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Foto: Ulrike Fischer und Alexander Scheidel
Lederstraße 576227 Karlsruhe-Durlach
40 qm überbaute Fläche I 80 qm GrundstücksflächeVertikales Wohnen auf kleinstem Raum durch innerstädtische Nachverdichtung
Ein kleines, neues Wohnhaus auf 40qm Grundfläche bildet den Abschluss einer bestehenden historischen Häuserzeile in Karlsruhe Durlach. Das bis dahin als Parkplatz genutzte Grundstück befindet sich an einer Schnittstelle zwischen der gewachsenen Altstadt und einem Gewerbeareal. Hier kommen viele spannende Fragen und aktuelle Themen, wie städtische Nachverdichtung und Wohnen auf kleinstem Raum zusammen. Die Typologie des Wohnens reagiert auf die heutigen gesellschaftlichen Herausforderungen und Prozesse: Der Baugrund ist wertvoll und teuer, die Ressourcen sind endlich.
Die Räume entwickeln sich als Wohn-Kontinuum auf vier Ebenen in der Vertikalen. Der Innenraum lebt durch das spannungsvolle Spiel von niedrigen und hohen Räumen. Auf enge Raumsequenzen folgen offene und zusammenhängende Raumfolgen. Der Luftraum gibt dem "Wohnen im Minimalen" Großzügigkeit.
Neben der Typologie des Wohnens auf kleinstem Raum ist der Ort als Anknüpfungspunkt für den Entwurf maßgebend. Jeder Ort bringt unterschiedliche Gegebenheiten mit sich und hat einen eigenen Charakter. Eine wesentliche Frage ist daher immer, wie sich der neue Baukörper in die vorhandene Situation einfügt. Was prägt den Kontext in seiner Struktur, in seiner Identität, in seiner Atmosphäre? Und wie können Themen des Ortes weitergedacht werden? So weitergedacht werden, dass etwas Neues entsteht, das aber die Identität des Ortes stärkt und weiterträgt.
Die komplexe Geometrie des Grundrisses ergibt sich hier zwangsläufig aus dem Ort und seinen eng gesteckten Parametern, wie die Begrenzung durch die Straßen, Nachbarschaft, Dachlandschaft, Baulinien und Öffnungen. In der Gestaltung der Fassade wird das historische Erscheinungsbild der Altstadt Durlach aufgegriffen, neu interpretiert und weiterentwickelt, sodass etwas Neues entsteht, das aber die Identität des Ortes stärkt und weiterträgt.
Über die plastische Ausformulierung wesentlicher Elemente, wie die auskragenden Traufgesimse, der Kamin, das Vordach, der Sockel, die kubisch, leicht abgesetzten Gauben, sowie die Ausbildung von Fensterfaschen fügt sich der neue Baukörper in die vorhandene Situation ein und schafft einen Dialog mit dem Ort.
Bauweise und Materialität
Die komplexe Geometrie, sowie die Forderung nach einer möglichst knapp dimensionierten Wandkonstruktion führten zu der Entscheidung, den umhüllenden Wandaufbau als sichtbare plastische Betonstruktur mit einer 16 cm starken Innendämmung aus Foamglas (60% aus rezykliertem Altglas, 100% recyclingfähig) zu konzipieren. Die Außenwand in Sichtbeton spielt mit der Thematik der Addition und Subtraktion. Die rauen Flächen entstehen durch die handwerkliche Technik des Beton-Stockens. Durch das Wegnehmen von Masse bleiben Fensterfaschen und Sockel als erhabene, glatte Elemente stehen. Die Fassade zeigt sich somit in einem Wechselspiel aus glatten und gestockten Sichtbetonflächen. Wesentliche Elemente werden als skulpturale Elemente ausgeformt und betont und treten deutlich aus der Fläche hervor.
Der Dachstuhl aus Holz war konstruktiv herausfordernd. Die Dachfläche im Süden ist aufgrund der Geometrie windschief. Auf der Nordseite gleicht die aufsteigende Traufe die in sich gekrümmte Fläche aus. Der ortstypische rote Biberschwanzziegel legt sich abschließend wie ein textiles Kleid auf die Dachfläche. Die roten Gauben haben eine handwerklich große Präzision. Sie sind kubisch und leicht vom Dach abgesetzt und setzten den Rhythmus der Gauben der Nachbarhäuser im Straßenverlauf fort.
Die Entwurfsidee ist kein vorgefertigtes Konzept, sondern sie entwickelt sich im Dialog aus den Gegebenheiten des Ortes. Neben der Einpassung des Baukörpers in den historischen Kontext, führt die gewählte Materialität, sowie die handwerklich gute Ausführung im Detail zu einer werthaltigen, lokal verankerten Architektur.
Energiekonzept
Die Einsparung von Ressourcen und Energie beim Bauen fängt mit der Frage an, wieviel Fläche und Raum pro Person überhaupt nötig ist. Hier zeigt die Konzeption des Wohnhauses auf konsequente Art, dass ein geringerer Raumbedarf und räumlich-architektonische Qualitäten sich nicht ausschließen. Von den 80m2 innerstädtischer Grundstücksfläche wurden nur 40m2 Grundfläche überbaut. Die Räume entwickeln sich als spannungsvolles Wohn-Kontinuum auf vier Ebenen in der Vertikalen und geben dem „Wohnen im Minimalen“ maximale Großzügigkeit für eine dreiköpfige Familie.
Auf eine Unterkellerung wurde explizit verzichtet, sodass die Gründung des Hauses mit minimalem Materialaufwand und Erdaushub realisiert werden konnte. Bereits auf dem Grundstück verbaute Materialien, wie Pflastersteine wurden im Hof wiederverwendet.
Durch den kompakten Baukörper, sowie den geringen Fensterflächenanteil bei gleichzeitig optimierter Orientierung der Öffnungen, ist der Energiebedarf des Wohnhauses äußerst gering und wird über den Einsatz einer Luft-Wärmepumpe vollständig gedeckt. Es sind keine weiteren Energiequellen notwendig. Der Endenergiebedarf des Hauses liegt im Bereich A+. Zur Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes werden die Massivbauteile als Speichermasse eingesetzt. Ein außenliegender Sonnenschutz in Form von Faltläden dient im Sommer der Verschattung.
Das Haus 4080 repräsentiert als Beispiel einer innerstädtischen Nachverdichtung in der konsequenten Reduzierung des Flächenverbrauchs und dem damit verbundenen Einsparpotential von Ressourcen, eine nachhaltige und zukunftsfähige Alternative zum Einfamilienhaus auf der grünen Wiese.
Architektur
LINKING ARCHITECTURE Prof. Dr. Ulrike FischerDurlacher Allee 32 76131 Karlsruhe
Bauherrschaft + Fotos
Dipl.-Ing. Alexander Scheidel Prof. Dr. Ulrike FischerLederstraße 576227 Karlsruhe
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.