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Reg.Nr.: 2003-1-30 Aufgabe: Vorentwurf für die Pfarrkirche St. Augustinus mit einer Neukonzeption der liturgischen Orte und des Kircheninnenraumes, städtebauliche Neubewertung und Konzeption der Erschließung und Freianlagen
Auslober: Katholische Kirchengemeinde St. Augustinus in Heilbronn
Wettbewerbsbetreuung: Joachim Feldsieper, Stuttgart
Wettbewerbsart: Realisierungswettbewerb als Einladungswettbewerb
Zulassungsbereich: regional begrenzt
Teilnahmeberechtigung: Architekten
Teilnehmer: 7
Fachpreisrichter: Karl Frey, leitender Baudirektor, Eichstätt; Ulrich Frey, Baubürgermeister, Heilbronn; Heiner Giese, Diözesanbaumeister, Rottenburg a. N.; Jörg Herkommer, Freier Architekt, Stuttgart; Peter Schenk, Freier Architekt, Schwäbisch Gmünd (V); Andreas Schwarz, Freier Architekt, Berlin; Anna Blaschke, Freie Architektin, Stuttgart; Horst Eberhardt, Architekt, Rottenburg a. N.; Wahrmut Stehle, Freier Architekt, Heilbronn
Wettbewerbssumme: 23.800,00 Euro
Preisgerichtssitzung: 23.04.2004
Der Verfasser konzentriert sich mit seiner Konzeption vorrangig auf den Innenraum der Kirche und nimmt damit das Grundanliegen der Gemeinde St. Augustinus auf. Er entwickelt eine Gesamtkonzeption, die sowohl Lösungen für die mehrschichtigen liturgischen Vorgaben anbietet als auch die bestehenden Architekturqualitäten eigenständig und überzeugend neu formuliert. Zugleich kann die Gesamtkonzeption schrittweise und vom Innenraum ausgehend umgesetzt werden. So entsteht auf der einen Seite des Kirchenschiffs ein Altarraum, der sowohl der Anforderung der Gemeinde nach Nähe als auch nach flexibler Nutzung im Gottesdienst gerecht wird. Es wird erkannt, dass eine Höhendifferenz zwischen Altarraum und Sakristei hinderlich wäre – die Sakristei wird deshalb konsequenterweise in den Umbau einbezogen. Die durch die Bodenabsenkung bedingte optische Erhöhung der Chorrückwand wird ebenfalls als Gestaltungsaufgabe erkannt. Ob nun die vorgeschlagene gekrümmte Wandscheibe die einzige Lösung darstellt, bliebe zu prüfen. Der Vorschlag, für die Werkstagsgottesdienste einen eigenen Raum zu schaffen und diesen ebenfalls als Kirchenraum mit eigenständiger Prägung zu gestalten, ist sehr erfreulich. Es wird nicht verkannt, dass dieses Raum-in-Raum-Konzept den Abbau der bisherigen Empore erfordert, also mit einem größeren Aufwand verbunden sein wird. Die Qualität dieses Vorschlags rechtfertigt jedoch eine Vertiefung dieser Planung, dabei sollte jedoch die recht knappe Situation, die sich beim Nordwesteingang ergibt, überarbeitet werden. Mit der durchscheinenden neuen Raumhülle wird die ursprüngliche Raumidee Herkommers wieder aufgegriffen, ohne dass die spröde Raumauffassung der Nachkriegszeit verloren geht. Sie ermöglicht den Sakralraum hinsichtlich seiner Atmosphäre neuartig und attraktiv wahrzunehmen. Bei einer Entscheidung über die Detail-, Struktur- und Materialausbildung dieser Hülle ist allerdings ganz besondere Sorgfalt aufzuwenden. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die Deckenstruktur der 1950iger Jahre durch die neue Hülle hindurch erfahrbar bleibt. Der zusätzliche Zugang zum Kirchplatz durch den Turm hindurch erlaubt in positiver Weise die Fortsetzung der historischen und im Gesamtentwurf Herkommers bedeutsame Haupterschließung. Als problematisch angesehen wird allerdings die überdimensionale Lärmschutzwand, die sowohl den städtebaulichen Kontext verstellt als auch das Ensemble selbst beeinträchtigt. Eine deutliche Verringerung dieses Lärmschutzes erscheint möglich und kollidiert nicht mit den Grundsätzen der Gesamtkonzeption des Verfassers. Die Umsetzung der Entwurfsidee – sicherlich in Teilabschnitten – ließe einen Kirchenraum mit zugleich hoher Funktionalität und atmosphärischer Dichte entstehen, der nicht nur für die Stadt Heilbronn sondern auch darüber hinaus einzigartig wäre.
Der Verfasser reaktiviert den ursprünglichen Hauteingang auf der Nordseite, indem er den Südeingang entfernt und den Nordzugang als einzigen Zugang aufwertet. Er schafft auf der Höhe des Kircheneingangs einen Vorplatz, den er über eine großzügige Treppenanlage an der Nordseite, einen Aufzug und einen Kurzschluss an der Westseite erschließt. Unterhab des Vorplatzes entsteht ein neuer Raum, der für Gemeindeaktivitäten genutzt werden kann. Die Treppenanlage nimmt den gesamten nordwestlich gelegenen Vorbereich der Kirche in Anspruch. Dabei entstehen verschieden Zonen und Ebenen, zum einen breite plateauartige Podeste und eine Art geschützter Innenhof auf dem Niveau des Gemeindesaals. Voraussetzung für diese großflächige „gebaute Landschaft“ ist jedoch der Abbruch des ehem. Pfarrhauses, da an seiner Stelle der Auftakt der Treppenanlage in Form eines Kirchplatzes erfolgt. Hinsichtlich des Abbruchs gibt es sowohl städtebauliche als auch wirtschaftliche Bedenken, die allerdings kontrovers diskutiert wurden. Durch den Abbruch der Südtreppe wird der Saal im Erdgeschoss aufgewertet, er öffnet sich somit nach Südosten zum best. Innenhof und zum Thomas-Morus-Haus und nach Nordwesten zum geschützten neuen Innenhof. Der Zugang für gehbehinderte Kirchenbesucher erfolgt über den außenliegenden Fahrstuhl, der von der Südwestseite aus zugänglich ist. Insgesamt kann die Kirche komplett stufenlos umgangen werden, sie wird durch die geplanten Maßnahmen quasi „freigestellt“. Der Kirchenbesucher betritt die Kirche durch den nunmehr einzigen Zugang und gelangt in den vergrößerten Windfang. Dieser nimmt fast die Hälfte der Fläche unter der Empore ein. Der Zugang ins Kirchenschiff ist deshalb seitlich versetzt in einen von Gestühl freigehaltenen Vorbereich. Dieser Vorbereich erstreckt sich über die gesamte Breite des Schiffes und nimmt den Taufstein mittig auf. Dem Taufstein bzw. dem Vorbereich ist eine kleine Kapelle unter der Empore zugeordnet, die bei Bedarf durch mobile Trennwände geöffnet werden kann. Diese Kapelle ist nicht als Werktagskapelle konzipiert, da kein Raum für Altar und Ambo vorgesehen ist. Im Anschluss ist in der Ecke der Kirche das Beichtzimmer und die Treppe zur Empore untergebracht. Die Situation unter der Empore wird insgesamt kritisch bewertet, weil die Raumanordnung nicht befriedigt. Da die tragende Konstruktion zwischen Empore und Kirchenschiff in den Plänen nicht dargestellt wird, muss davon ausgegangen werden, dass die Empore neu erstellt werden soll. Der Kircheninnenraum verändert sich durch den Rückbau der Fensteröffnungen auf der Südostseite auf ihre ursprüngliche Anzahl und Dimension. Der derzeit über 8 Stufen erreichbare Altarbereich wird abgesenkt, es verbleiben 2 Stufen über dem Niveau des Kirchenschiffes. Die Fläche wird dem Kirchenschiff zugeschlagen, die verbleibenden Stufen liegen innerhalb des schmaleren Chorraums. Die Anordnung von Altar, Ambo und Tabernakel bleibt im Wesentlichen unverändert. Die Sedilien sind an der Chorrückwand mobil angeordnet. Über den „richtigen“ Niveauunterschied zwischen Chorraum und Kirchenschiff wurde diskutiert, hier müssen der Wunsch nach Nähe und der Wunsch nach Einsehbarkeit auch von den hinteren Bänken abgewogen werde. Die angebotene Treppe, die den abgesenkten Chorraum mit der Sakristei verbindet, ist in dieser Form nicht nutzbar. Der Verfasser schlägt vor, die gesamte Decke der Kirche mit einer einheitlichen netzartigen Struktur auszugestalten, um Chor, Schiff und Empore räumlich zu verbinden. Die Konstruktion besteht aus geflochtenen Metallfaserbändern, die an die ehem. Deckengestaltung mit der hölzernen Zollinger-Konstruktion erinnern soll. Dieses Deckenelement lässt durch seine filigrane Ausbildung die bestehende Tragkonstruktion sichtbar. Insgesamt wird die Deckengestaltung kontrovers diskutiert. Die IInnenraumgestaltung müsste im vorgegebenen Kostenrahmen realisierbar sein, ein Fragezeichen bleibt beim Kostenaufwand für die Deckenkonstruktion. Zudem sind die Übergänge zwischen Chor und Schiff bzw. Schiff und Empore tragwerkstechnisch zu überprüfen.
Insgesamt ist der Entwurf im Inneren ein positiver Beitrag. Im Äußeren liefert er einen neuen Denkanstoß, den Städtebau betreffend.
Der Verfasser ordnet die bestehenden Zugänge neu. Der Südostzugang wird in Richtung Westen verlegt und der historische Nordwestzugang wieder aufgewertet. Somit entsteht unter der Empore ein zentraler/gemeinsamer Eingangsbereich für den Kirchenraum. Entgegen der bisherigen Eingangssituation wird dies als deutliche Verbesserung gewertet. Die Erschließung der Empore über die neue gewendelte Treppe muss, die Kopfhöhe überprüft werden. Der Abbruch des Mesnerhauses erscheint städtebaulich nachvollziehbar. Der dadurch gewonnene Freibereich lässt jedoch für das Gemeindeleben keine Akzeptanz erwarten. Trotz des Vorziehens der Altarebene in das Kirchenschiff bleibt der Eindruck der „Wege-Kirche“ und wird mit der Verschmälerung des Kirchenraumes durch die vorgezogenen Pfeiler noch weiter verstärkt. Das Tieferlegen des Altarraumes ist zu begrüßen, dabei sollte jedoch die Sakristei konsequenterweise mit abgesenkt werden. Das Fenster an der Chorwand wird dabei gestalterisch nicht berücksichtigt. Das Vorrücken des Altares ergibt im rückwärtigen Bereich (Altarraum) viel freien Raum, welcher mit der Anordnung der Sedilien und dem axial hinter dem Altar postierten Taufstein nicht adäquat gefüllt wird. Der Priestersitz hat den denkbar größten Abstand zur Gemeinde. Die Platzierung des Ambos ist unpraktisch, der Ort des Tabernakels willkürlich gewählt. Die vorgeschlagene Lösung für Kleingruppen bzw. Werktagsgottesdienste um den Altar ist wegen der Höhenentwicklung (3 Stufen) unbefriedigend. Ein eigener Raum für Werktagsgottesdienste ist nicht nachgewiesen. Der Beichtraum ist ohne Beziehung zum Kirchenraum im Eingangsbereich angeordnet. Der Vorschlag das seitliche einfallende Licht durch vertiefte Pfeilervorlagen zu führen, gleichzeitig mit spitzbogenartiger Ausformung führt zu einer Veränderung des ursprünglichen Raumgedankens und erscheint von daher nicht ausreichend begründet. Im Hinblick auf die erzielbaren Verbesserungen erscheint der vorliegende Entwurf wirtschaftlich angemessen.