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"Unsere Tradition, zum Sommerlichen Empfang exponierte Politikerinnen und Politiker als Redner einzuladen, gründet in der Erkenntnis, dass Architektur und Politik wechselseitig verflochten sind", erklärte Markus Müller den – wie immer – sehr zahlreichen Gästen.
Gemeinsamkeit war auch das Stichwort für Innenminister Thomas Strobl. Der Gastredner sieht viel Verbindendes zwischen den Berufsständen von Architekten und Politikern – beides "Allroundtalente" – und bei deren zentralen Themen, darunter der Klimaschutz, Lösungen für den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, Digitalisierung sowie die Internationale Bauausstellung 2027 StadtRegion Stuttgart. Für ihn sei der Weg zu solchen Großereignissen ganz wichtig, betonte er und erinnerte sich an seine Erfahrungen mit der Bundesgartenschau Heilbronn: Schon der Entwicklungsprozess sei von unschätzbarem Wert gewesen, denn er haben den "Spirit der Menschen" entscheidend verändert. Ähnliches verspreche er sich auch von der IBA, die sich der zentralen Frage widme: Wie wohnen, leben, arbeiten wir in Zukunft in dieser digitalen und globalen Welt?
Als Minister für Digitalisierung war Strobl auch Adressat von Müllers Forderung, das Mobilfunknetz auszubauen: "Wir schlagen uns bis heute mit Funklöchern herum, weil damals statt einer vollständigen Flächenabdeckung die Gewinnmaximierung für den Bundeshaushalt im Vordergrund stand." Bei der Versorgung mit Glasfasern nehme die Bundesrepublik in Europa den vorletzten Platz ein. Doch könne die Digitalisierung im Bauwesen nur mit ausgebautem Netz funktionieren. "Wir brauchen schnelles mobiles Internet nicht nur an jeder Milchkanne, sondern auch auf jeder Baustelle", brachte es der Architekt und Stadtplaner auf den Punkt. Müller verwies auf die Vorreiterrolle, welche die Architektenkammer in Sachen Building Information Modeling (BIM) einnimmt, und wertete es als beachtlichen Erfolg, "dass nun die Bundesbauverwaltung unsere Fortbildungsakademien mit der Fort- und Weiterbildung der Bundesbeamten beauftragt hat."
Kritik meldete der Kammerpräsident am neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) an, bei dem ihm der Gedanke "einer – wie auch immer gearteten – CO2-Bepreisung" fehle. Gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft und der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen habe die Architektenschaft deshalb den Vorschlag einer Innovationsklausel mit der Option für eine CO2-Referenzierung in das GEG eingebracht. Ziel müsse sein, "ein einheitliches, konsistentes Nachweisverfahren für Neubau und Bestand gleichermaßen zu entwickeln, bei dem die sogenannte 'Graue Energie' im Bestand der Herstellenergie im Neubau gegenübergestellt wird." Die angestrebte CO2-Referenzierung schaffe Unabhängigkeit vom konkreten Gebäudebezug und mache die Berücksichtigung von Bestand und Quartierslösungen im Nachweisverfahren unkompliziert. Müller appellierte an Strobl, "den Übergang in eine technologieoffene Gebäude-Energiepolitik möglich zu machen" und sich im Bundesrat für die Innovationsklausel einzusetzen.
Eine Zahl, die für sich spricht: einen Zuwachs von 110.000 Menschen prognostiziere man für den Ballungsraum Stuttgart in den nächsten fünf Jahren, verriet Thomas Strobl. Sie alle bräuchten eine Wohnung. Er räumte ein, dass die aktuelle Bautätigkeit hinter dem errechneten Bedarf her hinke und dass es einer klaren Siedlungsstrukturpolitik bedarf. Zu den Ansätzen, die ihm in diesem Kontext wichtig seien, zählten die Flächeneffizienz und der Kampf gegen Investitionshemmnisse: "Wir brauchen Investoren." Keine Lösung sehe er in Mietpreisbremsen und Enteignung, hielt der CDU-Politiker fest. Und auch wenn die Novelle der LBO nicht der "Big Bang" sei, bedeute sie dennoch ein sinnvolles Mosaiksteinchen für den Wohnungsbau.
Markus Müller umriss, worin aus Sicht der Architektenkammer eine gute Wohnungsbau-Politik in Baden-Württemberg besteht. So müsse sich eine erfolgreiche Strategie "aus den schlichten Zahlen, dem Wandel der Gesellschaft und den Anforderungen einer zukunftsfähigen wirtschaftlichen Standortsicherung herleiten." Der Präsident sieht in den 250 Millionen Euro, die im Landeshaushalt pro Jahr bereitstehen, einen richtigen Schritt, der allerdings in der Realität des Planens und Bauens noch nicht so recht angekommen sei. Wegen der enormen Komplexität des Wohnungsbaus seien es eher die großen Städte und Gemeinden, die mit ihrem Planungs-Know-How beispielhafte Projekte umsetzten. Damit aber auch kleinere und nicht so wirtschaftsstarke Kommunen eine strategische Bodenpolitik betreiben könnten, habe die Architektenkammer Baden-Württemberg gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Offensive gestartet, zu der neue Förderlinien für Kommunen und Unternehmen sowie die Einrichtung eines Kompetenzzentrums zählen. Dessen Kern sei die Vernetzung, Beratung und Information.
Darüber hinaus verwies Müller auf die von seiner Kammer schon lange vorgeschlagene Wohn-Expo Baden-Württemberg: ein Format, das Energien in der Stadtentwicklung mobilisiere und bündele, die im normalen Geschäftsbetrieb nicht möglich sind. "Herr Strobl, Sie kennen es aus nächster Nähe: Mit einer gezielten und inhaltlich definierten Projektförderung entstehen exemplarische, innovative Lösungsansätze für Wohnbau-Projekte mit besonderen Qualitätsanforderungen", sprach er den Minister ganz direkt an.
Fotos: Felix Kästle