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Bei der dritten Veranstaltung aus der Reihe „WHAT IF...?!“ des Netzwerks der jungen Architekt:innen und Stadtplaner:innen drehte sich alles um Künstliche Intelligenz. Rund 350 Interessierte nahmen vor Ort im Haus der Architektinnen und Architekten sowie digital teil.
Selten passte der Titel so sehr zu einer Veranstaltungsreihe wie bei „What if...?“, als sich einen Nachmittag lang alles um KI drehte – die Künstliche Intelligenz. Mehr als 250 Interessierte online und knapp 100 im Haus der Architektinnen und Architekten zog das Thema der diesjährigen Veranstaltung des AiP/SiP-Netzwerks an. Eine Slido-Umfrage unter den Teilnehmenden ergab schnell: 55 Prozent nutzten die KI für einfache Routineaufgaben wie E-Mails oder Protokolle, 30 Prozent für Planungsprozesse, aber 30 Prozent noch überhaupt nicht.
Die Erwartungshaltung war dementsprechend: Viel Nutzwert, Erfahrungsberichte, Praxisbeispiele. „Es passiert einiges“, so der Architekt Florian Scheible von der adhoc-AG KI der Bundesarchitektenkammer und prognostizierte „große Umwälzungen“. Zwar seien, Stand heute, 90 Prozent der KI-tools, die auf den Markt drängten, nutzlos – Scheible führte Planungstools als Beispiele an, die nicht im Stande seien, dreidimensionale Modelle in LPH5 zu kreieren, die „von der Rückseite so aussehen wie sie sollen“. Es fehle – noch – die Datenbasis.
Aber es gebe auch solche, die ahnen lassen, wohin die Reise gehe: Programme, die in Sekundenschnelle Baugrundstücke und deren Daten ausfiltern oder KI-basierte Baupreis-Plattformen. „Es fängt an beim parametrischen Tool und endet mit deep learning.“ Allen Tools gemein ist die Methodik: Nutzer würden zu „Beta-Usern“ gemacht, also um ihre Daten erleichtert. Scheible gab den Teilnehmenden einen entscheidenden Rat auf den Weg: „Nicht die Daten der KI in den Rachen werfen.“ Daten sind die große Währung der Digitalisierung. „In jedem Büro liegt Gold!“ Ein Rechtsgebiet, das eng verbandelt ist mit KI: das Urheberrecht.
Auch die Anwältin Dr. Lisa Käde warnte vor den „Datenkraken“. Die gesetzliche Erlaubnis sei nötig, um die KI-erzeugten Daten nutzen zu dürfen. „Es deutet vieles darauf hin, dass sich das Urheberrecht auch auf KI-erzeugte Inhalte ausweiten lässt“, so Käde. Was man tun könne: Mit der technischen Einrichtung eines Opt-Out-Verfahrens die Verarbeitung und Nutzung der Daten untersagen. „Wenn ich nicht einverstanden bin, dass meine Inhalte abgegriffen werden, muss ich das deutlich erklären.“
Dr. Anne-Marie Nußberger, Wissenschaftlerin am Berliner „Max-Planck-Institut for Human Developments“ brachte den Faktor Mensch als Quelle der Kultur ein im Sinne einer „sozial erlernten Information, die das Verhalten von Individuen beeinflusst“. Kultur sei der zentrale Begriff. „Chat-GPT verändert die Art, wie wir kommunizieren.“ Phrasen und Formulierungen tauchten gehäuft in Diskursen auf. Nussberger warnt vor der Homogenisierung. „Wir sollten sehr vorsichtig sein, ob wir solche Einflüsse wollen.“ Sie stellte die Frage: „Was ist der kulturelle Kern unserer Arbeit?“ und griff den Veranstaltungstitel auf für eine dystopische Vorstellung: „What if ??? we‘re part of machine Culture?!“
Gasper Habjanic, Gründer von Linescapes und Gastdozent an verschiedenen Hochschulen, führte den Spaß-Faktor von KI ins Feld – gemäß seiner These: „KI ist ein Werkzeug, das Beste ist, wenn man damit spielt!“ Habjanic sieht den Menschen im Vorteil gegenüber der Künstlichen Intelligenz, weil er Fehler macht. Viele Entdeckungen und Erkenntnisse basierten darauf. Noch sei KI ein „Existenzsystem“, so Scheible. „Wenn es Grenzen gibt, dann nur momentan.“ Es sei nur eine Frage der Zeit, bis KI auch proaktiv denken und sich selbst verbessern könne. Luisa Rott, Büro Henning Larsen, bestätigte das Spaß-Element in der Entwicklung von Gestaltungslösungen und zitierte den Bürogründer, der immer dazu angehalten habe, neugierig zu bleiben. KI helfe, komplexe Anforderungen – Nachhaltigkeit, Verzicht auf Verklebungen, Raumausnutzung etc. – in einem Projekt zu verbinden. „Da reichen die herkömmlichen Methoden nicht aus“, so Luisa Rott. Ihre durch Beispiele belegte Botschaft: „KI hat die Grenzen von Holzkonstruktionen nochmal gepusht und bringt einen echten Mehrwert.“ Aber sie warnte auch: KI-Tools müssten immer durch menschenzentrierte, ethisch fundierte Betrachtungen überprüft werden. Wenn KI ein „best practice“ vorschlage, müsse man sich immer fragen: für wen? Es gelte, kulturelle Vereinbarkeiten ebenso zu überprüfen wie ästhetische, baukulturelle.
Auf dem Abschlusspodium resümierte Mirjam Schnapper, Landesvorständin und Sprecherin des AiP/SiP-Netzwerkes in der Kammer: „Wenn wir nichts Neues einbringen, bleibt der Status Quo.“ Einigkeit bestand jedoch auch über die Aussage von Luisa Rott: Architekt:innen und Stadtplaner:innen müssten wissen, wann sie in KI-generierte Prozesse bewusst eingreifen – als Kreierende und Kuratierende. KI erfordere Selbstbewusstsein im dialogischen Umgang mit Technik und Kunden. Sie ermögliche „Bilder zum Träumen“ und Inspiration, aber das konkrete Planen, das Ausgestalten der Idee – das verbleibe beim Menschen.
Mirjam Schnapper aus Stuttgart vertritt seit 2022 die AiP/SiP im Landesvorstand.