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Angefüllt und begeistert von neuen Eindrücken und Ideen waren nicht nur die Gäste, sondern auch die Moderatorinnen und Moderatoren, die die fünf Seminare des Themenkomplexes "Potenzial Nachhaltigkeit" zum Abschluss von ARCHIKON noch einmal zusammenfassten. Unter den Aspekten Gesellschafts- und Baupolitik, Planungsprozesse und Qualifikation der Planerschaft gaben sie einen Rückblick auf den Kongresstag und einen Ausblick in die Zukunft.
Es geht um mehr als gute Architektur: um Haltungen und Werte in der Gesellschaft. So die Definition der Baukultur, die im gleichnamigen Seminar erarbeitet wurde. Architektur darf kein Selbstzweck sein, denn Architektinnen und Architekten müssen immer gesellschaftlich relevante Fragestellungen lösen. "Die Bedeutung des Entwurfs ist im nachhaltigen Bauen noch längst nicht ausgeschöpft", so Dr. Matthias Fuchs von ee concept aus Darmstadt. Nachhaltigkeitsaspekte seien gestaltprägend und müssten von Beginn an mitgedacht werden – gerade auch in Wettbewerbsverfahren. Es gelte, alle Aspekte in den Planungsprozess zu integrieren. Für ihre Qualifikation bedeute das, Architekten müssen zumindest so viel wissen, dass sie zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen stellen: Wie lassen sich eine solaraktive Fassade gestalterisch um- und kreislaufgerechte Materialien einsetzen? Wie kann mit weniger Raum mehr Qualität geschaffen werden? Was sind Low-Tech-Ansätze?
Low-Tech sei nur dann möglich, wenn Architektinnen und Architekten mehr über die verschiedenen Systeme und ihre Funktionsweise untereinander wüssten, bekräftigte Prof. Anja Willmann von der Frankfurt University of Applied Sciences im Hinblick auf die Qualifikationsfrage. Im Seminar habe man überwiegend über Leuchtturmprojekte diskutiert – allesamt baukulturell sehr anspruchsvoll. "Low-Tech ist eine Entwurfshaltung", so Willmann. "Architekten sind in ihrer Kernkompetenz – der Gestaltung – gefragt, Verantwortung zu übernehmen." Für den Planungsprozess bedeute dies: Ein Architekt kann das grundlegende Konzept erarbeiten, das im Verlauf dann durch Expertinnen und Experten für technische Gebäudeausrüstung oder Bauphysik begleitet wird. Hinsichtlich baupolitischer Änderungen riet Willmann, die bisher angewandten Energiekennzahlen von der Nutzung zu entkoppeln. Gebäude würden für eine Lebensdauer von 100 bis 150 Jahren geplant, eine Nutzung ändere sich meist aber schon nach 20 Jahren.
Andere Bemessungsgrößen, wie CO2-Werte pro Kopf oder den für die Energieherstellung benötigten externen Flächenbedarf, diskutierten auch die Teilnehmenden des Seminars Energiewende, das von Prof. Dr. Thomas Stark, HTWG Konstanz, begleitet wurde. Auf baupolitischer Ebene müssten Masterpläne für die Umsetzung der Energiewende entwickelt werden. Effizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien dürften dabei nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Entwicklung ganzheitlicher Energiekonzepte müsse selbstverständlicher Bestandteil des Entwurfsprozesses sein. Für die Qualifikation der Planerschaft bedeutet das, so Stark: "Nachhaltigkeit darf nicht zur Fachdisziplin in der Architekturausbildung verkümmern." Weiterhin wies er darauf hin: "Wir denken bei der Energiewende oft sehr technisch. Die klassischen Maßnahmen, die seit Jahrzehnten Anwendung finden, bilden aber die elementare Grundlage."
Der Gedanke des "Weniger ist mehr" wurde im Seminar Suffizienz stark gesellschaftspolitisch diskutiert, wie Andrea Georgi-Tomas, ee concept, berichtete. Die Grundfrage: "Wie bekomme ich das Wenige attraktiv?" Es erfordere eine soziokulturelle Innovation und dabei dringend das Engagement des Berufsstands. "Architekten haben den Einfluss, weniger, [aber] gut zu bauen", so Georgi-Tomas. Es sei notwendig, sich sehr früh, am besten in einer Art Leistungsphase Null, Gedanken zur Nutzung und zur benötigten Fläche zu machen. Aus Nutzungsstundenplänen könnte die Zahl der benötigten Individual- und Gemeinschaftsräume abgeleitet werden. Suffizienz sei das ureigene Thema von Architektinnen und Architekten, Zusatzqualifikationen daher eigentlich nicht nötig. Man müsse das Thema nur annehmen und weiterentwickeln.
Auch Dr. Anna Braune von der DGNB e.V. bekräftigte: "Es ist weniger eine Frage der Qualifikation, sondern eine Haltungsfrage." Braune mahnte, mehr vom Ende her zu denken und sich nicht so schnell auf die vermeintlich einfachen Lösungen der Industrie einzulassen. Wie das gehen kann, diskutierten die Teilnehmenden im Seminar Kreisläufe. Braunes Credo hierzu ist denkbar einfach: "Müll ist ein Designfehler." Und das Fehlerhafte müsse sich auch in den Kosten (für den Rückbau) niederschlagen. Denn die Gebäude von heute seien die Diesel von morgen. Das Planen von Kreisläufen biete außerdem Potenziale: Kosten sparen, Nutzungen anders denken – auch durch Mehrfachnutzungen – und nebenbei die Umwelt schützen. Braune appellierte an alle, die Haltung zu vertreten: "Ich möchte das, ich sehe die Potenziale und stehe für ein kreislauffähiges Gebäude gerade."
Die Präsentationen zu den Vorträgen stehen im Internet zum Download bereit unter www.akbw.de/archikon2018-praesentationen.html.