Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Ein Online-Leitfaden mit Projektgalerie, 60 analysierte Projekte und 46 potenzielle Pilotprojekte: das ist die Bilanz der BIPV-Initiative Baden-Württemberg, die den Ausbau der bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV) im Land vorantreiben soll und deren Abschlussbericht nun veröffentlicht ist.
Die Architektenkammer Baden-Württemberg hatte sich 2020 mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, der Hochschule Konstanz Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) und dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) zusammengetan. Das Forschungsprojekt wurde vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert. Das Ziel: Lösungs- und Optimierungsvorschläge ermitteln, die den Ausbau der Solarstromerzeugung auf Dach- und Fassadenflächen beschleunigen – unter Beachtung baukultureller Aspekte.
Zwölf konkrete Empfehlungen listet der Schlussbericht auf: Zur besseren Vernetzung von Gewerken und Planenden hält die Initiative die Einrichtung eines gemeinsamen Kompetenzzentrums BIPV des Landes Baden-Württemberg für äußerst sinnvoll. Auch sei mit Blick auf die Qualifizierung von Fachkräften bzw. den Fachkräftemangel eine Bildungsoffensive BIPV durch die zuständigen Ministerien wichtig, die die Weiterbildung unterstützt. Das Bauplanungsrecht biete Potenzial bei der Optimierung von Bebauungsplänen sowie Orts- und Gestaltungssatzungen hinsichtlich Solarertrag und gegenseitiger Beschattung von Gebäuden. Die Einrichtung einer Stabstelle BIPV bei der Landesstelle für Bautechnik brächte eine bauordnungsrechtliche Erleichterung. Die Stabstelle könnte für Konstruktionen und Bauprodukte eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung bzw. eine Zustimmung im Einzelfall erteilen. Denn bisher gibt es nur wenige BIPV-Produkte, die in Deutschland über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung und eine allgemeine Bauartgenehmigung verfügen.
Ein großes Thema ist zudem die Wirtschaftlichkeit. Da Fassaden-PV-Anlagen gegenüber Photovoltaik auf dem Dach geometriebedingt häufig eine ungünstigere Orientierung zum Sonnenverlauf aufweisen, ist der Ertrag geringer. Gleichzeitig haben diese Anlagen ein tages- und jahreszeitlich verschobenes Stromerzeugungsprofil, was im Sinne einer verbesserten Netzauslastung für die Energiewende durchaus nützlich ist. Um das zu honorieren, sei eine angepasste Vergütung in Form eines angebotsabhängigen, variablen Bezugs- und Einspeisetarifs angebracht. Die BIPV-Initiative fordert zudem dringend geeignete Betreibermodelle für Wohnungseigentümergemeinschaften, die bisher trotz guter Potenziale beim Einsatz von Photovoltaik eher zurückhaltend waren. Sinnvoll erscheine auch eine Änderung des Wohnungseigentümergesetzes zur Beschlussfähigkeit bei der Entscheidung zum Bau einer Solaranlage, so der Bericht. Das würde Mehrheitsbeschlüsse erleichtern.
Da gerade für die frühen Planungsphasen, in denen sich Bauherrschaften für oder gegen BIPV entscheiden, noch keine belastbaren Kosten- und Ertragskennwerte bereitstehen, sei außerdem der Aufbau einer Datenbank mit verlässlichen Planungskennwerten und Tools unerlässlich. Ein erstes Werkzeug steht mit dem durch die Initiative erarbeiteten BIPV-Leitfaden bereit. Hier finden sich beispielsweise eine Datenbank zu Herstellern von BIPV-Produkten sowie Informationen zu BIPV im Planungsprozess und eine Projektgalerie. Das Angebot sollte jedoch unbedingt weiter ausgebaut werden, um ausreichend aufbereitete Informationen zu ökonomischen, organisatorischen und planerischen Herausforderungen bei BIPV-Anlagen bereitzustellen, beispielsweise auch hinsichtlich des Konflikts zwischen PV-Anlagen und Fassaden- bzw. Dachbegrünung.
Zudem ließen sich durch geeignete Förderung weitere Anreize schaffen, um die BIPV im Land voranzutreiben. So wären Investitionszuschüsse oder Bonusprogramme für Projekte denkbar, die über das gesetzlich geforderte Maß hinaus beispielsweise eine vollflächige Belegung und funktionale Integration umsetzen oder gestalterische Aspekte umfänglich berücksichtigen. Das könnte mit einem BIPV-Preis gewürdigt werden, der gleichzeitig die Sammlung von Best-Practice-Beispielen mit entsprechenden Daten zu Ertrag und Kosten ermöglicht. Der Planungsmehraufwand dafür ließe sich zumindest anteilig fördern.
Luft nach oben besteht auch bei der Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Um diese bei der Energiewende besser mitzunehmen, schlägt die BIPV-Initiative vor, dass das Land Baden-Württemberg statt Meilensteinen im Abstand von Jahrzehnten einen kontinuierlichen Ausbauplan für erneuerbare Energien mit kürzeren Zeiträumen und schrittweiser Erfolgskontrolle vorgibt. In diesem Sinne: genug Vorschläge gibt es bereits. Bleibt nur noch die zeitnahe Umsetzung.
Ein Projekt, vier Partner: Wie war die Aufgabenverteilung? Die Projektpartner haben sich sehr gut ergänzt. Mit dem Fraunhofer ISE und dem ZSW sind zwei dabei, deren Kernaufgabe die Forschung ist und die entsprechend viel wissenschaftlichen Input liefern. Die Hochschule Konstanz wiederum hat viele gebaute Projekte katalogisiert. Thomas Stark, der dort Professor für energieeffizientes Bauen ist, hat außerdem ein eigenes Büro. Das brachte viel Wissen aus der Praxis in unser Projekt ein, auch mit Blick auf den gestalterischen Part. Wir als Architektenkammer haben schließlich die koordinatorischen Aufgaben übernommen, um die Erkenntnisse zusammenzubinden und die Ergebnisse aufzubereiten.
Sind Sie zufrieden mit dem Abschluss? Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen insbesondere zu unserem Leitfaden erhalten. Allerdings bin ich auch etwas wehmütig. Photovoltaik ist so wichtig momentan, das kann man eigentlich jetzt nicht einfach sein lassen. Vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass es unter den Landesliegenschaften nach drei Jahren BIPV-Initiative immer noch kein einziges Gebäude mit BIPV gibt!
Warum gibt es so wenige BIPV-Projekte im Land? Weil BIPV immer noch Neuland ist. Die größte Schwierigkeit für viele, mit denen wir gesprochen haben, bestand darin, überhaupt ein Planungsbüro zu finden. Einige erhofften sich von der BIPV-Initiative deshalb Planungsleistungen. Das können wir aber nicht leisten. Wir bieten nur Beratung – und das auch nur für die Projekte, bei denen sich die Bauherrschaft bereits für die Umsetzung von BIPV entschieden hat. Denn die Idee der Initiative war: Projekte begleiten, die Erfahrungen mit BIPV sammeln und bündeln und diese wiederum in Form von kostenloser Beratung für die begleiteten Projekte bereitzustellen.
Was wäre Ihr Wunsch für die Zukunft? Dass es eine Anschlussförderung für die BIPV-Initiative gibt. Dadurch könnten Projekte weiter begleitet werden, um die weiterhin notwendigen Kennwerte zu sammeln. Auch der Leitfaden ist ja gerade deshalb als Online-Angebot entstanden, damit man ihn kontinuierlich weiterentwickeln kann. Es wäre sehr schade, wenn irgendwann die Kosten für das Webhosting nicht mehr getragen würden und die Seite eingestellt werden müsste. Denn er wird sehr gut angenommen. Das zeigen die Rückmeldungen und die Nutzerzahlen.
Die Arbeit der Initiative für Bauwerkintegrierte Photovoltaik-Anlagen ist auf über 70 Seiten dokumentiert. Der vollständige Schlussbericht ist auf der Website der Landesanstalt für Umwelt abrufbar.
Der Leitfaden soll Bauherrschaften und Planenden als standardisiertes Handlungsschema für die Integration von Photovoltaik dienen. Er wurde bewusst online und nicht als Print-Produkt erstellt. So konnten einerseits bis zum Projektende im Juli 2023 Ergebnisse einfließen, andererseits lässt sich der Leitfaden auch künftig dynamisch weiterentwickeln. Einfach mal reinschauen!