Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Reg. Nr.: 2004-2-07Aufgabe: Abriss und Neubau des Verwaltungsgebäudes incl. Tiefgarage für die Handwerkskammer Ulm
Auslober: Handwerkskammer Ulm
Wettbewerbsbetreuung: Dress und Sommer, Stuttgart
Wettbewerbsart: Realisierungswettbewerb als Einladungswettbewerb mit vorgeschaltetem VOF-Verfahren
Zulassungsbereich: WTO
Teilnahmeberechtigung: Freie Architekten
Teilnehmer: 7
Fachpreisrichter: Alexander Wetzig, Ulm; Jörg Aldinger, Stuttgart (V); Fritz Auer, Stuttgart; Gabriele D`Inka, Fellbach; Sven Kohlhoff, Stuttgart
Wettbewerbssumme: 65.000,00 Euro
Preisgerichtssitzung: 08.10.2004
Die Verfasser entwickeln, in Abkehr von der bisherigen Stadtbaustruktur, einen längsgerichteten und zeilenartigen Baukörper entlang der Olgastraße, der sich trotzdem in Höhe und Baulinie städtebaulich gut in die Umgebung einfügt. Die Klarheit der einfachen Gebäudezeile findet allerdings keine Fortsetzung zur Keltergasse, wo der Baukörper durch den vorspringenden Sitzungssaal und eingeschnittenen Terrassen stärker aufgelöst wird und nur durch den formalen Kunstgriff eines „Traufbügels“ wieder zu einem ablesbaren Ganzen zusammengefügt ist. Die städtebauliche Figur wird in der weiträumigen zweigeschossigen Erschließungshalle mit Galerie im ersten Obergeschoss über die gesamte Länge des Baukörpers nach innen schlüssig weiterentwickelt. Die Lage des Haupteingangs an der Olgastraße erscheint dazu allerdings wenig markant. Die wichtigen öffentlichen Bereiche von Schulung und Sitzungssaal im EG und im 1. OG sind gut situiert und verfügen über sehr gut nutzbare und großzügige Vorbereiche, welche durch großflächige Fassadenanteile und einem Oberlichtband durchgängig belichtet sind. Die weiteren Nutzungsbereiche folgen konsequent den Forderungen des Auslobers im Hinblick auf räumliche, funktionale Zuordnung und Flexibilität. Die Bewegungszonen dieser Bereiche verfügen über hohe atmosphärische Qualität, die noch durch die angebotenen Dachterrassen unterstützt wird. Die vorgeschlagenen wechselnden Fassadenstrukturen können nicht überzeugen Negativ beurteilt wird auch die Erschließung der Tiefgarage unter dem auskragenden Sitzungssaal entlang des Fußwegs an der Kelterngasse im Hinblick auf funktionalität und Aufenthaltsqualität in diesem ohnehin vorbelasteten Stadtraum. Insgesamt beeindruckt der Entwurf durch seine hohe innenräumliche Qualität, die die Funktionen als Bildungsakademie und „Rathaus des Handwerks“ sehr gut erfüllt und mit hoher Arbeitsplatzqualität verknüpft. Dies wird freilich durch eher ungünstige und wirtschaftliche Kennzahlen erkauft. Diese Qualität findet auch keine Entsprechung in der Haltung des Baukörpers zum öffentlichen Raum, insbesondere zur Olgastraße.
Die Verfasser stellen einen einfachen und konsequenten Entwurf mit einem siebengeschossigen turmförmigen Gebäude vor. Dabei wird nur wenig Grundstücksfläche überbaut. Die hierdurch entstehenden großzügigen Freiräume bieten neue, wertvolle Bezüge zwischen Keltergasse, Olgastraße und Theatervorplatz. Die wesentlichen Erschließungsfunktionen öffentlicher Weg, Haupteingang der Handwerkskammer, Tiefgaragenzufahrt und Anlieferung sind in diesen Freiflächen richtig eingeordnet, wobei besonders der neu geschaffene westliche Eingangsbereich ein gelungener und großzügiger Beitrag darstellt. Leider sind die Gestaltqualitäten durch die schematische Darstellung nicht gänzlich erkennbar. Bemängelt wird auch die Lage des externen Tiefgaragenausgangs, der aus Sicht des Auslobers nicht notwendig wäre. Die neue Handwerkskammer präsentiert sich selbstbewusst durch ihre Gebäudehöhe und Gebäudeform, die durch eine schachtelförmige Stapelung der Geschosse eine differenzierte und interessante Gestalt erhält mit nur drei natürlichen Materialien: Sichtbeton, Glas und Holz. Die Erschließungsstruktur des Gebäudes wird folgerichtig durch einen zentralen Kern definiert, in dem alle vertikalen Elemente untergebracht sind: Installationen, Haustechnik, Nebenräume, Treppe und Aufzug. Dies kann bei Veranstaltungen zu Engpässen im Sanitärbereich führen. Auch der räumliche Spielraum, der ringförmig um den Kern als Nutzfläche angeordnet ist, ist sehr eng, was insbesondere bei den Veranstaltungsräumen zum Ausdruck kommt. Ein sehr interessanter Beitrag ist die innere Wegeführung um den Kern mit einläufigen Treppen, die jedoch in der dargestellten Form bedauerlicherweise keine Ringerschließung pro Geschoss zulassen. Generell bemängelt wird, dass das Organisationsprinzip der Geschosse nur kleine Nutzungseinheiten zulässt, um eine gute natürliche Belichtung der Verkehrsflächen zu gewährleisten. Daraus resultiert eine mangelhafte Flexibilität in den Nutzungszuordnungen auf allen Geschossen, die die geforderten Funktionen des Auslobers nicht erfüllen kann. Entgegen den Vorgaben ist der Veranstaltungssaal nicht in drei separat nutzbaren Einheiten aufteilbar. Die Terrasse auf Ebene 6 lässt nicht wie gewünscht den Blick zum Ulmer Münster zu. Die wirtschaftlichen Kennwerte sind auf Grund der Rationalität und Konsequenz des Entwurfs sehr günstig. Der besondere Beitrag dieses Entwurfs liegt in seiner ansprechenden und sachlichen Grundhaltung, die jedoch die anspruchsvollen Nutzungsanforderungen der Handwerkskammer nicht allen gegenwärtigen und zukünftigen Belangen erfüllen kann.
Das Anliegen der Verfasser, die bisherige städtebauliche Situation durch einen neuen, insgesamt geschlossen und ruhig wirkenden „Stadtbaustein“ zu ersetzen, dessen Erlebnishaftigkeit durch skulpturale Aushöhlung des Volumens verstärkt wird, wird als konzeptioneller und städtebaulicher Ansatz grundsätzlich anerkannt. Die Lage und Ausbildung des Haupteingangs, der im Zusammenhang mit der öffentlichen Durchwegung von der Innenstadt zum Theatervorplatz in das Gebäude einführt und die Anordnung des Programms um ein angemessen dimensioniertes Atrium, werden positiv gesehen. Allerdings wirft gerade der Gedanke dieses nach oben und zur Kelterngasse offenen Raumes die wesentliche Problematik des Entwurfes auf: ─ Durch Aussparung des inneren Volumens wird die Chance eines großzügigen innenräumlichen Angebotes für die Selbstdarstellung der Kammer vergeben. ─ Die seitliche Öffnung des Atriums zur Kelterngasse, dessen Höhenabstufung im Übrigen nicht den Gegebenheiten entspricht, trifft auf ein unattraktives Gegenüber und schafft Probleme der sozialen Kontrolle, vor allem Abends und in der Nacht, anstatt als „Schaufenster“ die Adresse des Hauses zur Olgastraße zu bilden.
Im funktionalen Bereich ergeben sich aus dem konzeptionellen Ansatz weitere Kritikpunkte, wie z. B.:─ Die schlauchartige Form der Begegnungs- und Ausstellungsbereiche,─ die den Programmvorgaben nicht entsprechende Verteilung der Organisationseinheiten,─ die schwierige Abtrennbarkeit zwischen öffentlichen und internen Bereichen,─ die unzulängliche, nur über Ampelregelung funktionierende Erschließung der Tiefgarage,─ die internen Fluchtwegelängen in Verbindung mit nur einem notwendigen Treppenhaus.
Laut Vorprüfung liegen die wirtschaftlichen Kenndaten auch hinsichtlich der zu erwartenden Investitionskosten durch die relative Kompaktheit des Volumens im günstigen Bereich, ein wettergeschützter Abschluss des Atriums hätte diese Einschätzung noch günstiger beeinflussen können. Die Wahl des Fassadenmaterials und deren formale Durchbildung erscheinen eher „trendy“; hinsichtlich der energetischen Optimierung des Gebäudes werden keine besonderen Überlegungen angestellt. Insgesamt ist dies ein konzeptioneller Ansatz, mit durchaus Qualitäten im städtebaulichen Bereich und begrüßenswerten Intentionen in der Behandlung des baulichen Volumens, belastet aber durch grundsätzliche Defizite in der räumlichen und organisatorischen Auslegung des inneren Gefüges.