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Foto: Roland Halbe
Eberhardstraße 171634 Ludwigsburg
Wettbewerb: 1. Preis 2007 Bauzeit: 2010-2013BGF: Altbau 2.650 m² / Neubau 570 m²BRI: Altbau 10.642 m³ / Neubau 3.018 m³
Eigentlich handelt es sich um einen Gemischtwarenladen. Unter einem Dach versammeln sich Geschichte, moderne Kunst, Touristeninformation und ein Café und dies in einem baulichen Komplex, der Alt- und Neubau auf engem Raum miteinander verbindet. Und doch macht das Ganze einen Sinn. Wie in einer lebendigen Stadt, in deren Kultur, vor allem der Baukultur, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander ein Ganzes sind und damit das „Bild der Stadt“ ausmachen, soll das Triptychon der Zeiten baulich und inhaltlich zu einem Ganzen verschmelzen. Keine einfache Aufgabe, angesichts des Budgets, der alten Bausubstanz und dem Programm. Und wie immer in solchen Fällen greift der Bauherr zu einem bewährten Mittel, das Problem zu lösen: Er schreibt einen Wettbewerb aus.
Den Architekten war ein mehrfach um- und verbautes barockes Gebäude gegeben, das winkelförmig den Rand des Eckgrundstücks im Stadtzentrum besetzte. Von der Nebenstraße aus führt ein Torbogen in den Innenhof, der einmal vom erwähnten Gebäudewinkel, einmal von einem mediokren Anbau der fünfziger Jahre und schließlich von einer auch nicht ganz ansehnlichen Rückwand des benachbarten Kaufhauses gebildet wurde.
Bei der Verteilung der gewünschten Räume und Flächen hätte alles gut aufgehen können, wie bei einer glücklich gelegten Patience. Aber immer blieb bei diesem Spiel eine Karte übrig, eine die eine ziemlich große Fläche beinhaltete, nämlich die der Wechselausstellung, die eben so groß wie die Fläche des Innenhofes sein sollte. So einfach aber wollten wir die Karte nicht ablegen, denn der Hof dieses Komplexes schien uns ein zu wertvolles Pfand, um es einfach einer naheliegenden Verfüllung preiszugeben. So entschieden wir uns das Risiko einzugehen und den Hof durch eben den Raum der Wechselausstellung zu unterbauen. Es war vermutlich der wichtigste Schritt zum ersten Preis, mit dem die Arbeit ausgezeichnet wurde.
Aus der Luft betrachtet änderte sich also am Grundstück nahezu nichts. Lediglich der Anbau der fünfziger Jahre, in dem über längere Zeit die Polizei zusätzliche Flächen erhalten hatte, wurde durch einen Neubau mit ähnlichem Volumen ersetzt. Dort zeichneten wir den Raum für den Kunstverein, weil in dem Volumen nicht nur die geforderten Quadratmeter abgebildet werden konnten, sondern auch die Belichtung durch Oberlichter und der rechteckige Raumzuschnitt ein ideales Angebot darstellte.
Nicht ganz so einfach gestaltete sich der Umbau des barocken Bestands. Es geht dabei ja nicht nur um die Ertüchtigung der alten Baukonstruktion. Schwierigkeiten bereiten immer die Auflagen durch den Brandschutz, verbunden mit den Möglichkeiten der Entfluchtung des Hauses, die technisch notwendige Aufrüstung, um auch hier den Vorschriften, aber auch den Bedingungen des Ausstellungsguts gerecht zu werden, den Anforderungen der Statik, der Bauphysik und schließlich der Funktion in Einstimmung zu bringen. Das aber ist zunächst eine Alltagsaufgabe, nämlich die Dinge so zu ordnen, dass sie ein funktionsfähiges Ganzes ergeben. Wäre da nicht die Hüterin der Geschichte, die Denkmalpflege, die ihre Aufgabe in erster Linie im Erhalt aller für die Geschichte des Ortes wichtigen Teile sieht und die in den flott gezeichneten Vorschlägen der Architekten nicht einen ästhetischen Gewinn, sondern den Verlust von dokumentarischen Werten sieht.
Vor allem dieser Umstand ist es, der vom konsequenten und logischen Entwurf zu einem Entwerfen in Schlangenlinien mutiert und der vor allem im Zusammenspiel mit dem vorgegebenen Budget dem Gang über den Schwebebalken gleicht. Da stellt sich schnell heraus, dass die Liebe zur Architektur des alten Hauses verbunden mit dem Wunsch, seine Gestaltqualitäten noch zu verbessern, eher der Kür gleicht, während der Erhalt und die Sicherung von Dokumenten im Wesentlichen eine Pflichtübung darstellt.
Die schönen Beispiele, die wir Architekten im Umgang mit alter Bausubstanz so mögen und als Beispiele gerne anführen, in der Hoffnung, die Fachvertreter der Denkmalpflege sprängen uns um den Hals, erweisen sich öfters als Rohrkrepierer, als wir ahnen. Scarpa etwa bleibt ein schöner Traum…
Aber irgendwie erledigt sich der Konflikt zwischen Möglichkeits- und Wirklichkeitssinn. Der entscheidende Streitpunkt, nämlich die Lage der Treppen und des Aufzugs sowie die Einbringung eines Luftraums, der sichtbar das Ausstellungsgeschoss des Stadtmuseums mit der Eingangsebene verbinden sollte, konnte durch eine grundsätzliche Umkrempelung des Entwurfs beiseite gelegt werden. An Stelle des geplanten zentralen Eingangs von der Hauptstraße, der Wilhelmstraße, betreten wir das Erdgeschoss von der abzweigenden Eberhardstraße, dort, wo die Polizeiposten zuvor ebenfalls in das Haus gingen. Das eigentliche Erdgeschoss liegt ein paar Stufen höher und öffnet sich in Blickrichtung in den Luftraum des Obergeschosses. Links davon wurden die zu erhaltende Enfilade der Räume die Touristeninformation, die Theke für das Museum sowie das Cafe untergebracht. Ein durchgehender Tresen verbindet die einzelnen Funktionseinheiten. Auf der rechten Seite wurde der Altbau nun um ein Treppenhaus erweitert, das in die Ausstellungsräume des Stadtmuseums führt. Der Auftakt dazu geschieht allerdings gleich auf der Eingangsebene, wo sich im Raum gleich rechter Hand nach dem Eingang das historische Stadtmodell mit der Fläche zur Einführung interessierter Besucher und anschließend ein kleiner Vorführraum befinden.
Der Zugang für den Kunstverein liegt am hinteren Ende des Foyers, von dem man auch in den Innenhof gelangen kann. Im Untergeschoss, ebenfalls über die zentrale Treppe zu erreichen, befinden sich der Wechselausstellungsraum, die sanitären Einrichtungen sowie die Technik und ein Gewölbekeller, der unter dem Kunstverein liegt und von diesem mitgenutzt werden kann. Eine zweite Treppe auf der nördlichen Hofseite verbindet den Kunstverein mit der Wechselausstellung und sichert die Möglichkeit eines Rundweges durch diese beiden Geschosse.
Die Räume für die interne Nutzung, Verwaltung, Bibliothek oder Archiv befinden sich im Altbauflügel, der im rückwärtigen Teil der Eberhardstraße an Stelle der vorderen zwei Geschosse dreigeschossig ist. Das alles macht die Orientierung, verbal beschrieben, nicht ganz einfach. Aber so ist das eben bei einem Konglomerat von Räumen, die sich aus der verschachtelten Altbausituation ergeben. Gegenüber einem sehr einfachen Grundriss, wie man ihn bei einem Neubau zu entwerfen sucht, hat aber die Abfolge der unterschiedlichen Raumsituationen einen Reiz, da der Weg durch das Gebäude unerwartete Blickbeziehungen bietet und die wechselnden Zuschnitte und Lichtführungen einen abwechslungsreichen Gang durch die Einrichtungen bietet. Die Herausforderung bestand lediglich darin, zu einer dennoch verbindenden Gestaltqualität zu gelangen. Das Urteil darüber bleibt aber dem Besucher vorbehalten…
Die rechtzeitige Einbeziehung der Museumsgestaltung in die Entwicklung der räumlichen Komposition hat sich als ein Vorteil und Glück für das Haus herausgestellt. H.G. Merz, dem die Gestaltung in diesem Bereich übertragen wurde, verstand es, mit großem Verständnis für die baulichen Belange und die räumliche Verzwicktheiten der Altbaussituation eine Synthese zwischen der Hochbauproblematik und den Inhalten der Ausstellung herzustellen. Die gegenseitige Abstimmung, aber auch die Anregungen, die aus der gemeinsamen Arbeit sich ergaben, haben dazu geführt, dass entweder die Architektur oder das Ausstellungsdesign entsprechend reagieren konnte. Man weiß nicht so recht, wenn man sich durch das Haus bewegt, wo die Museumsgestaltung anfängt und die Architektur auf der anderen Seite aufhört. Diesen Umstand muss man umso mehr schätzen, als in vielen Fällen die Gestaltung der Ausstellung getrennt erfolgt und das im Regelfall für das Ergebnis insgesamt negative Auswirkungen hat.
Obwohl das Gebäude zum Straßenraum hin, mit Ausnahme der neuen Farbe und der ebenfalls neuen Dachdeckung nahezu unverändert blieb, waren die konstruktiven Eingriffe im Innern, bedingt durch das alte Tragwerk, enorm. So schien trotz der rechtzeitigen Sondierung durch punktuelles Öffnen der Decke zunächst kein größerer Reparaturbedarf notwendig zu sein. Aber als dann im Rahmend der Instandsetzung die gesamte Decke geöffnet werden musste, zeigte sich ein Schadensbild, das eine aufwendige Sanierung der Balkenköpfe erforderlich machte. Hier, wie an anderen Stellen bestätigte sich die Regel, dass im Altbau immer dort Reparatur notwendig wird, wo man es, trotz intensiven Voruntersuchungen nicht vermutet. Schade nur, dass die finanziellen hohen Aufwendungen im Nachhinein nicht mehr sichtbar sind. Wer ahnt schon, dass das Dach nicht nur neu gedeckt, sondern dass dahinter der Zimmermann monatelang sich mühte, die Konstruktion "auf Vordermann" zu bringen.
Gute Architektur kann nur gelingen, wenn alle am Bau Beteiligten mit Lust und Freude bei der Sache sind. Man kann im Fall von Ludwigsburg sagen, dass dies der Fall war, insbesondere im Zusammenwirken von Stadt, Nutzer, Museumsgestalter und Architekten. Von diesem positiven und engagierten Vorgang profitieren insbesondere Bauten, die man nicht zwangsweise besuchen muss, sondern die, wie das bei Kulturbauten dieser Art der Fall ist, aus Interesse und Lust besucht werden. So wie man sich das von der Stadt als einen spannenden Ort von Geschichte, Gegenwart und Zukunft wünscht. Dem MIK fällt, so sehen wir es, dabei die Rolle zu, das in einem Haus widerzuspiegeln, was die Stadt im Großen ist und sein will.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.