Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Reg.-Nr. 2007-1-20Aufgabe: Bauwerksplanung für den Neubau eines Ministeriumsgebäudes an der Willy-Brandt-Straße in Stuttgart
Auslober: Land Baden-Württemberg; Vertreten durch den Landesbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg
Wettbewerbsart: begrenzt offener Realisierungswettbewerb
Zulassungsbereich: EWR/WTO
Teilnahmeberechtigung: Architekten
Teilnehmer: 25 (21 +4) ausgewählte Teilnehmer, 22 Arbeiten
Fachpreisrichter: Prof. Max Dudler, Zürich/Berlin; Wolfgang Riehle, Reutlingen (V); Prof. Gesine Weinmiller, Berlin; Annette Ipach; Prof. Jörg Aldinger, Stuttgart; Ilse Lange-Tiedje; Günter Bachmann; Dr.-Ing. Detlef Kron
Wettbewerbssumme: 200.000 Euro (inkl. MwSt.)
Die Arbeit besticht durch eine klare, modular aufgebaute Grundrisskonfiguration, die sich zu einer Großform fügt. Diese reagiert auf die Grundstücksform und schafft ein eindeutiges inneres Erschließungskonzept. Es entstehen innerhalb dieser Erschließungsbereiche differenzierte Qualitäten, die im Durchschreiten Spannung erzeugen und gleichzeitig die Orientierung erleichtern. Allerdings sind die horizontalen Wege entlang der Lichthöfe durch Flurzonen mit unterschiedlichem Anspruch nicht klar definiert. Die einläufigen Treppenverbindungen in der Vertikalerschließung sind funktional eher kritisch zu bewerten. Die Innenhöfe entwickeln sich in klarer Form, zeigen sich jedoch hierdurch auch etwas kühl und unnahbar. Die Umsetzung eines Brandschutzkonzeptes ist ohne nachteilige Wirkung auf Ästhetik, Funktion und Kosten möglich. Die Gliederung der Fassaden ist trotz einfachen Grundmusters differenziert. Die Grundrissentwicklung spiegelt sich nach außen. Die gleichförmige Reaktion auf die Bedingungen an der Willy- Brandt-Straße und zur Parkseite ist allerdings nicht nur positiv zu bewerten. Trotzdem sind die Fassaden auch in ihrer Detailbildung überzeugend und beherrschbar. Das Äußere spricht für eine zeitlose Solidität, die von der Materialwahl noch unterstrichen wird. Hierdurch entsteht eine zurückhaltende aber doch repräsentative Gestalt, die dem mit einem Ministerium zu verbindenden Anspruch entgegenkommt. Die Willy-Brandt-Straße wird als Straßenraum geschlossen, ohne eine monumentale Länge entstehen zu lassen. Diese räumliche Differenzierung und Abschnittbildung wird städtebaulich besonders gelobt. Die Zugänglichkeit des Gebäudes und die äußere Erschließung folgen nicht dem klaren Aufbau des Grundrisses. Hierdurch wird allerdings im Inneren eine Eingangslösung erzeugt mit klarer Zuordnung der Öffentlichen Bereiche und einer Verteilung in die sicherheitstechnisch überwachten Zonen. Die Anlieferung über die Tiefgarage wird in ausgewiesener Form nicht möglich sein. Die Großen Konferenzräume sind nur über einen Niveauunterschied (allerdings auch mit Aufzug) zu erreichen. Die öffentlichkeitsbezogenen Bereiche werden über zwei Geschosse jedoch gut zusammengeführt und ergeben eine hohe funktionale und räumliche Qualität. Die Ausweisung der Büroräume erfolgt ohne Differenzierung entsprechend der Umgebung des Baukörpers. Durch entsprechende technische Lösungen, lässt sich dies allerdings teilweise kompensieren. Dass hierbei jedoch auch die Erdgeschosszone zur Willy- Brandt-Straße für Büronutzung herangezogen wird ist kritisch zu beurteilen. Einer Flexibilisierung der Nutzung sind durch die Grundrisskonfiguration Grenzen gesetzt. Ein schlüssiges Energiekonzept wird nicht nachgewiesen (einziger Entwurf ohne Betonkernaktivierung und Erdwärmetauscher). Die zur Willy-Brandt-Straße orientierten Büroräume müssen ganzjährig mechanisch belüftet werden. Die Sicherheitsanforderungen sind nicht erfüllt. Die Zone A (Lagezentrum) setzt unmittelbar auf dem öffentlichen und nicht zugangskontrollierten Bereich C (Konferenzräume) auf. Innerhalb der Zone A (Lagezentren) sind die geforderten Zuordnungen nicht eingehalten (Lagezentrum getrennt von Kommunikationsbetriebsstelle, Büros der Zone B in Zone A ausgewiesen). Eine Optimierung erscheint möglich, erfordert aber eine Neuordnung der Geschosse 2, 3 und 4. Dieser Entwurf vermag durch innen- wie aussenräumliche Differenzierung und gekonnte Maßstäblichkeit im Stadtraum zu überzeugen.
Die Arbeit zeichnet in selbstverständlicher Weise die städtebauliche Situation von Willy-Brandt-Str. und Park nach. 2 große gläserne Zäsuren sollen die optische Verbindung zwischen Willy-Brandt- Straße, Wohngebiet Ost und Park schaffen. Durch die gesetzten Glaszäsuren wird die Länge der Fassade angenehme rhythmisiert. Zum Park will der Baukörper durch die Hofbildung bzw. Kämme das Grün des Parks weit hinein holen. Die Qualität der Fassade liegt in ihrem ruhigen, unprätentiösen Erscheinungsbild. Die Zugänge sind gut gewählt: der Haupteingang von Bahnhof und Wulle-Steg, der Zugang zu den öffentlichen Bereichen (Cafeteria und Kinderland) vom Schlossgarten. Die großzügige, vertikale Verbindung von Eingangsfoyer und öffentlichen Bereichen auf der Ebene Reitweg überzeugt und lässt gestalterische Qualität erwarten. Die Büroflächen sind konsequent zum Park hin ausgerichtet, an der Willy-Brandt-Straße liegen insbesondere Erschließungsflure. Die innere Erschließung ermöglicht eine gute Orientierung, bei den Kämmen mit Blick auf den Park. Die Büros weisen mit tiefgezogenen Brüstungen, der Aussicht zum Park und den technischen Ausstattungen (Sonnenschutz, Lüftungsflügel sowie dem gutes Verhältnis geschlossen / offen von 40 %) optimale Arbeitsbedingung auf. Die gewählte Kammstruktur bringt mit sich, dass sich die Büroräume gegenüberliegen und diese keinen direkten Parkbezug haben. Die Sicherheitszonen sind problemlos und gut angeordnet. Flexibilität ist in jeder Hinsicht vorhanden. Durch den hohen Verkehrsflächenanteil (Einbund zur Willy-Brandt-Str.) ist der Kostenkennwert leicht überschritten. Alle Büroflächen sind zum Park orientiert und bieten damit beste Voraussetzungen für natürliche Belüftung und Belichtung. Energetische Nutzung des Nesenbach - Abwasserkanals wird in Verbindung mit Betonkern-Aktivierung und Nutzung der Fundament-Bohrpfähle als sehr positiv bewertet. Die Sicherheitsanforderungen sind sehr gut erfüllt. Funktionale Abläufe innerhalb der Zone A sind in fast optimaler Weise gewährleistet. Fazit: Der Lösungsvorschlag entspricht dem Selbstverständnis der hier gestellten Aufgabe für einen Ministeriumsneubau. Alle funktionalen Belange können hervorragend erfüllt werden. Die über 200 m lange Baufront mit durchgehenden Erschließungsflächen entlang der Willy-Brandt-Straße wird allerdings kritisch hinterfragt. Der Vorschlag stellt somit einen wertvollen Beitrag zur Lösung der Aufgabe und zum Städtebau an diesem Standort dar.
Das 6-geschossige Ministerium orientiert sich in seiner gesamten Länge ohne Vorund Rücksprünge entlang der Bauflucht zur Willy-Brandt-Straße. Zum Park hin ist das Gebäude in vier Abschnitte gestaffelt. Der stringente Baukörper beeindruckt durch die konsequente Einhaltung einer Gebäudehöhe und der umlaufenden einheitlichen Fassadengestaltung. Die Fassade gliedert mit ihrer Tiefe und Rasterung gut die sehr lange Bauflucht entlang der Straße. Der Kopfbau am Neckartor ist maßstäblich aus der Baustruktur des benachbarten Stöckach-Viertels entwickelt. Eingang und Vorfahrt des neuen Ministeriums liegen im Süden an einem kleinen Vorplatz, der gut verschiedene Funktionen miteinander verknüpft: Eingang, Abgang des Wulle-Steges, Terrasse und Öffnung, zum Park. Die Zufahrt zur übersichtlich gestalteten Tiefgarage liegt im nördlichen Bereich am Neckartor. Die innere Erschließung des Ministeriums von der Eingangshalle her erschwert durch die Lage der Vortragssäle eine gute Orientierung im Gebäude. Die Lage der Büros orientiert sich bis auf wenige zu einem Innenhof gelegene, nach außen. Die sehr lange Büroflucht liegt zur lärmintensiven Seite der Willy-Brandt-Straße hin und ist deshalb negativ zu bewerten. Die 3 Innenhöfe lassen auf der einen Seite das Gebäude innen großzügig erscheinen, auf der anderen Seite fehlt aber die Funktion und wirtschaftliche Erschließung. Das Raumprogramm wurde bis auf 7 Büroräume erfüllt, es fehlen jedoch Funktionsräume und Behinderten - WC`s. Die Sicherheitszone A liegt im 4. und 5. Obergeschoss und müsste zum Teil umorganisiert werden. Das Kinderland liegt im 5. Obergeschoss mit einer Dachterrasse. Die Innenhöfe sind energetisch ungünstig, da sie den Hüllflächenanteil vergrößern. Das Energiekonzept kann umgesetzt werden. Die Lage der Technikzentralen ist nicht optimal gelöst. Die Sicherheitsanforderungen sind zum Teil nicht erfüllt bzw. erfordern eine Umplanung. Der Zugang ist problematisch, da die (offen gestaltete) Pforte vom eigentlichen Zugang (Schleuse, Vereinzelungsanlage) – ohne Sichtverbindung getrennt liegt. Eine Umplanung ist mit entsprechendem Aufwand jedoch möglich. Insgesamt stellt der Entwurf durch die kompakte und konsequente Bauform einen befriedigenden städtebaulichen Ansatz dar, der jedoch Mängel in der inneren Erschließung und Funktion hat.
Der Entwurf stellt eine starke städtebauliche Position in einer architektonischen Großform dar, die den Boulevardcharakter zur Willy-Brandt-Straße und die Fortsetzung der Kulturmeile betont. Die Öffnung des Baukörpers zum Park bietet sehr gute Qualitäten. Die Höhe des Baukörpers liegt ca. 1 m über der gegenüberliegenden Bebauung, was aber nicht als störend eingeschätzt wird. Die Ausgestaltung des Gebäudekopfes zum Neckartor erscheint etwas unvermittelt. Der Entwurf hält sich an das vorgegebene Baufenster, so dass eine bauliche Entwicklung Richtung Kulturmeile offen gehalten wird. Die Fassaden zeigen sich gegen die Straßen – und Parkseite gleichartig und ruhig, wobei sie im Detail feingliedrig herausgearbeitet sind. Sie werden über verglaste Lichthöfe akzentuiert, was für allem zur Willy-Brandt-Straße (WBS) funktionale Vorteile mit sich bringt. Der Baukörper gliedert sich in 4 Bereiche, wodurch überschaubare Nutzungseinheiten und angenehme und natürlich belichtete Erschließungsflure geschaffen werden. Die Unterteilung in Nutzungsbereiche ermöglicht eine spätere, flexible Nutzung. Positiv bewertet wird, dass die überwiegende Zahl der Büros zu den Innenhöfen oder zum Park orientiert ist. Der Eingangsbereich ist großzügig in einem der Lichthöfe gelegen und ermöglicht eine gute Zugänglichkeit von der WBS ebenso wie vom Wulle - Steg und vom Bahnhof. Die Zufahrt zur Tiefgarage und die Anlieferung erscheinen problematisch. Das Raumprogramm ist erfüllt, wenn auch einzelne Nutzungsbereiche Mehr - bzw. Minderflächen aufweisen. Die funktionale Organisation der Abteilungen ist passgenau. Kritisch sind die Sicherheitsbereiche: Der Ministertrakt ist vom Lagezentrum räumlich getrennt. Das Lagezentrum ist ausweislich der Pläne im 1. OG platziert. Dies erfüllt nicht die vorgegebenen Anforderungen. Eine Verlegung in ein höher gelegenes Geschoß muss geprüft werden, erscheint jedoch im Hinblick auf den Lichthof und die vorgegebene Gebäudetiefe schwierig. Die Statik scheint unproblematisch, das Haustechnikkonzept muss noch geprüft werden. In Teilen ist das dargestellte Energiekonzept nicht schlüssig, auch die als Wintergärten ausgebildeten Gebäudeteile sind sowohl im Sommer als auch im Winter energetisch ungünstig zu beurteilen. Das Doppelfassadenkonzept muss als problematisch angesehen werden. Der Schallschutz ist nur teilweise gelöst, Probleme bestehen insbesondere in den Büros zur WBS. Das Konzept zur Nachhaltigkeit / Energieeffizienz erscheint verbesserungsbedürftig. Ebenso scheint das Entwurfskonzept die Anforderung an die wirtschaftlichen Kennwerte nicht bzw. nur teilweise zu erfüllen. Die Sicherheitsanforderungen sind nur zum Teil erfüllt. Insbesondere die Trennung der Zone A durch 2 B-Geschosse erschwert die (wirtschaftliche) Bildung von Schutz und Sperrzonen. Auch im Hinblick auf die Ausgestaltung der künftigen Sicherheitsbereiche sind funktionale Abläufe innerhalb der Zone A durch die Trennung (stark) beeinträchtigt. Eine Optimierung ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Insgesamt stellt der Entwurf eine angemessene Lösung dar, die jedoch funktionale Mängel im sensiblen Sicherheitsbereich aufweist.
Der Verfasser setzt seinen differenzierten Gebäudekomplex parallel zum Reitweg und reagiert mit einem Sägezahn zur Willy-Brandt-Straße, der die lange Straßenfassade gliedert. Während die Vorfahrt gut funktioniert, liegt die Zufahrt zur Tiefgarage nicht mehr im Wettbewerbsgrundstück und kollidiert mit Stuttgart 21. In der Höhe wechseln sich die kammartigen "Köpfe" und die Zwischenbauteile ab. Die dadurch evozierte Maßstäblichkeit bezieht sich auf die umgebende Bebauung, was sehr positiv vermerkt wird. Obwohl es sich bei der gewählten Kammtypologie um eine im Normalfall eher sture Baukörperfigur handelt, gelingt es dem Verfasser, diese Reihung mit einem poetischen Potential zu versehen. Dies liegt u. a. an der Differenzierung der Höhen der Baukörper. Dadurch verzichtet der Verfasser allerdings auf über 20 % der geforderte Büroflächen. Dies kann der Nutzer nicht akzeptieren. Es wird diskutiert, ob die stark geschlossenen Besprechungstürme mit den darauf befindlichen Raucherterrassen nicht zuviel Raum einnehmen, zumal sie die Höfe zusätzlich verschatten. Sehr wohltuend erscheinen die ruhigen Lochfassaden mit dem geschlämmten Mauerwerk. Allerdings wird hinterfragt, ob die gesamte Front zur Willy-Brandt-Straße mit Büroflächen belegt werden sollte, während zum Park hin zwischen den Kämmen Flure angeordnet werden. Die Organisation des Kopfbaus mit Haupteingang, Konferenzzentrum und Cafeteria wird gelobt, jedoch verlangt der Haupteingang am Kopf des Gebäudes sehr lange Wege. Der Zugang nach der Vereinzelungsanlage erscheint unangemessen eng. Energiekonzept: Großer Hüllflächenanteil, daher energetisch ungünstig. Viele Büros zum Park orientiert, die somit natürlich belüftet werden können, jedoch teilweise hoher Glasflächenanteil. Wenig fundierte Aussagen zum Energiekonzept. Die Sicherheitsanforderungen sind mit nur ganz geringen funktionalen Einschränkungen gut erfüllt. Eine Optimierung ist mit wenig Aufwand möglich. Die Ansichten auf den Plänen sind schwer zu lesen, besonders scheinen Pläne und Modell nicht das gleiche Projekt darzustellen. Insgesamt handelt es sich um einen eigenständigen Beitrag von hoher Poesie, der allerdings beim Blick auf die unterschrittenen Flächen an Überzeugungskraft verliert.