Beispielhaftes Bauen

Städtebau
Das Wohn- und Geschäftshaus befindet sich am östlichen Stadteingang, direkt hinter dem Bahndurchlass, auf dem Gelände eines ehemaligen Gasthofes und füllt die klaffende Baulücke, auf der sich jahrelang eine Parkfläche befand, zwischen Bahndamm und angrenzender Wohnbebauung. Durch die Anordnung des Neubaus konnte eine Südwest-Ausrichtung aller Wohnungen mit Blick über die Stadt Nagold und zum Schlossberg erreicht werden.

Soziologie
Es entstand eine große Grünfläche über der Garage mit 10 PKW-Stellplätzen, die den HausbewohnerInnen in allen Geschossen zugutekommt. Der Garten mit Obstbäumen und Beerensträuchern dient als gemeinsame Nutzfläche zur Förderung der Wohngemeinschaft innerhalb des Gebäudes. Dieses Miteinander wird seit Bezug des Gebäudes im Herbst 2019 intensiv gelebt. Alle kennen sich und man redet bei Begegnung im Treppenhaus miteinander. Immer wieder steht mal eine kleine Aufmerksamkeit vor der Wohnungstür, es werden Geburtstagsgeschenke gemacht und es sind mittlerweile sogar Freundschaften entstanden. Gemeinsame Haus- und Gartenfeste finden das ganze Jahr über regelmäßig statt.

Von Anfang an stand bei der Entscheidung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses die Begegnung und das Gespräch miteinander als Idee im Vordergrund. Ein anonymes Mietshaus sollte unter allen Umständen vermieden werden. Das Treppenhaus wurde daher nicht nur als Notwendigkeit auf kleinstem Raum realisiert, sondern als Kommunikationsfläche mit viel Tageslicht und direkten Sichtbeziehungen über die einzelnen Geschosse hinweg.

Bei der Materialwahl wurde auf authentische Oberflächen geachtet – statt Hochglanzgranit aus China und weiß lackierten Stahltüren, wurden heimischer Muschelkalk und Eiche furnierte Türen für das Treppenhaus ausgewählt. Bereits am Haupteingang werden die Bewohner:innen und Besucher:nnen mit haptischen Holzoberflächen empfangen. Holz-Aluminium-Fenster statt Kunststoff-Fenster und Eicheparkett befinden sich in allen Wohnungen.

Wohnungen
Der 5-geschossige Massivbau beherbergt insgesamt sieben Wohnungen in unterschiedlichen Größen. Wohnen, Essen und Kochen sind offen zueinander angeordnet – dieser Bereich ist in allen Geschossen komplett verglast. Die vorgelagerten Balkone wurden wellenförmig ausformuliert, hierdurch entstehen unterschiedlich breite Zonen vor den Wohnräumen. Die weit ausladenden Balkone sorgen für eine natürliche Verschattung der großflächigen Glasfassaden, was dem sommerlichen Wärmeschutz dient, Außenvorhänge dienen der Verschattung bei tief stehender Sonne und sind gleichzeitig Sichtschutz. Sonnenschirme konnten hierdurch vermieden werden.

Die Balkongeländer wurden als gelochte Faltbleche aus Aluminium hergestellt. Somit bleibt die Privatsphäre gewahrt und der Durchblick von innen nach außen ist dennoch gewährleistet. Das Schattenspiel und die Perleffekte bei entsprechendem Sonnenstand sind angenehme Nebeneffekte. Nach Norden und Osten sind die Fassaden eher geschlossen gehalten und wurden mit Einzelfenstern als Lochfassaden ausgebildet. Die einschaligen Mauerwerkswände sind grob verputzt und dunkel gestrichen, um das Gebäude „zurückzunehmen“. Lediglich die glatten Putzfaschen um die Fenster sind weiß gestrichen und bewusst überzogen groß gewählt, um die spielerische und unregelmäßige Anordnung der Fenster zu unterstreichen.

Energiekonzept
Das Mehrfamilienhaus wurde als Effizienzhaus 70 ausgeführt. Die Beheizung erfolgt durch Wärmepumpen mit vier Erdwärmesonden, die jeweils bis in 150 m Tiefe reichen. Durch die großflächigen Fußbodenheizungen wird im Sommer emperiertes Wasser geleitet, womit ein leichter Kühleffekt erreicht und tatsächlich spürbar wird. Eine großflächige Photovoltaikanlage auf dem Flachdach, mit einer Leistung von 21 kWp, rundet die Einsparung von Primärenergie ab. Stahlbeton-Geschossdecken und Bimsmauerwerk in einer Dicke von 36,5 cm bieten genügend Speichermasse.