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Reg.Nr.: 2006-1-21Aufgabe: Bauwerksplanung für die Erweiterung und den raumbildenden Ausbau eines 7-geschossigen Lagergebäudes (Hagenbucher) zu einem Science-Center für Naturwissenschaft und Technik sowie die Gestaltung der direkt anschließenden Freifläche
Auslober: Stadt Heilbronn
Wettbewerbsart: begrenzt offener Realisierungswettbewerb
Zulassungsbereich: EWR/WTO
Teilnahmeberechtigung: Architekten, Garten- und Landschaftsarchitekten, Innenarchitekten, Garten- und Landschaftsarchitekten und Innenarchitekten nur in Arbeitsgemeinschaft mit Architekten
Teilnehmer: 294 Bewerbungen, 32 Ausgewählte, 31 Teilnehmer
Fachpreisrichter: Karl Frey, Eichstätt; Prof. Jo Frowein, Freiburg; Wilfried Hajek, Heilbronn; Prof. Bü Prechter, Nürtingen; Folker Trostdorf, Stuttgart; Prof. Fritz Wilhelm, Freiburg (V); Adolf Herzog, Heilbronn; Dirk Vogel, Heilbronn
Wettbewerbssumme: 67.000 Euro (zzgl. MwSt.)
Preisgericht: 29.03.2007
Der städtebauliche Ansatz, dem Hagenbucher seine Eigenständigkeit zu wahren und durch einen ebenbürtigen Anbau zu ergänzen, ist ein sehr gelungener Ansatz. Beide Baukörper, alt und neu, zeigen eine klare und eindeutige Ausdrucksform. Positiv gesehen wird die Zäsur zwischen Anbau und Altbau und die vorgesehene Überschiebung der Baukörper, die den Anbau auch im städtebaulichen Kontext deutlich ablesbar und erlebbar machen. Die vorgeschlagene Erschließung von Norden ist sinnvoll. Kritisch gesehen wird die Zuordnung der Funktionsbereiche Kasse, Garderobe, Shop, Eingangsbereich auf unterschiedlichen Ebenen und der damit verbundenen teilweise fehlendenden Sichtbeziehungen. Die Erschließung der jeweiligen Geschosse über die Treppe und den Fahrstuhl im Neubau ist sehr reduziert. Die vorgeschlagene Breite der Treppe mit den anschließenden Erschließungsvorflächen ist im Hinblick auf die zu erwartenden Besucherströme zu überprüfen. Die vorgeschlagene Treppenanlage mit ihren Öffnungen, Durchblicken und Ausblicken eröffnet interessante Blickbeziehungen. Der neue Baukörper ist zurückhaltend und schlicht in seiner Gestaltung, aber dennoch von hoher gestalterische Qualitäten. Dies erfordert allerdings auch eine sensible Umsetzung im Detail. Die auf den Dachflächen vorgesehenen Aufbauten sind zurückhaltend. Eine Wahrnehmung nachts im beleuchteten Zustand ist gegeben. Grundsätzlich ist die Wahl der vorgeschlagenen Materialitäten plausibel und nachvollziehbar. Die in den Plänen dargestellt Grünfärbung der Glasmaterialien im Treppenhaus wird in seiner Intensität hinterfragt. Das Flächenkonzept für die Ausstellung ist schlüssig und lässt eine vielfältige Nutzung für den späteren Betreiber zu. Der Eingangsbereich und die fehlenden Technikflächen von ca. 200 qm erfüllen die gestellten Anforderungen nicht. Aufgrund der kompakten Gebäudeform ist energetisch eine gute Effizienz zu erwarten. Durch die Kompaktheit und Schlichtheit ist eine wirtschaftliche Umsetzung zu erwarten. Insgesamt ist der vorgeschlagene Entwurf städtebaulich und funktionell ein sehr interessanter und gute Arbeit. Der schlanke Baukörper fügt sich angenehm in den Park ein. Durch die Einbeziehung des Mühlgrabens in den Baukörper wird das Thema Wasser wirkungsvoll inszeniert. Interessant ist die stegartige Ausbildung der Restaurantterrasse. Die Nutzung des jetzigen Parkplatzes im Süden für die Freiluftexponate erscheint sinnvoll, wenn auch die formale Aussage nicht überzeugt. Die Wegebezüge sind nur teilweise erklärt. Der Entwurf generiert seine Idee aus der unfertigen Nordseite des Hagenbucher-Baus, er fügt einen klar geschnittenen Neubau in verwandter Materialität hinzu, der in die Blickachse zur Innenstadt gerückt wird. Die Schnittstelle der beiden Bauvolumen wird so thematisiert, dass eine spannungsvolle Erschließungszone entsteht. Diese Fuge ist auch materialtechnisch von den Klinkerhüllen abgesetzt und soll gläsern und lichttechnisch kontrapunktisch zur Klinkerhaut in Erscheinung treten. Diesem Gestaltungskonzept wird eine hohe Prägnanz und Eigenart bescheinigt.
Die Idee den Neubau als filigranen, leichten Rucksack über die Nordseite des behäbigen, schweren Hagenbucher zu hängen, wird als konsequenter Entwurfsansatz anerkannt. Der Anbau auf der Nordseite erfolgt an der richtigen Fassadenseite. Die filigrane, plastisch geformte Konstruktion steht in spannungsvollem Kontrast zur Blockhaftigkeit des Altbaus und belässt dem Hagenbucher seine signifikante Identität. Die eingeschossige Überhöhung des Neubaus führt zu einer maßstäblich guten Ensemblewirkung mit reizvoller Dachterrasse. Die Grundrissorganisation ist schlüssig aus dem gewählten Entwurfsansatz entwickelt. Leider stört die mittlere in den Altbau gelegte Erschließungszone die Nutzungsverbindung zwischen alt und neu und schränkt die Ausstellungsflächen im Altbau unerwünscht ein. Die einzelnen Geschossebenen folgen im Prinzip einer Dreiteilung, Ausstellung und Erschließungszone im Altbau, Sondernutzungen wie Labore, Vortrag, Verwaltung u. a. im Neubau. Das Raumprogramm ist weitgehend erfüllt. Die wirtschaftlichen Daten liegen aufgrund der Kompaktheit im günstigen Bereich. Der nördliche Anbau nimmt Rücksicht auf die Parkanlage und eröffnet spannende Blickbezüge in die Parklandschaft und auf die Marina. Über die beiden Eingänge im Norden und Süden ist das Gebäude gut an die vorhandenen Wegebezüge angebunden. Negativ wird die dichte Benachbarung von Andienung und Aussengastronomiefläche gesehen. Die Exponate im Freien sind wirkungsvoll positioniert. Der Entwurf schreibt durch seinen Neubau die Figur des Hagenbuchers als Solitär und Skulptur fort, ohne ihn in seiner heutigen Signifikanz zu erdrücken. Diese Qualität zeichnet den Entwurf besonders aus.
Diese Arbeit schlägt zwei Maßnahmen zur Unterbringung des Science Centers im Hagenbucher vor: zum einen eine 4-geschossige Aufstockung und zum anderen einen im Norden angelagerten Sockelbau. Am nördlichen Ende des Sockels wird das Café des Centers angehängt. Dies führt zu einer platzartigen Ausbildung des Nordbereichs Hagenbucher, wobei der angrenzende Parkbereich leider ausgegrenzt wird. Der Zugang zum Science Center erfolgt über diesen Platz und auch über den südlichen Vorbereich. Dies verwirrt. Es wäre besser, den Südbereich in diesem Konzept zum Skulpturengarten zu erklären und ihn nicht in den Nordbereich der abhängt, zu verlegen. Vom Eingangsbereich aus muss man rückläufig die Treppenhäuser angehen, um zur Ausstellung im Altbau und zur Wechselausstellung im Sockelbereich zu gelangen. Die Wechselausstellung ist als große zusammenhängende Fläche angeboten mit Außenbezug zum seitlich liegenden Kanal. Die angebotene Verknüpfung zum Café ist unerlässlich, verbindet sie Café und Science Center-Eingang; dass dies nur über die Wechselausstellung möglich ist, ist sicherlich ein Manko. Die Lichtfuge zwischen Café und Hagenbucherplatz trennt zu sehr ab. Eine flächige Ausleuchtung des Wechselausstellung über die Platzfläche wäre denkenswert und angemessener. Die Aufstockung des Hagenbucher führt zu einer größeren Fernwirkung. Das aufgesetzte Volumen "schwebt" über dem Ziegelsockel. Eine zwischengelagerte Terrasse mit dem Veranstaltungssaal bietet einen herrlichen Blick über die Stadt. Eine nachvollziehbare, schöne, dem Ort angemessene Lösung. Eine gastronomische Versorgung sollte möglich sein. Im schwebenden Volumen sind die Labore, Wissenschaftstheater und Verwaltung angeboten. Diese Aufstockung könnte mehr vom Inhalt des Gebäudes erzählen. Diese Fassade wirkt technoid, klar und sauber, könnte aber etwas anregender sein. Die Nutzungsverteilung im Gebäude ist so denkbar. Die Einbringung von zusätzlicher Vertikalerschließung und Nebenraumzone im Altbaubereich mindert die Ausstellungsfläche etwas in ihrer Gesamtfläche. Der Entwurf stellt eine sehr angemessene Lösung zur Aufgabe Science Center im Hagenbucher dar. Der Einbezug der Freiflächen erreicht das Niveau der Architekturgestaltung nicht ganz, könnte jedoch problemlos verbessert werden. Von ihren Kennwerten liegt die Arbeit eher im mittleren/oberen Bereich. Durch das Abrücken des Café-Pavillons entsteht eine eingespannte großzügige Freiterrasse, die gleichzeitig als Eingangsplateau und Freiluftausstellungsbereich dient. Die Verlängerung des Mühlgrabens unterstützt das räumliche Konzept. Der angebotene Steg ist falsch platziert. Der nördlich angrenzende Skulpturengarten ist überflüssig und lenkt vom eigentlichen Thema ab. Die Erschließung von Süden her ist attraktiv.
Die Verfasser schlagen als bauliche Ergänzung des Hagenbuchers einen Z-förm-igen gläsernen Baukörper vor der sich als zweigeschossiger Dachaufsatz über die Nordfassade zum nördlich ausgreifenden Foyer mit Wechselausstellung entwickelt. Damit beabsichtigen sie, zum nahegelegenen Neckarturm ein städtebauliches Pendant zu schaffen. Die transparente Materialwahl der angefügten Gebäudeteile erleichtert die Ablesbarkeit von Bestand und Neubau in angenehmer Weise und tritt in der Dunkelheit als städtebaulich weithin sichtbare Leuchtskulptur eigenständig und selbstbewusst in Erscheinung. Über die vorhandene Wegebeziehung ist das Science Center leicht auffindbar von der Nordseite erschlossen. Über das Foyer mit Shop und ersten Exponaten wird der im Erdgeschoss des Altbaus vorgeschlagene erste Teil der Sonderausstellungsfläche erreicht, an den der Gastronomiebereich mit vorgelagerter Südterrasse anschließt. Die neue gläserne Nordfassade beinhaltet die vertikale Erschließung der 7 Obergeschosse mit zwei Treppenhäusern und zwei Aufzügen. Damit sind alle Ausstellungsebenen einschließlich der sich in Ebene 5 und 6 befindlichen Labore und des Wissenschaftstheaters gut erreichbar. Der auf der obersten Ebene vorgeschlagene große Vortragssaal mit seinem Panoramablick über die gesamte Stadt wird durch die hohe Transparenz der umlaufenden Glasfassade besonders spektakulär in Szene gesetzt. Die innere Erschließung ist übersichtlich und erleichtert die Orientierung. Das Raumprogramm wird eingehalten und erfüllt. Die Kostenkennwerte liegen im Mittelbereich aller Arbeiten. Die vorgeschlagene kompakte Gebäudeform lässt einen wirtschaftlichen Betrieb erwarten. Die im Sommer thermisch empfindlichen transparenten Fassadenteile liegen überwiegend auf der Nordseite des Gebäudes. Heizung und Kühlung des Centers werden durch Nutzung von Geothermiesonden in Verbindung mit Fußbodenheizung bewerkstelligt. Ob die aus ökologischen Gründen vorgeschlagene Binsenkläranlage der zu erwartenden hohen Besucherzahlen gerecht werden kann, bleibt abzuwarten. Insgesamt lässt die von den Verfassern vorgeschlagene Proportion, Materialwahl und Fügung den notwendigen Respekt vor dem Hagenbucher erkennen und eine hohe Akzeptanz bei Nutzern und Bürgern erwarten. Hohe städtebauliche Signifikanz ist gewährleistet. Der Anbau im Norden nimmt viel Freiraum in Anspruch. Die Anbindung an das bestehende Wegesystem ist logisch. Die Aussengastronomie direkt am Wasser ist im Süden gut positioniert. Der einzigartige Charakter des Mühlgrabens geht durch den Vorschlag einer Binsenkläranlage vollkommen verloren. Die Darstellung für die Außenausstellung erscheint willkürlich.