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Am 23. März 2023 veranstalteten die Architektenkammern Baden-Württemberg und Bayern in der ehemaligen Hochschule für Gestaltung, Ulm, ein Hearing zum Gebäudetyp E
„Was ist das Ziel?“ Philipp Leistner, Fraunhofer IBP Stuttgart, stellte die Kernfrage. Prof. Lydia Haack, die Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, formulierte ihre Antwort als klare Forderung: „Wir wollen einen Systemwechsel“. Das bedeute konkret, den Paragrafen abzuschaffen, der die anerkannten Regeln der Technik festschreibe. Für den Präsidenten der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller, ist das Ziel einer Einführung des Gebäudetyps E, „Spielräume, um Innovationen zu erzeugen“ zu erlangen. Professor Thomas Auer, der die Forschungshäuser in Bad Aibling wissenschaftlich begleitet, umriss die Anforderung: „Ein baurechtlich konformes Gebäude muss auch rechtlich gesehen mangelfrei sein.“ Sein Kollege Professor Florian Nagler bekräftigt: „Die Leute müssen so bauen dürfen.“ Und Fabian Blomeyer, Geschäftsführer Recht und Verwaltung bei der Bayerischen Architektenkammer, formulierte: „Ziel ist nicht, dass man einfach bauen darf, sondern in der Musterbauordnung das vereinfachte Bauen als Regel zu verankern.“
Die Rede war vom Gebäudetyp E, der seit geraumer Zeit Furore macht. Um die Umrisse dieses „Labels“ klarer zu zeichnen, kamen die beiden „Südkammern“ Baden-Württemberg und Bayern zu einem gemeinsamen Hearing zusammen. Der Ort der baupolitischen Konspiration war symbolträchtig gewählt: Die ehemalige, von Inge Aicher-Scholl, Otl Aicher, Max Bill 1956 gegründete Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm, wurde einst von der baden-württembergischen Landesregierung geschlossen. „Der regierenden CDU war das alles, was da in Ulm stattfand, ein bisschen unheimlich“, sagte Lothar Späth, der spätere Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, 1968 als Mitglied im Finanzausschuss des Landtags BW. Die Übereinkunft der beiden Kammern in der HfG hatte die Qualität einer „Ulmer Resolution“. Mit dem Schulterschluss der - neben NRW - größten Architektenkammern in Deutschland soll ein Zeichen gesetzt werden: Die Verabredung auf die Allgemeinen Schutzziele aus Paragraf 3 der Bauordnung Baden-Württemberg (bzw. Art. 3 Bayerische Bauordnung) reiche vollkommen aus, um sicher und vor allem bauordnungskonform bauen zu können, so die Botschaft. Im Bereich des Zivilrechts bedürfe es einer Öffnungsklausel im Bürgerlichen Gesetzbuch, um um Planer und die weiteren am Bau-Beteiligten vor Haftungsrisiken zu schützen. Solange der Bundesgesetzgeber dies nicht umsetze, würden Zivilgerichte weiterhin die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ zum Maß aller Rechtsprechung machen. Schließlich wird bei Gericht nur beurteilt, ob die Ausführung von einem Normwerk abweicht, nicht ob ein tatsächlicher Schaden vorliegt.
Die rund 20 Teilnehmenden der beiden Kammern, aus Hochschulen, Wohnungswirtschaft und Planungsbüros waren sich einig: Der Gebäudetyp E bedeute nicht zwingend, Bauen billiger zu machen. Dessen Einführung schaffe aber die Möglichkeit, nachhaltiger, ressourcenschonender, technikärmer und insgesamt maßvoller zu bauen. Insofern kam man resümierend gleich zum nächsten großen Thema: „Die ganze Förderkulisse, die auf den Effizienzhausstandard rekurriert, tut uns richtig weh“, so Auer. Neubauförderung lehnt der Ingenieur grundsätzlich ab. „Wieso subventionieren wir nicht CO2-Einsparung und überlassen es den Nutzern, wie sie diese erreichen?“ Am Ende komme es ohnehin auf die Nutzer an, denn vielfach verführe das Label „Effizienzhaus“ zu Energiemehrverbrauch. In Deutschland gebe es einen gigantischen „Performance Gap“. Die Kammerpräsidenten der Südtangente sehen ihr Hearing erst als Auftakt.