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Reg.Nr.: 2004-1-08Aufgabe: Entwicklung einer Entwurfsplanung für die Innenrenovation der Pfarrkirche „Zur Heiligsten Dreieinigkeit“ in Ludwigsburg
Auslober: Kirchengemeinde „Zur Heiligsten Dreieinigkeit“ Ludwigsburg
Wettbewerbsbetreuung: Kaupp Architekten, Mannheim
Wettbewerbsart: begrenzt offener Realisierungswettbewerb
Zulassungsbereich: Baden-Württemberg
Teilnahmeberechtigung:Freie Architekten
Teilnehmer: 30 (24 Geloste+6 Gesetzte)
Fachpreisrichter: Heiner Giese, Rottenburg; Fritz Hack, Friedrichshafen; Arno Lederer, Stuttgart (V); Wolfgang Schwinge, Stuttgart; Sophie Wolfrum, Karlsruhe; Herr Habrik, Esslingen; Christiane Hüpping, Rottenburg; Pius Stoll, Ludwigsburg
Wettbewerbssumme: 23.000,00 Euro
Preisgerichtssitzung: 22.10.2004
Die konzeptionelle Idee dieses Entwurfes ist, den Kontext zu respektieren und durch das Einstellen neuer Holzelemente neu zu definieren. Durch die Holzeinbauten entsteht ein angemessenes geistliches Zentrum im alten Gotteshaus. Durch diese Einbauten entstehen neue Proportionen und eine angenehme Raumwirkung. Der Entwurf entwickelt durch die Holzeinbauten klar gegliederte neue und funktionsfähige Kirchenräume – Mittelschiff – Chorraum – Seitenschiff und Eingangsbereich. Die Bereiche in den neuen Seitenschiffen erlauben je nach Anforderung große und kleine Räume mit positiver Beurteilung. Der Altar steht im Kirchenschiff für eine gute Kommunikation und gemeinschaftliches Gottesdienstfeiern mit den Gläubigen. Die Beziehung Altar – Ambo – Tabernakel betrachtet das Preisgericht als liturgisch nicht überzeugend. Der Tabernakel sollte eine neue Position finden. Der Chorraum wird als Taufort neu definiert. Dieser Raum ist aber auch für kleinere Messfeiern, stille Andacht und Meditationsveranstaltungen gut definiert. Die Bestuhlung bietet zahlreiche Möglichkeiten für das Gestalten von Gottesdienstformen und auch für Konzerte und weitere Veranstaltungen. Die Erstellungskosten sind im wirtschaftlichen kostengünstigen Bereich.
Mit äußerst sparsamen aber wirksamen Mitteln passen die Verfasser die Kirche neuen liturgischen Bedürfnissen an und gliedern den Raum in eine verbundene Sequenz von Ankommen, Andacht und Versammlung. Der Kirchenraum wird in seiner Einheitlichkeit erfahrbar und zugleich geschickt zoniert. Dies leistet vor allem eine eingestellte Raum- bzw. Wandscheibe, die Beichtraum und Aufgang zur Empore enthält. Die neue verkleinerte Empore zont wiederum einen Übergangsraum (Andachtsraum), in dem sich weitenden Kirchenraum aus. Der vorgezogene Altarbereich liegt bei einem kleinen Gottesdienst in der Mitte der Gemeinde. Diesen Effekt wünscht man sich noch verstärkt, was die Grundkonzeption erlauben würde. Der Chor zuletzt kann, als Taufkapelle genutzt, auch anderen Zwecken dienen.Kinderkirche und Familienraum fehlen dann leider bei dieser ansonsten flexiblen und unprätentiösen Lösung. Mit im Wesentlichen einer Maßnahme, der Wandscheibe, wird eine fast schon raffiniert zu bezeichnende Wirkung erzielt. Nachdem auch noch Profil und Kassettierung von Wand und Decken verschwinden sollen, bleibt höchstens die Frage, ob der Kirchenraum nicht doch zu nüchtern wirken wird. Auch im Außenbereich wird diese schlichte Entwurfssprache fortgesetzt. Sie beschränkt sich auf die Zonierung des rückwärtigen Kirchenplatzes durch einfache lange Sitzbänke. Die Kostenvorgabe kann eingehalten werden, konstruktive Probleme ergeben sich nicht. Der Entwurf verspricht zudem eine auch auf ästhetischer Ebene nachhaltige Raumkonzeption, die nicht in den nächsten Jahren wieder neuen Moden angepasst werden müsste.
Die Beleuchtung der Kirche vor dem Eingang ist ortsuntypisch und fremd (das derzeitige Konzept der Marktplatzbeleuchtung sieht nur indirekte Beleuchtung vor, wie Brunnenbeleuchtung, Arkadenbeleuchtung und Strahler auf die Kirche. Laternen befinden sich nicht dort). Auch erschließt sich der Sinn der 4 Stelen nur im Zusammenhang mit der Innenbeleuchtung, nicht in der Sicht von außen. Durch den Treppenrahmen, der die Kirche auf ein Podest hebt, wird die Kirche im Stadtbild aufgewertet. Das Kichencafé wird hinter der Kirche mit einer Freifläche vergrößert, dadurch wird mit geringen Mitteln eine positive Wirkung erzielt. Allerdings erscheint dem Preisgericht die Gestaltung des Raumes hinter der Kirche nicht konsequent gegenüber der wesentlich aufwendigeren Gestaltung vom Marktplatz her. Es erfolgen vergleichsweise wenige Eingriffe in die vorhandene Bausubstanz. Der Raum in seiner gesamten Größe und Wirkung bleibt erhalten inklusive des Chorraums. Die Kirche wird auch in ihrer Struktur nicht verändert. Die Gestaltung des Raumes erfolgt mit den Mitteln der Beleuchtung und der schrägen Ebene. Die Beleuchtung ist interessant gestaltet, sie bietet einen Anklang an die frühere Dreischiffigkeit und an die frühere Beleuchtung durch Kandelaber. Die schräge Ebene im Boden bietet ein interessantes Konzept und verringert die Distanz zum Altarraum. Bei der Nutzbarkeit sieht das Preisgericht jedoch Einschränkungen: So finden sich in Altarraum und beim vorderen Gestühl Stufen und Rampen, die schräge Ebene wird auch nicht konsequent durchgehalten, das der Boden im Verlauf des Raumes schräg- gerade – schräg verläuft. Durch das Ansteigen des Raumes nach vorn könnten die vorderen Reihen den hinteren den Blick versperren. Auch kann beim Betreten des Raumes das Ansteigen nach oben den Betrachter irritieren. Insgesamt scheint die Lösung der Schräge nicht ganz zu Ende gedacht. Das Foyer ist angenehm groß und geräumig, der Turm spiegelt sich innen wieder. Die unter der Empore angebrachten „Funktionsräume“ (Beten/Ort der Stille/Familie/Kinder) sind gut gelöst, sie sind flexibel nutzbar und doch durchlässig.
Der Beitrag versucht mit einfachen und ganz sicherlich auch an den ökonomischen Möglichkeiten der Gemeinde orientierten Mitteln der Kirche zur Heiligsten Dreieinigkeit eine neue und nachhaltige tragfähige Qualität zu schaffen. Dabei werden alle Anstrengungen auf das Innere des Baus orientiert; das Umfeld bleibt nahezu unbehandelt. Hier müssen sich dann die Verfasser auch erste deutliche Kritik gefallen lassen: die flankierenden Straßenräume noch dichter mit Parkierungsangeboten zu belasten, als heute schon, kann nicht als Beitrag gewürdigt werden. Durchschreitet man das Kirchenportal, werden dann allerdings, ganz andere, höhere Wertigkeiten spürbar. Die Formulierung von Übergangsräumen über die Flanken des Zugangs, die in den Kirchenraum hinein über schwenkbare Gitter vermitteln, wird als interessanter Beitrag zu einer allmählichen Annäherung gewertet. Die Auszonung des Gemeindebereichs im Kirchenraum durch einen „Teppich“ aus Kalkstein ist zwar im Zugangsbereich nicht ganz konsequent, wird in die Tiefe des Raumes hinein dann aber als Ordnungselement wie gleichzeitig auch die Gemeinschaft versammelnde Geste wirksam. Hier ist dann der Altar richtig positioniert; die Bestuhlung erlaubt ein Eingehen auf vielfältige Anforderungen der Liturgie. Zweifel sind allerdings angebracht dahingehend, ob in dieser Konzeption Ambo und Sedilien nicht besser in den durch den „Teppich“ bezeichneten Raum hineingehören und ob der Standort des Tabernakels hier überhaupt richtig sein kann. Als grundsätzlich richtig erkannt wird die Neuformulierung der Empore genauso, wie die Auszonung des Chores als Tauf-, Kinder- und Werktagskapelle, auch wenn die Schiebegitter nur einen psychologisch wirksamen Abschluss schaffen und eine Gleichzeitigkeit der Nutzungen im Kirchenschiff und im Chor nicht erlauben. Der Ordnungsvorschlag für die „Unterkirche“ , das Kirchencafé, zeigt, was wünschbar wäre, wenn es gelänge, die Trafostation loszuwerden oder zumindest für die Heizung einen anderen Platz zu finden. Der Innen-Außen-Bezug wird hier über die Menschen hergestellt, die diesen Ort beleben. Ihnen Raum zu geben, muss längerfristig Ziel bleiben. Auf die bauphysikalischen Probleme der Innenwände und die sichtbaren Schäden antwortet der Beitrag mit einem grundsätzlichen, strengen, auf das wesentliche reduzierten Neugestaltungsvorschlag. Rudolf Schwarz wird zitiert. Ein möglicherweise hier empfundener Verlust von Anmutung wird aber mehr als nur aufgewogen durch die Inszenierung, ja Re-Inszenierung des Raumes und seiner ursprünglichen Proportionen durch den hier gewählten Umgang mit Licht. Die disziplinierte Ordnung des Gehäuses insgesamt und seiner Teilbereiche wird so in die dritte Dimension und darüber hinaus ins Atmosphärische fortgesetzt. Der Beitrag beweist damit bei aller Selbstbeschränkung auf Angemessenheit und Maß einen ganzheitlichen Gestaltungswillen mit Wirkung.