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Foto: Hardy Happle Architektur
Moosenmättle 777709 Wolfach-Kirnbach
Seit über 60 Jahren war der Sumhofspeicher nicht mehr in Gebrauch. Inzwischen hatte die Substanz der Holzkonstruktion auf dem Bruchsteinsockel stark gelitten. Der Besitzer des Sumhofes wollte den Speicher so schnell wie möglich beseitigen. Bauaufnahme und baugeschichtliche Untersuchung ergaben, dass der Speicher im 19. Jahrhundert offenbar stark verändert wurde. Die Untersuchung des zerlegten Holzbaus ergab zweifelsfrei, dass der Speicher bereits zu diesem Zeitpunkt schon einmal versetzt worden war, seitdem aber nicht weiter verändert wurde. Die nachgewiesene historischen Translozierung ist ein Alleinstellungsmerkmal. Der Speicher ist als Denkmal nach § 2 DschG geschützt.
Um den wertvollen Sumhofspeicher zu retten, hatte das Landesdenkmalamt schon im Sommer 2014 die Translozierung auf den 1,4 km entfernten Hinteren Liefersberger Hof vorgeschlagen. Das Einverständnis des bisherigen Denkmaleigentümers lag vor, der Speicher ging in Hardy Happles Besitz über. Der Liefersberger Hof befindet sich im Besitz von Hardy Happle, und wird derzeit als Zweitwohnsitz genutzt. Das über 400-jährige Kulturdenkmal außergewöhnlichen Ranges wurde 2007 denkmalgerecht saniert und ist in einem einmaligen Originalzustand. Es befindet sich weit abgelegen im Außenbereich. Der Kornspeicher des Liefersberger Hofes wurde 1967 abgerissen.
Seit der denkmalpflegerischen Sanierung des Liefersberger Hofes ist das weit abgelegene Hofgut inzwischen dank diverser Tage der offenen Tür, zahlreicher Seminare und insbesondere der Adventsmärkte, die an einem einzigen Tag Ende November über 2.000 Personen anziehen, fest im Bewusstsein der regionalen Bevölkerung verankert und auch überregional bekannt. Viele diese Aktivitäten fanden jedoch – baurechtlich lediglich geduldet – bislang in der Privatwohnung bzw. im unbeheizten und fensterlosen ehemaligen Stall statt. Mit der rettenden Translozierung des bedrohten Sumhofspeichers bot sich die Möglichkeit, auf dem Liefersberger Hof einen dafür zugeschnittenen, prägnanten Ort zu schaffen und auch diesen ehemals landschaftsprägenden Bautyp wieder ins Bewusstsein zu rücken und in Wert zu setzen.
Zielsetzung war eine bestandssichernde Umnutzung, mit der das Denkmal der Gegenwart neu gewidmet und zugeeignet wird. Mit der zurückhaltenden und maximal substanzschonenden, aber eben nicht musealen Umnutzung des Sumhofspeichers als Kulturraum soll außerdem exemplarisch das Potential der Schwarzwälder Speicherhäuser aufgezeigt werden. Die Denkmaleigenschaft des sensibel als Seminargebäude umgenutzten Speichers bleibt vollständig erhalten.
WändeDer zweischalige Aufbau rund um die Knechtekammern erlaubte, eine verborgene Dämmebene zwischen den historischen Hölzern einzuziehen. Alle historisch einschaligen Wände wurden entweder außen oder innen mit Holzwolle aufisoliert. So bleibt immer eine historische Schauseite erfahrbar. Die neuen Holzverkleidungen sind in Schwarzwälder Weißtanne ausgeführt und setzen sich durch ihre klaren maschinengeraden Kanten deutlich von den handbehauenen Hölzern des historischen Speichers ab. Die sichtbaren Bestandshölzer wurden lediglich gesäubert und stehen durch Farbe und Haptik in Kontrast zu den neu hinzugekommenen Materialien.
Konstruktiver HolzschutzFür die Holzbaukunst im Schwarzwald war und ist der konstruktive Holzschutz bestimmend. Das Schadensbild bei Befund machte die Schwachpunkte des Kornspeichers sichtbar. Dazu gehörten Kontakt mit Erdreich und eine extrem bewitterte Rückfassade, die seit der ersten historischen Translozierung nur mangelhaft geschützt war. Die neue Deckleistenschalung wird zwar weiter stark bewittert und vergraut, ist aber nun gut belüftet und durch Vorsprünge und unter schützendem Dach vor ständiger Nässe geschützt. Im Bereich der Galerie werden die Balkenköpfe der Tragstruktur zwischen UG und EG von den Brettern der Balustrade wieder adäquat geschützt.
KornkästenKlassischerweise sind die Eingänge in die Kornkästen in einem Speicher immer so gelegen, dass sie vom Hofgebäude einsehbar sind. Diese Lagerräume enthielten schließlich die lebenswichtigen Nahrungsmittelvorräte des Bauern. Bei der Translozierung wurde auf diese Anordnung bewusst verzichtet. Der Speicher wurde sozusagen auf der falschen Seite des Hauses aufgebaut. Auch so wird die nun neue Nutzung beziehungsweise der neue Standort kommuniziert. Die Kornkammern selbst bleiben als Zeugnis der ehemaligen landwirtschaftlichen Nutzung original erhalten und werden zur Trocknung und Lagerung von Kräutern und Früchten genutzt.
SockelgeschossDas historische Mauerwerk des Speichers konnte nicht transloziert werden, es musste ein zeitgemäßer und dennoch angemessener Ersatz gefunden werden. Der moderne Baustoff Beton interpretiert den historischen Sockel, in den Abdrücken der Schalbretter zeigt sich die Verbindung zu dem aufliegendem Holzbau. Die Konstruktion der zweischaligen Sichtbetonwände erlaubte den Einbau des historischen Türgewandes. Die historische Kellertür wurde aufgedoppelt und wieder eingesetzt – mit einem Holzgelenk wie einst üblich. Alle weiteren Materialien folgen dem Prinzip der Nachhaltigkeit und der Bautradition im Schwarzwälder Kulturraum.
Pflege des kulturlandschaftlichen Erbes und regionale BaustoffeDer Sumhofspeicher bildet am neuen Ort auf dem Liefersberger Hof ein wegweisendes Beispiel für die sehr wohl mögliche Weiterverwendung und In-Wert-Setzung dieses für den Schwarzwald ehemals sehr prägenden und heute so stark bedrohten Gebäudetyps. Die Sanierung, Umnutzung und Erweiterung in Blockbauweise geschah unter Verwendung einheimischen Holzes in traditioneller Technik.
Erneuerbare EnergienIn Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt und unter Beratung durch die Experten des Fraunhofer Institutes für solare Energiesysteme ISE in Freiburg wurde auf der südlichen Dachfläche des Speichers eine großfläche Photovoltaikanlage als homogene In-Dach-Lösung in Verbindung mit einer Batteriestation im Keller des Gebäudes installiert. Die einander überlappenden, rautenförmigen und rahmenlosen Platten der Solaranlage erinnern an die Schindelbekleidung älterer Dächer. Ziel war die Schaffung einer denkmalgerechten Musterlösung. Das Umnutzungskonzept unter Aussparung der denkmalkonstituierenden Kornkästen und mittels eines neun Unterbaus für die installationsintensiven Bereiche, ermöglicht die Umsetzung geltender energetischer Neubaustandards, ohne den historischen Bestand zu beeinträchtigen. Der Einsatz einheimischer Weisstanne als Hauptbaustoff in energiearmer traditioneller Bautechnik sorgt für Nachhaltigkeit, wie sie für die Weiterverwendung eines Jahrhunderte alten Gebäudes per se bereits gegeben ist.
ZusammenfassungEine Umnutzung bedingt natürlich Eingriffe in ein Gebäude. Dennoch konnte die Zielsetzung – die Rettung der historischen Substanz, das integrale Erhalten des Aufbaus und dessen In-Wert-Setzung - trotz moderner Ansprüche an das Gebäude umgesetzt werden. Die neue Nutzung wird durch Lage, Befensterung, Erschließung und Bedachung klar kommuniziert und nicht verschleiert. Zugleich werden die identitätsstiftenden Qualitäten des historischen Speichers herausgearbeitet und präsentiert.Dieses Projekt soll allen Besuchern und Besucherinnen zeigen, dass der Denkmalwert eines Gebäudes einen Mehrwert darstellt und Denkmalschutz nicht mühsame Vorschrift, sondern erstrebenswerte Auszeichung ist – mehr noch: Hier hat nur der Denkmalschutz die Weiterentwicklung der Hofreite des Liefersberger Hofes überhaupt erst ermöglicht. Die Umnutzung von Gebäuden, die ihre landwirtschaftliche Daseinsberechtigung verloren haben, erschließt ein enormes und zu oft ignoriertes Potential.
Aktuelle Ergebnisse, die Prämierungen aus den letzten beiden Jahren sowie die ausgelobten Verfahren in diesem Jahr inklusive Tipps zur Teilnahme finden Sie hier.