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Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Archigrafie Steffen Vogt
Zeitblomstraße 43/189073 Ulm
Mitarbeiter: Daniel Schrade, Silvia Bruch
Bauleitung: Rapp Architekten, Ulm
Raumprogramm:Pflegebereich, Kappelle, Gymnastikraum, Frisör, Cafeteria, Speisesaal, Wohn- und Essbereiche mit Teeküchen, 66 Zimmer, Sanierung des Bestandes (Speisesaal + Küche)
Bestandssituation vor Wettbewerb/Neubau
Das Pflegeheim St. Anna Stift besitzt eine Tradition von über 70 Jahren. Die überwiegende Zahl der Bewohner ist demenzkrank (ca. 60%, mit steigender Tendenz). Die Einrichtung mit ca. 150 Pflegeplätzen + 11 betreuten Wohnungen beschäftigt ca. 60 Mitarbeiter/Schicht. Das damalige Pflegeheim bestand aus 4 Gebäudekörpern mit unterschiedlichen Bauabschnitten/Baujahren (1956 - 2000). Um die Zukunft der Einrichtung sicher zu stellen musste die Gebäudestruktur verbessert und erneuert werden. Zur Realisierung der Maßnahme wurde 2007 ein Wettbewerb ausgelobt, wonach 2008 h4a-Architekten zur Umsetzung seines Wettbewerbsentwurfs beauftragt wurde. Gebäudeteile des Pflegeheims und benachbarte Gebäude wurden abgebrochen, um eine unmittelbare Verbindung von Neubau und Bestand herstellen zu können. Der verbleibende Teil des Pflegeheims wurde im Wesentlichen im EG (Küche/Speisesaal/Nebenräume) und UG (Technik) umgebaut und saniert. Durch die Umstrukturierung und den Abbruch von Bestandsgebäuden wurde ein Grundstück auf dem Areal frei, für das bereits im Wettbewerb ein Gebäude für betreutes Wohnen vorgesehen wurde. Das Siedlungswerk Stuttgart konnte als Bauherr/Bauträger für das betreute Wohnen gewonnen werden.
Städtebau
Das St. Anna Stift liegt am nördlichen Rand der Ulmer Innenstadt in einem von klarer Blockrandstruktur geprägten Gebiet. Der Baukörper greift dieses Prinzip auf und formuliert eindeutige städtebauliche Raumkanten. An der verkehrsberuhigten Zeitblomstraße weicht der Neubau des Pflegeheims zurück, wodurch vor dem Haupteingang ein angemessen proportionierter Vorplatz entsteht. Der zurückspringende verglaste Eingangsbereich formuliert eine offene und einladende Geste. Mit dem Café, das sich nach außen auf den Vorplatz orientiert, wird das Konzept „Seniorenzentrum als Begegnungsstätte“ gestärkt. Entlang der geschwungenen Fassade im Erdgeschoss entsteht eine spannende Raumfolge vom öffentlichen Vorbereich hin zum halböffentlichen Innenhof. Dieser steht den Bewohnern des Pflegeheims und des Betreuten Wohnens als Freibereich zur Verfügung. Die Gestaltung der Fassaden bildet die unterschiedlichen Nutzungen ab und schafft einen maßstäblichen Bezug zur Nachbarschaft. In ihrem Erscheinungsbild ordnet sich die Fassade des Neubaus in den Charakter des Quartiers ein; die als „Besenstrich“ ausgeführte Putzfassade und die maßvollen Öffnungen mit hervorgehobenen Einfassungen orientieren sich in ihrer Farbgebung und Maßstäblichkeit an der Umgebungsbebauung. Das im Wettbewerb vorgeschlagene zurückspringende Dachgeschoss konnte zunächst auf Wunsch des Bauherrn nicht realisiert werden. Auch ein alternativ vorgeschlagener Dachgarten, der die räumlichen Kanten des Dachgeschosses abgebildet hätte, konnte nicht umgesetzt werden.
Erschließung
Über den Vorplatz/Haupteingang gelangt man in das Foyer des Seniorenzentrums. Durch die Verglasung des Haupteingangs wird Sicht zum Innenhof hergestellt, wodurch die Orientierung erleichtert und der Bezug von Innen- zu Außenraum hergestellt wird. Dem Foyer direkt zugeordnet sind der Empfang, das Café als Treffpunkt und die Kapelle, die durch ihre zentrale Lage und expressive Form das „Herz“ der Einrichtung symbolisiert. Durch die zum Himmel gebogene Dachform der Kapelle wird die im Bestand vorgegebene niedrige Geschosshöhe ausgeglichen. Durch vorgestellte Mauer entsteht ein „Kreuzgang“ der die Sicht in die Kapelle verhindert und gleichzeitig eine optimale natürliche Belichtung herstellt. Ein am Innenhof liegender Wandelgang führt im Erdgeschoss zu den öffentlichen Nutzungen wie Therapieräume, Tagespflege und Speisesaal. Über drei Erschließungskerne gelangt man in die Pflegebereiche in den Obergeschossen. Der Baukörper des betreuten Wohnens wird über den gemeinsamen Innenhof separat erschlossen.
Pflegebereiche
In den drei Pflegegeschossen sind die Gemeinschaftsräume und Dienstzimmer jeweils in den Gebäudeecken angeordnet. Diese klare Grundrissstruktur und die vielfältigen Blickbeziehungen zum Außenraum unterstützen die Orientierung der Bewohner. Im winkelförmigen Neubau ist der großzügige Gemeinschaftsbereich mit Dienstzimmer von jeder Stelle des Wohnbereichs aus wahrnehmbar, was desorientierten Bewohnern das Gefühl von Sicherheit vermittelt.
Es werden räumlich differenzierte Aufenthaltsorte mit vielfältigen Qualitäten geschaffen: Der Bereich zur Zeitblom-/Keplerstraße wird von Süden und Osten besonnt und bietet anregende Ausblicke zur Stadt und zum Eingangsbereich des Seniorenzentrums. Einen intimeren Charakter hat die zum Innenhof orientierte Wohnküche, in der auch therapeutische Angebote in der Kleingruppe stattfinden können. Ergänzend zum großzügigen Wohn- und Essbereich befindet sich am westlichen Flurende ein weiterer Raum als Fernsehzimmer/Bibliothek oder Therapieraum. Die zentrale Lage des halboffenen Dienstzimmers ermöglicht kurze Wege und wichtige Sichtverbindungen zu Gemeinschaftsbereich, Flur, Aufzug und Ausgänge.
Betreutes Wohnen
Zur Stärkung der Identität des Standorts und in Erwartung vielfältiger Synergieeffekte wurden das Betreute Wohnen in einem separatem Baukörper vorgeschlagen, der eine direkte Verbindung zum Pflegeheim ermöglicht. Clubraum/Pflegedienst befinden sich kommunikationsfördernd im EG im Eingangsbereich und sind zum Innenhof orientiert.
Freianlagen
Mit dem Übergang vom öffentlichen Raum zu dem privat wirkendem Innenhof wird ein wichtiger interner Freiraum geschaffen, der gleichzeitig den Bezug zur Öffentlichkeit zulässt. Die unterschiedlichen Themenbereiche mit „Sinnesgarten“ überdachte Bereiche, Terrassen, Balkone und Sitzplätze bieten den Bewohnern wertvolle Aufenthaltsbereiche und dienen als kommunikatives und formal verbindendes Element zwischen Pflegeheim und Betreutem Wohnen. Neben den funktionalen Aspekten (Andienung, Feuerwehrzufahrt) ist der Innenhof vor allem auch Therapiebereich (Kräuterbeete gestalten, pflanzen und ernten / Gymnastik im Freien / Blütenfarben- und Duft, Wasser-Geräusch des bestehenden Wasserbeckens / Wind in Gräsern / Abzeichnung der Jahreszeiten etc.)
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.