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Bauen im Bestand ist wichtiger denn je Zweites Denkmalforum in Karlsruhe
„Wege zu einem lebendigen Denkmal“ lautete der Titel des zweiten Denkmalforums, zu dem der Architekturschaufenster e. V., Kammerbezirk und Kammergruppe Karlsruhe im November geladen hatten. Der Weg zur Veranstaltung führte die gut 130 Interessierten zunächst durch eine thematisch passende Doppelausstellung: Zu sehen waren „Nichts Neues – Besser Bauen mit Bestand“ vom Deutschen Architekturmuseum und „Gefährdete Arten – Erhalt versus Abriss in Baden-Württemberg“ vom BDA-Landesverband in Kooperation mit dem KIT. Manch einer blieb hier fast hängen, fand dann aber doch noch ins Auditorium.
Ein Denkmal, das lebt, präsentierte Referentin Daniela Brahm: In Berlin-Wedding haben sich Mieterinnen und Mieter in der gemeinnützigen GmbH exRotaprint zusammengetan, um die elf Gebäude eines ehemaligen Fabrikgeländes – seit 1991 als Baudenkmal eingetragen – gemeinsam zu nutzen und weiterzuentwickeln. „There is no profit to be made here“ war während des Kampfes um die Grundstücks-Übernahme 2007 auf einem riesigen Transparent zu lesen. Seitdem schließt ein 99-jähriger Erbbaurechtsvertrag mit zwei Stiftungen den Verkauf des Bodens aus, um Spekulation zu unterbinden und eine soziale Mischung zu fördern. ExRotaprint betreibt das 10.000 Quadratmeter große Gelände und vermietet an Gewerbetreibende, Künstlerinnen und Künstler sowie soziale Einrichtungen. Seit 2010 saniert die gGmbH die Gebäude schrittweise. Dabei raufen sich die Nutzerinnen und Nutzer ständig aufs Neue zusammen.
Die Klosterschule vom Heiligen Grab in Baden-Baden wurde bei laufendem Betrieb umgebaut. Vom langwierigen Umbauprozess und ständig neuen Abstimmungen mit Ämtern, Bauherrschaft, Nutzerinnen und Nutzern berichtete Stefan Nessler, Architekturbüro ruser + partner (Karlsruhe). Doch das Feilen an den Details hat sich gelohnt: Das sehenswerten Ergebnis erhielt letztlich eine Auszeichnung für Beispielhaftes Bauen.
Große Detailgenauigkeit erforderte auch der Einbau von Wohnungen in eine ehemalige Panzerhalle in Landau: 25 Jahre Leerstand, die Betonstützen entsprechend marode. René Krüger, krüger architektur (Karlsruhe), berichtete als erfahrener Sachverständiger für Bauschäden von der – nach Bürgerinitiative und Investorenwettbewerb – ausgeführten Haus-in-Haus-Lösung, mit der sich das ursprüngliche Erscheinungsbild der Halle am besten erhalten ließ. Entstanden sind 15, zu einem großen Teil barrierefreie Wohnungen im KfW55-Standard.
Verlieren Denkmale ihren historischen Wert durch Veränderung? Oder können sie nicht vielmehr nur überleben, wenn sie belebt, genutzt und deshalb angepasst und umgebaut werden? Diesen Fragen von Jonas Malzahn, Architekturschaufenster e. V., stellten sich auf dem Podium im Anschluss an die Vorträge: Prof. Dr. Ulrike Plate, Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Barbara Saebel, denkmalpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag BW, der Soziologe Matthias Burgbacher und Simon Joa, Vorsitzender Kammergruppe Karlsruhe-Stadt. Werte, frühere Nutzung und Charakter eines Denkmals seien natürlich zu schätzen, war man sich einig. Für eine zeitgemäße Nutzung seien Umbaumaßnahmen jedoch unerlässlich. Es gelte, einen guten Mittelweg zu finden. Frühzeitige Gespräche mit allen Beteiligten und die Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden sei dabei unabdingbar. Notwendig auch: eine Umbauordnung sowie eine weiträumige Auslegung aller Ermessensspielräume. Nicht jedes denkmalgeschützte Dach brauche Photovoltaik oder Gauben. Im Rahmen einer neuen Umbaukultur seien alternative Lösungen und Kreativität gefragt, so das Fazit des Abends. Denn Bauen mit Bestand ist wichtiger denn je.
Artikel DAB – Jan/Feb 2024
Susanne Böhm
Dipl.-Ing. (FH) Andreas GrubeFreier Architekt BDA
Dipl.-Ing. (FH) Thomas SchrammArchitekt
Fortbildungsveranstaltung fand statt am 9. November 2023 - 19.00 Uhr Regierungspräsidium Karlsruhe
Nachbericht zum Denkmalforum