Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Foto: Bernhard J. Widmann
St. Pöltener Straße 3989522 Heidenheim
StädtebauBeidseitig der St. Pöltener Straße sind bauliche Großformen angesiedelt. Das Baugrundstück schließt diese städtebauliche Situation und verlangte einen entsprechenden Übergang zu der kleinteiligeren Wohnbebauung im Norden. Die sich aus dem Architekturkonzept ergebende Großform Hülle („Alles unter einem Dach“) fügt sich auf der Süd- und auf der Westseite nahtlos in die bestehende Bebauung ein. Auf der Ostseite wird über eine großzügige Grünfläche in Form eines „Baumdaches“ ein vielfältig nutzbarer Freiraum zur Brenz hin geschaffen, der gleichzeitig Platzlösung und Übergang zur sich im Norden anschließenden Wohnbebauung schafft. Auf der Nordseite des Gebäudes ist aufgrund der Anlieferungszone und des Übergangs zur Wohnbebauung Begrünung vorgesehen. Auf diese Weise entsteht ein harmonischer Übergang von gebauter, transparenter Großform zur kleinteiligeren Körnung des sich anschließenden mehrgeschossigen Wohnungsbaus.
ArchitekturFür das neue Ausbildungszentrum der Firma Voith, in dem Berufsausbildung und Personalentwicklung untergebracht sind, wurde ein kompaktes, multifunktionales und transparentes Bauwerk konzipiert. Unter einer gläsernen Hülle, die von lediglich vier Stützen getragen wird, befindet sich „Alles unter einem Dach“. Das vielfältige Raumprogramm mit seinen unterschiedlichen Arbeitsbereichen wird dadurch in größtmöglicher Flexibilität realisierbar. Werkstätten im Erdgeschoss können unbeeinträchtigt von der Baukonstruktion optimal frei und flexibel im Raum angeordnet werden. Bauphysikalische Anforderungen werden durch konzentrierte Maßnahmen, wie z. B. Kapselung, separate Luftbehandlung etc. wirtschaftlich gelöst. Der über eine Nebenraumspange abgetrennte Kantinenbereich orientiert sich über großzügig angelegte Freiflächen mit Baumdach zur Brenz hin und bietet multifunktionale Nutzungsmöglichkeiten in jeder Hinsicht (z. B. für Veranstaltungen, Präsentationen etc.). Mit dieser Platzlösung wird gleichzeitig der Empfang zur St. Pöltener Straße hin gefasst. Schulungs- und Bürobereiche wurden in einer zweigeschossigen, ringförmigen Anordnung in den großen Luftraum direkt an der Dachkonstruktion abgehängt. Neben der flexiblen Unterteilbarkeit dieser Flächen ist ein stets vorhandener Einblick in sämtliche Werkstatt- und Ausbildungsbereiche im gesamten Gebäude gesichert, womit allen Auszubildenden und Schulungsteilnehmern das gesamte Ausbildungsspektrum vor Augen geführt wird, was zum Verständnis der Unternehmensphilosophie und zur Identifizierung mit dem Unternehmen beiträgt. Gleichzeitig wird über die Transparenz ein Schaufenstercharakter erzielt, der jederzeit Einblick und Information gewährt. Nicht zuletzt soll das architektonische und baukonstruktive Konzept die Innovationskraft und Kreativität des Unternehmens kommunizieren.
TragwerkUm größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten, wurde über einer durchgehenden Bodenplatte mit vier eingespannten Stützen ein gestapelter Dachrost aufgehängt, an dem wiederum über Zug- und Druckstäbe die gläserne Außenhaut befestigt ist. Dieses statische Konzept erfüllt vielfältige Anforderungen. Zunächst ist ein nahezu stützenloser und damit höchst flexibel nutzbarer Raum möglich, der wechselnden Nutzungsanforderungen jederzeit gerecht werden kann. Das Konzept eines über Zug- und Druckstäbe an vier Stützen aufgehängten Trägerrostes ermöglicht es, aufgrund von Vorspannung mit sehr hohen Anhängelasten am Dach arbeiten zu können – ähnlich einer Brückenkonstruktion. Die Zug- und Druckstäbe dienen ihrerseits wiederum als Fassadenunterkonstruktion, sodass dies automatisch zu einer Kostenoptimierung der Außenhaut führt. Die Montage des Rostes war auf der Bodenplatte vorgesehen, womit Einrüstungen für den Aufbau der Dachkonstruktion überflüssig waren. Nach kompletter Montage des Trägerrostes erfolgte ein hydraulischer Teilhub, sodass über Kopf sämtliche Montagen, die am Dach notwendig waren, ohne Gerüste erfolgen konnten.Abschließend wurde der Trägerrost auf seine endgültige Position angehoben, über die bereits erwähnten Zug- und Druckstäbe an der Bodenplatte befestigt und durch einen sogenannten Nachhub überhöht, um die gewünschte Vorspannung zu erhalten. Diese Überhöhung/Vorspannung stellt die gewünschten hohen Anhängelasten am Dachrost sicher. Die vier Stützen werden zudem für die Technische Gebäudeausrüstung genutzt: Unter anderem die lufttechnische Ver- und Entsorgung wird über diese Stützen geführt. Das Konstruktionsprinzip wird somit zur Gestaltungsform: Das Tragwerk vereint Konstruktion, Gebäudetechnik, Gestaltung/Architektursprache und ergibt, nicht zuletzt aufgrund von wirtschaftlichen und bauzeitlichen Vorteilen, ein innovatives und kreatives Gesamtkonzept.
Haustechnik / TGABauphysik/Wärmedämmung: Die Anforderungen an die einzelnen Gebäudebereiche des Ausbildungszentrums sind sehr unterschiedlich. Im Bereich Werkstatt/Ausbildung ist auf Grund hoher innerer Wärmelasten durch Maschinen und Geräte eine stark gedämmte Fassade nicht erforderlich; im Gegenteil, sie ist dort sogar eher negativ. Im Gegensatz dazu sind die Büroräume im Passivhausstandard ausgelegt. Die Anforderungen für die Seminarräume liegen hinsichtlich des Dämmstandards zwischen diesen beiden Extremen. Ziel des Energiekonzepts war, mit der gewählten Anlagenkonfiguration zumindest im wochentäglichen Betrieb des Ausbildungszentrums durch Wärmeverschiebung und Speicherung ohne zusätzlichen nichtregenerativen Heizwärmeverbrauch auszukommen.Wärmeerzeugung: Die Wärmeversorgung des Neubaus erfolgt über die bereits vorhandene Fernwärmeversorgung des Unternehmens. Der zusätzliche Einsatz einer Wärmepumpe mit Wärmequelle Grundwasser ist angedacht. Aufgrund des sehr niedrigen Energiebedarfs (Passivhausstandard), der teilweise hohen inneren Lasten und der vorgesehenen hocheffizienten Wärmerückgewinnungsanlagen sind Investitionen in alternative Wärmeerzeugungskonzepte allerdings wirtschaftlich nur sehr schwer darstellbar; sie sollten aber im Planungskonzept berücksichtigt werden.Beheizung: Die Beheizung, der Büro und Seminarräume erfolgt aufgrund der sehr niedrigen spezifischen Heizlasten überwiegend über eine thermische Bauteilaktivierung, die teilweise mit thermisch entkoppelten Randzonen zur Einzelraumregelung ausgerüstet werden. Die thermische Bauteilaktivierung bietet den zusätzlichen Nutzen, dass eine energetisch sehr günstige Wärmeverschiebung aus den thermisch hochbelasteten Seminarräumen in die Bürobereiche erfolgen kann. Die Werkstattbereiche werden über eine Industrie Fußbodenheizungsanlage (alternativ über Heizkörper an den Fassaden) mit Wärme versorgt.Be- und Entlüftung: Die in der Zieldefinition genannten Prämissen – insbesondere der niedrige Primärenergiebedarf – lassen sich nur durch den Einsatz mechanischer Be- und Entlüftungsanlagen mit hocheffizienter Wärmerückgewinnung erreichen. Eine weitere Optimierung des Energieeinsatzes ergibt sich dadurch, dass mit Hilfe von Luftqualitätsfühlern der Luftwechsel insbesondere für die Seminarräume auf das der Belegung entsprechende Maß reduziert wird. Die raumlufttechnischen Anlagen für die Bürobereiche werden nur auf den aus lufthygienischen Gründen erforderlichen Luftwechsel ausgelegt Es ist vorgesehen, dass einzelne Raumgruppen durch zu öffnende Fenster über weite Teile des Jahres auch natürlich belüftet werden können. Bei Fensterlüftung erfolgt über Fensterkontakte eine zonenweise Abschaltung der mechanischen Lüftung. Die Werkstatbereiche werden über die vier Tragstützen, die als Hohlkörper ausgeführt sind, natürlich entlüftet. Über einen im Lamellenkopf der Tragstütze eingebauten Axiallüfter ist eine Unterstützung der natürlichen Konvektion möglich. Die Nachströmung der Außenluft erfolgt über motorisch gesteuerte Klappen im mittleren Fassadenbereich. Über eine Wärmerückgewinnungsanlage, die als kreislaufverbundenes System ausgeführt ist, und eine geregelte Umluftbeimischung wird auch hier durch Nutzung der Maschinenabwärme der Energieverbrauch minimiert. In den Sommermonaten wird mit Hilfe von Nachtlüftung über die Tragstützen das Gebäude entwärmt.Kälteerzeugung: Das vorgesehene Kälteerzeugungskonzept ermöglicht es, auf elektrisch angetriebene Kältemaschinen und den damit verbundenen hohen Stromverbrauch gänzlich zu verzichten. Nur die RLT Anlagen für die Seminarräume und für ausgewählte Büroräume sind mit einer Kühlfunktion ausgestattet, wobei durch den Einsatz adiabater Kühlung bzw. sorptionsgestützter Kühlung und zusätzlicher Nachtlüftung der Einsatz elektrischer Energie zur Kälteerzeugung sehr stark reduziert wird, insbesondere auch im Hinblick auf eine zusätzlich mögliche direkte Kühlung mit Grundwasser, aus dem eigenem Brunnen.Trinkwasser/Abwasser: Die Trinkwasserversorgung erfolgt über die vorhandene Eigenwasserversorgung. Für die Trinkwassererwärmung ist eine thermische Solaranlage in Verbindung mit einer Frischwasserstation im Durchlaufprinzip vorgesehen. Es ist geplant, das Trinkwasser- und Abwasseraufkommen durch eine Regenwassernutzung für die WC-Anlagen zu reduzieren.Photovoltaik: Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach leistet einen weiteren Beitrag zur optimierten Gesamtenergiebilanz des Gebäudes.Tageslicht/Kunstlicht: Eine hohe Tageslichtautonomie der einzelnen Seminar- und Bürobereiche sichert in Verbindung mit einer energieeffizienten Leuchtenlösung mit tageslichtabhängiger Regelung und Steuerung den minimalen Primärenergieeinsatz auch in diesem Bereich.
BrandschutzkonzeptFür das geplante Ausbildungszentrum liegt in Baden-Württemberg keine Sonderbauvorschrift vor, es greifen jedoch im Wesentlichen die Regelungen der LBO, wonach Hilfsweise Berechnungen mit der Methode der Wärmebilanzrechnung (DIN 18230-1) unter Einbeziehung der brandschutztechnischen Infrastruktur (Sprinkleranlage, natürliche Rauchableitung, automatische Brandmeldung/Alarmierung) herangezogen werden können. Demnach können Abweichungen vom materiellen Baurecht (größere Brandabschnitte, geschossübergreifende Lufträume …) durch folgende Maßnahmen kompensiert werden:Selbsttätige Löschanlage (Sprinkleranlage, dient der Beherrschung von Entstehungsbränden, ermöglicht wirksame Löscharbeiten und verringert durch die Begrenzung des Brandgeschehens die Brandeinwirkung auf Bauteile und Gebäudeinhalte).Automatische Brandmeldeanlage mit Alarmierungseinrichtung – Rauchmelder erkennen den Entstehungsbrand früher als die Sprinkleranlage (Kaltrauchphase) – melden den Entstehungsbrand der Feuerwehr und alarmieren die Nutzer im Gebäude.Natürliche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (NRA) ermöglichen wirksame Löscharbeiten (Sichtbedingungen im Rauchabschnitt).Betriebliche Brandschutzorganisation (Brandschutzordnung, Alarmsignal veranlasst das Gebäude zügig und geordnet zu verlassen und den Sammelplatz aufzusuchen, Meldung an anrückende Feuerwehr, ob Gebäude geräumt oder wo und wie viele Personen sich noch im Gebäude befinden).
Tragwerksplanung:Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart
Energiekonzeption:Transsolar Energietechnik GmbH, Stuttgart
Haustechnik:T.P.I. Trippe und Partner, Leinfelden-Echterdingen
Brandschutz:Halfkann + Kirchner Sachverständigenpartnerschaft, Erkelenz
Bauphysik: Dr.Schäcke + Bayer GmbH, Waiblingen
Geologie:Prof.Dr.Ing. E.Vees und Partner Baugrundinstitut GmbH, Leinfelden-Echterdingen
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.