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Reg.Nr.: 2005-2-01Aufgabe: Neubau eine Seniorenzentrums mit integrierter Tagesbetreuungseinrichtung für Kinder sowie zukunftsweisender Wohnungsbau bestehend aus Eigenheimen und Eigentums- wohnungen in kosten- und flächensparender Bauweise
Auslober: GWG Reutlingen und Siedlungswerk Stuttgart
Wettbewerbsbetreuung: Siedlungswerk Stuttgart
Wettbewerbsart: Realisierungswettbewerb als begrenzt offener Wettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren
Zulassungsbereich: EWR
Teilnahmeberechtigung: reiberufliche Architekten sowie freiberufliche Stadtplaner und Garten- und Landschaftsarchitekten in Arbeitsgemeinschaft mit Architekten
Teilnehmer: 12
Fachpreisrichter: Ulrike Hotz, Reutlingen; Bruno Möws, Stuttgart; Fritz Wilhelm, Lörrach (V); Kai Haag, Stuttgart; Folker Trostdorf, Stuttgart; Christine Schimpfermann, Reutlingen; Jórunn Ragnarsdóttir, Stuttgart; Dieter Pfrommer, Stuttgart
Wettbewerbssumme: 90.000,00 Euro
Preisgerichtssitzung: 29.04.2005
Mit dem Vorschlag zwei miteinander verknüpfter Plätze, den Stadtplatz als Eingang in das Quartier und den Quartiersplatz als neue Mitte zu schaffen, an dem auch die Villa Böss liegt, gelingt es dem Verfasser eine gute Orientierbarkeit und Gliederung der Neubebauung zu erreichen. Ebenfalls positiv wird der Vorschlag gesehen, mit der Neubebauung an der Lindachstrasse im Zusammenwirken mit einer neuen Eckbebauung einen klar definierten Quartiersabschluss nach Norden auch im Sinne einer Schallschutzmaßnahme zu schaffen. Allerdings ist das 5. Vollgeschoss an dieser Stelle städtebaulich überzogen. Die angesprochene Platzbildung mit der mittig im Quartier verlaufenden Fahr- und Fußgängerstraße teilt das Planungsgebiet sinnvoll in zwei Bereiche. Die kombinierte Altenpflege und Wohnanlage mit der Kindertagesstätte und die nach Süden orientierten Wohnzeilen mit den unterschiedlichen Wohnangeboten. Die Zugänge zu der Kindertagesstätte als auch zum Wohn- und Pflegebereich liegen gut auffindbar am Eingangsplatz, der mit diesen Nutzungen im Gegensatz zur Wohnbebauung gegenüber eine angemessene Platzwand erhält. Die Zufahrt für Kfz sollte allerdings aus verkehrstechnischen Gründen nicht von der Lindachstrasse aus erfolgen, sondern von der Hindenburgstrasse. Dies würde allerdings die Wohnbebauung noch mehr belasten. Die Tiefgaragenzufahrt für die Pflegeeinrichtung am örtlichen Bereich liegt zwar richtig, bei einer Verbreiterung der Lindachstrasse müsste sie allerdings umgeplant werden, was die Gruppenräume der Kita belasten wird. Die Organisation der Pflegegeschosse und die U-förmige Lage um die grüne Mitte, die sich wieder rum zum Quartiersplatz öffnet werden ebenso positiv bewertet, wie der großzügige Freibereich des Kindergartens. Die beiden Nutzungsbereiche Altenwohnen und Pflege sind im Erdgeschoss über die Begegnungsstätte, Foyer und eine großzügige nach innen orientierte Freiterrasse gut verknüpft. Die eigentlichen Pflegegruppen beginnen wegen der Topographie erst im 1. Obergeschoss, was positiv gesehen wird. Die Seniorenwohnungen haben zwar eine gute Ausrichtung aber sehr tiefe Grundrisse und liegen im 3. Obergeschoss, teilweise an einem extrem langen Laubengang. Die zeilenförmige Wohnbebauung im Westen der Erschließungsstrasse nutzt bei geringer Höhenentwicklung den ansteigenden Hang gut und hat wegen der großen Gebäudeabstände auch eine gute Südorientierung und Besonnung . Die Wohnbebauung wird von einer geschlossenen Zeile nach Süden immer mehr aufgelockert, was zwar der umgebenden Bebauungsdichte entspricht aber in der Summe zu dem geringsten Angebot an Wohneinheiten und ein zu differenziertes Angebot unterschiedlichster Typen führt. Allerdings wirkt dies zusammen mit den sehr langen Zeilen additiv und wenig prägnant. Sehr unterschiedlich sind auch die Stellplatzangebote, die von einer aufwendigen Gemeinschaftsgarage unter den Maisonetten bis hin zu ebenerdigen aber teilweise zu weit entferntem Parken an den Köpfen der Wohnzeilen. Lediglich an einer Zeile der Eigenheime kann unmittelbar in einer Garage unter dem Haus geparkt werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass trotz sehr guter städtebaulicher Grundansätze im Bezug auf die Raumbildung die Klarheit des Konzeptes durch die Vielfalt unterschiedlichster Gebäudetypen mit sehr verschiedener Dichte und teilweise zu großer Gebäudelängen geschwächt wird.
Der Entwurf gibt eine adäquate städtebauliche Antwort auf die umliegende Bebauung. Insbesondere die Eingangssituation leitet wie selbstverständlich ins Quartierinnere. Durch die Anordnung der Gebäude entstehen verschiedenartige Grün und Freiräume und führt dadurch zu einer aufgelockerten Struktur im Inneren des Quartiers. Eine hohe Wohn- und Aufenthaltsqualität sind die Folge. Diese wird durch die vorgesehene Durchgrünung unterstützt. Allein der Freibereich für die Kita erscheint zu knapp bemessen und nicht ausreichend besonnt. Die verkehrsmäßige Erschließung führ den Individualverkehr und die Fußgänger ist gut gelöst. Dies gilt auch bezüglich des Pflegeheims und der Kita. Die Funktionsfähigkeit ist gewährleistet. Die Erschließung der Villa Böss muss höhenmäßig untersucht werden. Es ist zu erkennen, dass der Verfasser eine klare Vorstellung zur Architektur entwickelt hat. Einzelne Details wie beispielsweise die Fassadengestaltung entlang der Lindachstrasse erscheinen verbesserungswürdig. Die Funktionen im Bereich des Pflegeheimes entsprechen den Anforderungen der Auslober, mit Ausnahme der Bettenverteilung. Besonders hervorzuheben ist die Anordnung des Mehrzweckraumes zum öffentlichen Platz hin. Die betreuten Seniorenwohnungen sind grundrisslich in Ordnung. Ihre Erschließung (Flurlänge!) ist zu überprüfen. Der Wohnungsbau erfüllt die Vorgaben der Auslober. Die Wirtschaftlichkeit bezüglich Flächenverbrauch und Grundstücksausnutzung ist gewährleistet. Zusammenfassend handelt es sich um einen ausgewogenen, durchdachten und damit überzeugenden Entwurf.
Der städtebauliche Gedanke, dass Lindachareal in mehrere eigenständige Bereiche aufzulösen, wird sehr begrüsst. Dadurch entstehen lebendige wohlproportionierte Zwischenräume, die eine optimale Verbindung zwischen der Kernstadt und dem Wohngebiet auf dem südlichen Hang herstellen. Die Haltung der Architekten zur bestehenden Bebauung ist sehr lobenswert. Jedes einzelne Gebäude erfährt einen respektvollen Umgang der Teilnehmer. Die Eingänge zum Pflegeheim und “Betreuten Wohnen” befinden sich goldrichtig an der Schnittstelle zwischen Fluss und Hang. Dort wird der Auftakt zu dem gut durchdachten Grünstruktur gebildet. Alle umliegenden Straßen werden optimal angebunden. Die weitgehende Trennung der Fußwege vom Autoverkehr ist sinnvoll und dient der Sicherheit aller Bewohner. Trotzdem ist das Gebäude der Dienstleistungen gut anzufahren ohne die Fußwege zu tangieren. Die Grundrisse sind teilweise mangelhaft ausgearbeitet. Die Länge der Flure im Bereich des “Betreuten Wohnens” ist unzumutbar. Auch die Lage der Zimmer in Wohngruppe A ist schlecht. Die beiden Höfe schaffen eine lichte intime Atmosphäre zur Aufwertung der Wohnqualität. Die natürliche Ausleuchtung der Wohn- und Essbereiche wird angezweifelt. Die Freiräume der Kindertagesstätte fallen zu spärlich aus. Die Anordnung der einzelnen Wohnhäuser am Hang ist dizipliniert und verspielt zugleich. Die Qualität liegt nicht zuletzt in der einmaligen Adresse und vermutlich der starken Identifikation der Bewohner mit der Architektur. Alle Grundrisse der Wohngebäude sind vielversprechend. Dennoch kann nicht verschwiegen werden, dass die Wohnbebauung äußerst unwirtschaftlich erscheint. Über die Lage der Autostellplätze südwestlich mancher Wohnhäuser müsste nachgedacht werden. Insgesamt handelt es sich um ein sehr selbständigen und klugen Beitrag zur Aufgabenstellung. Die Umsetzung dieses Entwurfes könnte ein großer Gewinn für die Stadt Reutlingen sein.