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Reg.Nr.: 2009-1-03Aufgabe: Bauwerksplanung für den Neubau eines Rathauses in der Ortsmitte Leingarten
Auslober: Gemeinde Leingarten
Wettbewerbsart: nichtoffener einphasiger Realisierungswettbewerb (RPW 2008)
Zulassungsbereich: EWR/WTO
Teilnahmeberechtigung: Architekten
Teilnehmer: 203 Bewerbungen, 25 ausgewählte Teilnehmer, 19 Arbeiten
Preisrichter: Peter Brückner, Architekt, Tirschenreuth; Ralf Eschelbach, Bauingenieur, Leingarten; Michael Kerker, Architekt, Ludwigsburg; Dr. Eckart Rosenberger, Architekt, Fellbach (V); Beatrice Soltys, Architektin, Besigheim; Werner Wohlleber, Architekt, Zimmern ob Rottweil; Gunther Bayer, Architekt, Kaiserslautern
Wettbewerbssumme: 52.000 Euro (zzgl. MwSt.)
Preisgericht: 26.06.2009
Der städtebauliche Ansatz besticht durch seine hervorragende räumlichen Qualitäten. Zum einen wird durch die Verschiebung des Baukörpers nach Osten und Süden eine deutliche Vergrößerung des Marktplatzes erreicht. Zum anderen wird die Stadtkirche wieder in das Blickfeld ihrer einstigen Bedeutung gerückt. Der Baukörper begrenzt den neu zu gestaltenden Marktplatz im Süden und schafft durch seine Lage ein harmonisches Zusammenspiel mit dem Kirchengebäude und dem Bankgebäude. Es entsteht ein Stadtplatz - die neue alte Mitte. Die Maßstäblichkeit des Baukörpers ist dem Kontext zum Ortskern angemessen. Der Entwurf bietet die Chance den Marktplatz in das Rathausgebäude hineingleiten zu lassen. Die Intention der Offenheit, der Einladung an den Bürger und der Freundlichkeit wird noch verstärkt durch die Ausbildung einer offenen transparenten zum Marktplatz gerichteten Fassade. Die offene und bürgerfreundliche Erschließung wird mit der guten räumlichen und funktionalen Anordnung der Bürgerdienste zu einem gelungenen Ensemble. Die klare und offene räumliche Aufteilung des Baukörpers erleichtert die Orientierung und bietet durch eine entsprechende Tragwerksstruktur die Möglichkeit zu hoher Flexibilität. Räumliche Veränderungen sind in der Planungswie auch in der Nutzungsphase möglich. Der kompakte Baukörper bietet durch seine einfache Strukturierung und durch die Ausbildung eines Atriums sehr gute Möglichkeiten mit wirtschaftlichem Aufwand das beschriebene energetische Konzept umzusetzen. Neben den zu erwartenden sehr wirtschaftlichen Folgekosten in der Lebenszyklusphase des Gebäudes kann so auch ein zukunftsweisendes energetisches Konzept umgesetz werden. Problematisch wird die Geschosshöhe von 3.05 m im Bereich des Sitzungssaals eingeschätzt. Eine Verlegung des Sitzungssaals einschließlich einer Erhöhung der Raumhöhe erscheint problemlos möglich. Neben der Verkleidung mit Sandstein wären auch andere Alternativen zur Ausbildung der Fassade vorstellbar. Um Konflikte durch die Nutzung des Sitzungssaals bei nichtöffentlichen Sitzungen zu vermeiden, sollten Möglichkeiten untersucht werden, wie die Verglasungen temporär verschlossen werden können, ohne den Gesamteindruck der Fassade zu beeinträchtigen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass dieser Entwurf allen gestellten funktionalen Anforderungen der Gemeinde Leingarten als auch der stadträumlichen - architektonischen Anforderungen sehr gut gerecht wird.
Die Verfasser der Arbeit haben den Ort gelesen und nutzen die Potentiale. Ein leicht schwebendes, transpartentes Rathaus tritt in einen Dialog mit der steinernen Kirche und dem Ort. Der Marktplatz wird als großzügiger, wohlproportionierter, vielfältig bespielbarer öffentlicher Raum ausgebildet. Ein echter Platz. Erdgeschossig fliest er in das Gebäude, auf der Plateauebene läuft er sogar hindurch. Bürgerbüro, Besprechungsraum und der Sitzungssaal sind auf der Platzebene angeordnet und durch Oberlichter belichtet. Die notwendigen Wände des Bürgersaals im Norden und Süden stehen im Konflikt zur dargestellten Transparenz. Das Trauzimmer schwebt scheinbar im Luftgeschoss und erhält durch seine inszenierte Situation eine besondere Stellung. Die beiden Obergeschosse sind folgerichtig und flexibel organisiert und besitzen durch ihre Belichtung eine hohe Qualität in den Büros und den Fluren. Die Materialität des Rathauses lebt vom Spiel der gläsernen Haut und der Wärme des hölzern, textilen Ausbaus. Durch die umlaufende Glasfassade ist eine sehr gute Tageslichtversorgung gewährleistet, was sich jedoch ungünstig auf den sommerlichen Wärmeschutz auswirkt. Energetische Potentiale bietet das Flachdach für Photovoltaik und das Artrium für eine effiziente natürliche Lüftung. Durch die Aufständerung besitzt der Baukörper eine geringe Kompaktheit. Insgesamt eine städtebaulich sehr konsequente, sensible und eigenständige Lösung, welche die Bauaufgabe einens neuen identitätsstiftenden offenen Rathauses im Herzen des Ortes mutig interpretiert.
Das Rathaus fügt sich durch die Aufnahme der Gebäudefluchten von Kirche und Volksbank gut in die Nachbarbebauung ein. Durch die Übernahme der Höhendifferenz des Geländes als Versatz in dem 3-geschossigen Baukörper entsteht ein maßstäbliches, der baulichen Umgebung angepasstes Gebäude. Hierbei lässt das neue Rathaus genügend Platz für einen ausreichend dimensionierten Marktplatz. Dieser liegt ebenengleich zum Haupteingang und führt direkt ins großzügige Foyer. Die Halle als Herzstück des neuen Rathauses verbindet räumlich die Geschosse. Die Treppenaufgänge liegen windmühlenartig versetzt an der Halle und bilden einen räumliche interessanten zentralen Innenraum. Der zweite Gebäudezugang auf dem Niveau der Zehentgasse wird über eine großzügige und breite Treppenanlage verbunden, die ihrerseits eine großzügige Verbindung zwischen Marktplatz und dem südlich des Rathaus gelegenen Ortsteil herstellt. Der Sitzungssaal wird über diesen zweiten Eingang ebenengleich erschlossen. Durch die gute Orientierbarkeit über die 3-geschossige Halle und die Ausblicke ins Freie entstehen Verkehrsflächen mit hoher Qualität. Die Fassaden werden durch unterschiedliche Ausgestaltung in bezug zur Nutzung und die Einschnitte für die Gebäudezugänge gut gegliedert. Bei erfüllten Programmflächenvorgaben liegt die Gebäudekubatur im durchschnittlichen Bereich. Die klare und einfache Gebäudestruktur lassen eine wirtschaftliche Erstellung erwarten. Das Kastenfensterprinzip sollte überprüft werden, da trotz hoher Herstellungskosten keine energetischen Vorteile zu erwarten sind. Durch den Baukörperversatz wird das Solarflächenpotiential reduziert. Die Stärke des Entwurfes liegt in der Einpassung in die bauliche Umgebung durch die geringe Höhenentwicklung und die Übernahme der Gebäudefluchten der Umgebungsbebauung. Als Nachteilig wird gesehen, dass im Hanggeschoss nur das Bürgerbüro liegt und die Hauptnutzungen dem oben gelegenen Eingang zugeordnet sind.
Das trapezförmige Gebäude formuliert klare Raumkanten und bildet gut nutzbare Stadträume aus. Der Marktplatz bleibt im wesentlichen in seiner jetzigen Größe erhalten, stellt somit aber auch keine Verbesserung des Ist-Zustandes dar. Durch die 3-geschossige Bauweise belässt der Baukörper der Kirche ihre städtebauliche Dominanz. Diese Beschränkung in der Traufhöhe erscheint dem Preisgericht stadträumlich allerdings nicht notwendig. Der Umgang mit der vorhandenen Topographie ist gelungen. Ein 2. Zugang von Westen aus zum Ratssaal wird grundsätzlich begrüßt, erscheint allerdings überdimensioniert. Der Grundriss ist klar organisiert, die Funktionsbereich sinnvoll zugeordnet. Das zentrale Atrium gewährleistet eine gute Übersichtlichkeit. Die 3-geschossige Rückwand der Sanitärkerne wie auch die Leistungsfähigkeit der angestellten Spindeltreppe werden kritisch bewertet. Eine Belichtung von oben über einen Glasbau sollte überprüft werden. Durch seine kompakte Bauweise liegt der Entwurf im wirtschaftlichen Bereich und lässt einen wirtschaftlichen Betrieb erwarten. Das Gebäude liefert grundsätzlich gute Randbedingungen für ein nachhaltiges Energiekonzept. Insgesamt stellt der Entwurf eine angemessene und gute Antwort auf die gestellte Aufgabe dar.