vorhandene Infrastruktur zu jeder Tages- und Wochenzeit zu nutzen und den Berufsverkehr zu reduzieren. Der klassischen räumlichen Trennung von Wohnen und Arbeiten wird somit ein integriertes Konzept gegenübergestellt, das zur Identifikation, Aneignung und Partizipation anregt.
NutzungsneutralitätDie Architekturqualität (stützenfreier Innenraum, Tageslichtversorgung, Ausblicke, Oberflächenqualität) der Fertigungshalle ermöglicht eine Vielzahl von Nachnutzungen. Das ist ein wesentlicher Teil der Strategie für Nachhaltigkeit und Wertsteigerung. Das sechsgeschossige Wohn- und Bürogebäude ist als nutzungsneutrale Skelettstruktur geplant, die ebenso Büroflächen wie Wohnungen aufnehmen kann und so an die Nutzungsanforderungen der Zukunft adaptierbar ist. Die Möglichkeit, das Gebäude von verschiedenen Niveaus zu erschließen, vereinfacht die Teilung in unterschiedliche Nutzungen.
Material und KonstruktionDie Konstruktion beider Gebäude besteht weitgehend aus biogenen und natürlichen Baumaterialien. Die Verwendung von Stahlbeton ist auf ein Minimum reduziert. Diese Strategie beginnt bereits auf städtebaulicher Ebene: Die Volumen beider Gebäude folgen dem Höhenverlauf des Hanges, so dass nicht nur die Erdbewegungen, sondern auch die Aufwendungen für Stützwände aus Stahlbeton minimiert sind. Die Fertigungshalle mit ihrer großen Grundfläche verzichtet vollständig auf eine Bodenplatte aus Stahlbeton. Stattdessen ist in der Zimmerei lediglich ein faserarmierter Estrich auf einer Drainageschicht aus Kies und Schaumglasschotter (Randbereich) verlegt. In der Schreinerei besteht der Bodenaufbau aus Fichtenbohlen, deren Unterkonstruktion auf einer Magerbetonschicht ohne Bewehrung auf der Drainageschicht verlegt ist.
Wo Bauteile aus Stahlbeton verwendet wurden, werden sie maximal ausgenutzt: Die Handstützwand an der Nordseite der Fertigungshalle nimmt durch die Geometrie der aussteifenden Zwischenwände nicht nur die Werkzeugnischen auf, sondern steift auch das Holzskelett des Hallentragwerks in Querrichtung aus, indem die tieferen Hauptstützen an der Stützwand befestigt werden und als eingespannte Stützen wirken. Das betonierte Treppenhaus des Büro-Wohnbaus ist so im Grundriss angeordnet, dass es nicht nur die Gebäudeaussteifung übernehmen kann, sondern auch sämtliche vertikale Raumabschlüsse zwischen Nutzungseinheiten, so dass die Wände der Holzkonstruktion kaum Anforderungen an Brand- und Schallschutz haben. Als Dämmung der Gebäudehülle und der Innenbauteile kommen biogene Dämmstoffe aus Holzfasern oder Zellulose zum Einsatz, sogar bei den Flachdächern. Lediglich die Trittschalldämmungen sind aus Mineralfasern.
Büro-/WohnbauDie Decken des Büro-Wohnbaus sind als Kastenelemente mit Rippen aus BSH und Beplankung aus Furnierschichtplatten konstruiert, so dass die relativ große Spannweiten mit punktuellen Auflagern des Skelettbaus äußerst ressourcensparend und geometrisch kompakt hergestellt werden konnten. Im Vergleich mit massiven Brettsperrholzdecken wird so nur etwa 50% des Holzes benötigt. Außerdem konnte die Fa. Schmäh somit die Decken selbst herstellen, was die Wertschöpfung im lokalen Betrieb deutlich erhöht. Wo Bauteilschichten mit hoher Masse oder nicht brennbare Schichten gebraucht werden, greift die Konstruktion auf eine ebenso ökologische wie traditionelle Methode zurück: Der Verwendung von Lehm aus der Baugrube, der als Masseschüttung in den Kastendecken oder als Lehmputz auf Lehmbauplatten verwendet wurde.
FertigungshalleDie Breite der Fertigungshalle von 25 Metern wird durch BSH-Träger im Achsabstand von 1,90 m überspannt, die auf BSH-Stützen aufliegen. In jeder zweiten Stützachse liegt die Kranbahn auf dem tiefen Stützenquerschnitt der Hauptstützen auf, die durch Einspannung in die betonierte Hangstützwand gleichzeitig die Queraussteifung der Halle übernehmen. Entlang der Südfassade sorgt ein wandartiger Träger aus Brettsperrholz dafür, dass große Fassadenöffnungen und Tore möglich sind. Die Fassade besteht aus Brettern mit Waldkante, die aus den Randabschnitten der Sekundärkonstruktion des Dachtragwerks bestehen. Damit kann der biogene Rohstoff Holz komplett stofflich genutzt. Alle Verbindungen sind mechanisch gefügt, so dass ein sortenreiner Rückbau und eine Wiederverwendung der Bauteile einfach möglich sind. Die Nordfassade der Halle ist mit gesägten Brettern verschalt, um das Gegenüber der beiden Gebäude zu reflektieren und um der Kleinteiligkeit der Fassadenflächen gerecht zu werden.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.