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Rag.Nr.: 2007-1-03Aufgabe: Neubau eines Wohn- und Dienstleistungszentrum im Fasanenhof, Stuttgart-Möhringen
Auslober: Grundstücksverwaltung Europaplatz, Stuttgart
Wettbewerbsart: begranzt offener städtebaulicher Architekten- / Investorenwettbewerb
Zulassungsbereich: Bundesrepublik Deutschland, Teilnahme am Wettbewerb ist Interresiert von außerhalb des Zulassungsbereichs, unter Bezugnahme auf Art. 49 des EWG - Vertrags möglich
Teilnahmeberechtigung: Arbeitsgemeinschaften aus Architekten und Investoren
Teilnehmer: 6
Fachpreisrichter: Prof. Cornelia Bott, Korntal; Dr. Bernd Fahle, Freiburg; Andreas Herkommer, Stuttgart; Dr. Detlef Kron, Stuttgart; Prof. Thomas Benz, Stuttgart; Heinz Lermann, Stuttgart; Thomas Bopp, Stuttgart; Folker Trostdorf, Stuttgart (V); Prof. Günter Telian, Karlsruhe; Maja Müller- Djordjevic, Stuttgart; Rainer Wißler, Stuttgart
Wettbewerbssumme: 53.000 Euro (inkl. MwSt.)
Preisgericht: 11.09.2007
Der Entwurf ist durch eine klare Trennung von Einkaufszentrum und Wohnungsbau gekennzeichnet. Das Einkaufszentrum ist auf der heutigen Parkplatzfläche geplant und ermöglicht dadurch eine gute Bauabschnittsbildung. Solange bis das neue Zentrum gebaut ist, kann das alte Zentrum weiterbetrieben werden und damit die Nahversorgung des Fasanenhofs gesichert werden. Diese Funktionstrennung hat jedoch den Nachteil, dass zwischen der neuen Stadtbahnhaltestelle und dem neuen relativ kompakt dimensionierten "Europaplatz" sich eine Fußgängerachse bildet, die nur wenig belebt ist. Der neue – größere – Platz an der Haltestelle und dem Gemeindezentrum muss zusätzlich funktional aufgewertet werden. Der Bedarf eines 2-geschossigen kulturellen Gebäudes an dieser Stelle muss hinterfragt werden. Das Einkaufszentrum in Form einer kompakten einheitlichen Anlage mit zusätzlichen Mehrgenerationenwohnen, Boardinghouse und Praxen verspricht eine gute wirtschaftliche Vermarktung. Der Verkauf über zwei Ebenen wird jedoch kritisch gesehen. Die Raumkanten des sehr massiven Baukörpers sollten im Norden und Westen zurückgenommen werden. Die darunterliegende, große zusammenhängende Tiefgarage mit 470 Stellplätzen für das Einkaufszentrum und die Wohnungen ist zentral von der Fasanenhofstraße erschlossen; separate Gebäudeaufgänge sind vorgesehen. Der 5-gruppige Kindergarten befindet sich zentral westlich des neuen Europaplatzes im Erdgeschoss eines der neuen 8-geschossigen Punkthäuser. Ein 12-geschossiges neues Hochhaus mit Gastronomie im EG und einem davorliegenden Wasserbecken bildet die nördliche Raumkante des Europlatzes und Endpunkt des Boulevards und kann gut den neuen Orientierungspunkt des Quartiers darstellen. Die Höhe dieses Gebäudes erscheint gegenüber dem baulichen Umfeld undefiniert, und könnte durchaus erhöht werden. Der Wohnungsbau mit 245 Wohneinheiten nimmt in dem Entwurf einen großen Anteil ein, über zwei Drittel sind größere Wohnungen mit 3 bis 5 Zimmern. Die Wohngrundrisse sind gut, zum großen Teil nach Süden hin orientiert. Die Bebauung in Form von Wohnhöfen verspricht mit den im Innenhof liegenden Frei-, Grün- und Spielflächen – auch für Familien – ein gutes Umfeld und eine hohe Wohnqualität. Zu dem Freiraumkonzept gehört auch ein Regenwasserkonzept mit Wasserbecken und Regenrinne im Boulevard in die das Dachflächenwasser eingeleitet werden kann. Für die Energieversorgung ist eine aktive und passive Solarenergienutzung möglich. Die einzelnen Gebäude sollen zentral über ein Blockheizkraftwerk und ein Nahwärmenetz versorgt werden. Insgesamt stellt der Entwurf einen guten Ansatz dar, ein neues zeitgemäßes Stadtteilzentrum – mit einem erhöhten Wohnanteil – für das Baugebiet Fasanenhof zu schaffen. Besonderer Wert und Sensibilität sollte auf das äußere Erscheinungsbild der neuen kompakten Gebäude – insbesondere des Einkaufszentrums - gelegt werden.
Der neue Europaplatz, im Süden, an der Stadtbahnhaltestelle wird positiv bewertet. Der Boulevard in Nord-Süd-Richtung verbindet den Platz in attraktiver Weise mit der Naherholungszone im Norden. Die Bebauung fügt sich harmonisch in den Bestand ein und bildet angenehme, begrünte Wohnhöfe. Die kommerzielle Nutzung der EG-Zone erstreckt sich nahezu über das ganze Gebiet und lässt eine Belebung erwarten. Die Gastronomie direkt am Europaplatz wertet diesen auch außerhalb der Geschäftszeiten auf. Die Qualität der Wohnungen ist durchweg gut. Die Anzahl der öffentlichen Stellplätze am Boulevard wird kritisch gesehen, ansonsten wird die gemeinsame Nutzung des Boulevards für Erschließung, Anlieferung und Fußgänger positiv gewertet. Der ruhende Verkehr ist richtiger Weise nach Nutzungen getrennt. Die Fußgängerdurchlässigkeit ist allen Richtungen gegeben. Vermisst wird eine markante städtebauliche Ausformung. Die abschnittsweise Bebauung unter Berücksichtigung der weiteren Nutzung vorhandener Handelsflächen erscheint problematisch. Insgesamt ist die Arbeit ein positiver städtebaulicher Ansatz für die Lösung der Aufgabe.
Der Entwurf ist im ruhigen topografischen Kontinuum des Fasanenhofs von einer großen landschaftlich-räumlichen Veränderung geprägt: Die geplante Stadtbahnhaltestelle wird auf 9 m Tiefe einseitig, weiträumig geöffnet und somit ein über raschender, tief liegender Platzraum geschaffen - der neue Europaplatz. Dieser hat nach Süden zwangsläufig steile oder senkrechte Abstützungen, während nach Norden im Zuge der Freiraumachse ein sanfter Verlauf hergestellt wird. Mit dieser künstlichen Grundidee werden nun die Nutzungen eingepasst und angelagert, in der Hoffnung, mit der räumlich interessanten Disposition auch adäquate Funktionen, Qualitäten und attraktive Wohnangebote zu finden. Dies ist aber leider nicht im erforderlichen Maß und Umfang gelungen. Der Grundmangel der Gesamtdisposition ist die unveränderbare Stadtbahnstation, die zwar gestalterisch von der seitlichen Freilegung profitiert, aber den Erschließungsmangel des Mittelbahnsteiges für die gegebene Situation sichtbar macht. Die Zugangswege sind unverändert umwegig belassen, ohne Reaktion auf die neue Situation. Der westliche, gewerbliche Teil zeigt zwar sehr schöne räumliche Ebenen, Terrassen und Passagen zum tief liegenden Platz. Die innere Organisation der Läden ist jedoch mit der einhüftigen Verknüpfung von drei Ebenen mit Rolltreppen zu komplex und zu aufwändig und unübersichtlich. Die vorgeschaltete Tiefgarage erreicht erst über zwei Ebenen den versteckt liegenden Vollsortimenter. Darüber liegend entwickelt sich dann nur ein Leer- und Luftraumgeschoss, danach erreicht man auf der oberen (natürlichen) Geländeebene den Discounter, die Fachmärkte und die freie Ebene des Kirchenvorplatzes. Die Anordnung eines Cafés ist dort schön gesehen, der 9 m tiefer liegende neue Europaplatz profitiert aber nicht davon. Die obere Ebene des Gewerbeplateaus enthält eine eingeschossige Sondernutzung, die Geländeaufschüttung im Westen ist unharmonisch. Die ausschließlich auf der Ostseite der Grünachse angeordnete Wohnnutzung in 8-geschossigen Wohntürmen und zwei Querzeilen vermag im Gesamtkonzept nicht die erhoffte Wohnqualität erreichen, da die Häuser gegenüber dem großen Gewerbeplateau und durch die östliche Erschließungszäsur in halb überdeckter Tieflage sich von der Umgebung isolieren. Dazu tragen auch die Postamente der Sockelgaragen bei. Der nördliche Auftaktplatz im Zuge der Hauptzufahrt und als Eingang in die Grünachse ist im Gegensatz zum neuen, tief liegenden Europaplatz lieblos gestaltet. Der Entwurf zeigt mit dem neuen abgesenkten Europaplatz einen auf den ersten Blick überraschenden, auch lagerichtigen spannenden Entwurfsgedanken. Der zweite Blick offenbart aber solche funktionale Mängel, dass die interessante und unverwechselbare Ausgangsidee nicht tragen kann.