Beispielhaftes Bauen

Geschichte
Das Gebäude des Vereinshauses Maichingen wurde ursprünglich 1938 als Heim für die Hitlerjugend errichtet und diente in der Nachkriegszeit als Landjugendwohnheim und Heimschule des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Nach einer zehnjährigen Phase des Leerstands entschied man sich in Abstimmung mit dem Bauherren, zukünftigen Nutzer:innen und der Bevölkerung zur Umnutzung zu einem Vereinshaus.

Entwurfsansatz
Der Erinnerungskultur bedingt fiel die Entscheidung zur Umnutzung des als Langhaus entworfenen Bestands. Es sollte ein kultureller Ort geschaffen werden, der nun dem Kinderschutzbund, der Stadtranderholung, dem GSV Maichingen und dem Musikverein Maichingen ein anpassungsfähiges, neues Zuhause bietet. Die Grundstruktur des Bauwerks mit seinen schlanken Proportionen sollten beibehalten, eine vollumfängliche Instandsetzung durchgeführt und die notwendig gewordene Erweiterung gemäß den zeitgemäßen Raumanforderungen geschaffen werden.

Der Saal manifestiert sich deutlich ablesbar und transparent zum Platz und zur angrenzenden Turn- und Festhalle und stellt unmittelbar die Beziehung von alt zu neu her. Die historischen Außenstützmauern aus Natursteinen wurden als Zeitdokument belassen, die bauphysikalischen und energetischen Anforderungen mittels einer Innendämmung gewährleistet und die Gebäudeteile wie Fenster und Klappläden in den ursprünglichen Proportionen wertig erneuert. Das Gebäude wurde aus Gründen der Erdbebensicherheit betreffend durch innenliegende, nicht sichtbare Stahlkonstruktionen statisch ertüchtigtet, die inneren Räumlichkeiten wurden behutsam erneuert. Die neue Stahltreppe wurde um einen Luftraum erweitert, um eine größere Verbindung zwischen den Geschossen zu erreichen. Gleichzeitig wurde hier das alte Traggebälk des Hauses zum Teil freigelegt.

Inhaltlicher und baukörperlicher Schwerpunkt des Gebäudes ist der große Musiksaal, der aus dem Bestand heraustritt und durch seine neuzeitliche Materialität mit wetterfesten Fassadentafeln aus Cortenstahl in Kontrast zum mineralischen Sanierungsputz tritt. Die Stahlfassade wird sich im Laufe der Zeit verändern und ihre eigene Patina annehmen. Großzügige Verglasungen in Richtung der im Süden befindlichen gemeinsamen Mitte mit der Turn- und Festhalle lassen das Haus regelrecht »aufatmen«. Durchblicke über die große Verglasung des Saales mit den zwei großen, bestehenden Bäumen bilden eine kompositorische Einheit und erzeugen eine spannende Raumsequenz mit maximaler Transparenz, bei der ein nahtloses ineinander gehen zwischen innen und außen auftritt.

Ausblick
Die Revitalisierung und Erweiterung des Vereinshauses Maichingen ist ein gelungenes Beispiel für den reflektierten Umgang mit der Bauhistorie und der historischen Bausubstanz sowie die Integration moderner, nachhaltiger Bauweisen. Durch die Umnutzung wurde das Haus zu einem Ort, der das kulturelle Leben im ländlichen Raum für eine demokratische Zivilgesellschaft stärkt.