Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Zur Debatte "Und sie erwärmt sich doch" nach der Mittagspause begrüßte Klaus Wehrle, Landesvorstand der AKBW und Vorsitzender der Strategiegruppe Klima Energie Nachhaltigkeit, das Plenum.
Die Strategiegruppe hat zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. in Abstimmung mit dem Städtetag ein Positionspapier mit Klimaschutz-Forderungen an die Politik erarbeitet. Für Wehrle geht es beim Thema Nachhaltigkeit unter anderem um die Reduktion auf das Wesentliche: "Einfachheit ist sinnvoll." Und das auch im baukulturellen Sinne. Er gab zu bedenken: "Muss man alles bauen, was technisch möglich ist?" und forderte frei nach Immanuel Kant einen klimapolitischen Imperativ der Architekten, das heißt eine Selbstverpflichtung zum nachhaltigen Bauen. Denn: "Bauen ohne Nachhaltigkeit ist dumm. Nachhaltigkeit ohne Baukultur ist Mist."
Den politischen Impuls für die Debatte gab Ministerialdirektor Helmfried Meinel vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Der Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand in 2050, wie ihn der Klimaschutzplan der Bundesregierung vorsieht, sei noch weit. Meinel bedauerte, dass der aktuelle Koalitionsvertrag keinen Plan aus einem Guss enthalte, wie die Klimaziele erreicht werden sollen. Ein Gebäudeenergiegesetz sei sehr wichtig.
In Baden-Württemberg gibt es seit 2017 eine Internetplattform für nachhaltiges Bauen: www.nbbw.de. Das Portal richtet sich in erster Linie an den kommunalen Hochbau, kann aber auch beim staatlichen und privaten Bauen Anwendung finden. Es unterstützt bei der Anwendung von zehn Nachhaltigkeitskriterien und stellt Hilfsmittel sowie Hintergrundinformationen zur Verfügung.
Im Neubau habe man bereits viel erreicht, allerdings müsse jetzt verstärkt der Gebäudebestand in Angriff genommen werden. Dabei seien ganzheitliche Sanierungen wichtig. Um die Sanierungsquoten zu steigern, könnte auch die serielle Sanierung ins Auge gefasst werden. "Lassen Sie uns gemeinsam an der Energiewende und am Klimaschutz arbeiten!", so Meinel.
Nach dem Impuls aus der Politik startete Prof. Tom Kaden in seinen Impulsvortrag aus Sicht der Architektur – mit einem Appell an die Politik: Grundstücke sollten nicht nach Bestpreis vergeben werden, sondern nach baukultureller Qualität dessen, was darauf gebaut werden soll. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wohnraumproblematik bräuchten vor allem Genossenschaften und Wohnungsbaugesellschaften Grundstücke. Das Büro Kaden+Lager arbeitet viel mit Genossenschaften zusammen und hat sich auf das Bauen mit Holz fokussiert. Die breite Palette der von dem Berliner Büro realisierten Projekte zeigt: Die Holzbauweise ist kostengünstig, auch durch die Möglichkeiten des präfabrizierten Bauens und der individualisierten Systemfertigung. Und: Holzbau kann alle Gebäudetypologien bedienen, städtische wie ländliche, Einfamilienhäuser wie große Geschossbauten. Kurzum: "Holz hat das Potenzial, einen substanziellen Beitrag zur Ökologisierung der Bauwirtschaft zu leisten", so Kaden. Das Problem sei aber, dass derzeit der urbane Holzbau bei kaum bemerkbaren 2 Prozent liege.
Gründe hierfür sieht Kaden vor allem in den baurechtlichen Bestimmungen, die insbesondere den mehrgeschossigen Holzbau erschweren. Baden-Württemberg habe als einziges Bundesland eine progressive Bauordnung zum Thema Holzbau, im Rest der Republik seien immer nur Leuchtturmprojekte mit Ausnahmeregelungen möglich. Dabei sei die Innovationsfähigkeit des Holzbaus im Vergleich zu anderen Baustoffen sehr hoch.
Die Einstiegsfrage zur Podiumsdebatte richtete Dr. Moderator Tillman Prinz dann auch gleich an Tom Kaden: Sollte Holzbau gesetzlich verordnet werden? "Ja", lautete wenig überraschend Kadens Antwort, aber vor einer gesetzlichen Bevorzugung des Baustoffs Holz sei zunächst eine Gleichstellung aller Baustoffe angebracht. Derzeit greife die Politik negativ ein: Die Auflagen für den Holzbau entsprächen nicht mehr dem heutigen technischen Standard. Das wiederum führe zu einer Wettbewerbsverzerrung, weil es das Bauen mit Holz unnötig teuer mache. "Wir müssen erst einmal den Waffenstillstand herstellen", so Kaden.
Für Prof. Hansruedi Preisig, Architekt aus Zürich, ist die Beschränkung auf einen Baustoff nicht sinnvoll. Vielmehr seien die Stoffe nach ihren Eigenschaften am Bau zu bewerten, die wiederum vom jeweiligen Entwurf abhingen. Etwas gegensätzlich und plakativ äußerte sich Dr. Michael Kopatz vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie: "Wenn man überhaupt neu baut, was man möglichst vermeiden sollte, dann sollte es in Holz sein."
Zum Muss machen wollte Helmfried Meinel das Bauen mit Holz nicht, aber die Hürden senken, nicht nur für den Holzbau, sondern beispielsweise auch für das Bauen mit Recyclingbeton. Er sieht das Ordnungsrecht als Anstoßgeber, das zunächst einmal Standards schaffen muss, die das Erreichen der Klimaschutzziele überhaupt ermöglichen. Jeder sei aber dazu eingeladen, mehr zu machen als gesetzlich vorgeschrieben ist. Klaus Wehrle plädierte für Vernunft und Sachverstand: "Wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Diskussion, wie wir die Welt der Zukunft überlassen wollen." Natürlich sei Ordnungsrecht notwendig, aber eines, das für Innovationen offen ist. Gebäude ohne Heizung beispielsweise seien technisch möglich und nachhaltig, ordnungsrechtlich aber derzeit noch schwierig. "Die Balance zu finden zwischen Ordnungsrecht und Innovation ist genau die Herausforderung für unseren Berufsstand", so der Architekt. Dabei sei die Orientierung am Vorbild Schweiz sinnvoll.
Dort ist Innovation durch planerische Freiheiten möglich. "Wir setzen ein Ziel und der Weg, um dieses Ziel zu erreichen, ist eigentlich frei", so Hansruedi Preisig. Bei der 2000-Watt-Gesellschaft gebe es beispielsweise nur zwei Ziele: das CO2-Ziel und die Deckelung des Energieverbrauchs. Das Erreichen dieser Ziele liege in der Verantwortung der Planer.
Davon ist man in Deutschland noch weit entfernt, wo es sogar gleich 16 verschiedene Landesbauordnungen gibt. Die Anregung, im Bundesrat den Vorschlag einer einheitlichen Bauordnung nach baden-württembergischem Vorbild einzubringen, wollte Ministerialdirektor Meinel aber gern an das für die LBO zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg weitergeben. Großes Potenzial zum Erreichen der Klimaschutzziele sah er aber auch in der Steigerung der Sanierungsquote, beispielsweise durch steuerliche Subventionen. Und Klaus Wehrle ergänzte, auch Ausfallbürgschaften des Landes seien sinnvoll, wenn Ältere eine Finanzierung für Sanierungen beantragen.
Michael Kopatz identifizierte ein weiteres Problem: Den meisten Menschen ist Klimaschutz zwar sehr wichtig, aber wenn es darum geht, selbst etwas zu tun, sind die meisten der Meinung, dass ihr Handeln allein ohnehin nichts bewegen kann. Er rief deshalb dazu auf, sichtbar für Klimaschutz einzustehen, zum Beispiel bei Demonstrationen. Sein Credo: "Nichts ist egal, nur auf Sie kommt es an."
Die Präsentationen zu den Vorträgen stehen im Internet zum Download bereit unter www.akbw.de/archikon2018-praesentationen.html.