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Beim dritten landesweiten Erfahrungsaustausch am 12. Dezember 2025 in Ludwigsburg betonten Ministerium, AKBW und Kommunen die Bedeutung von Gestaltungsbeiräten – gerade in Zeiten des „Bauturbos“ und knapper Kassen. Sie sichern Baukultur, beschleunigen Verfahren und sparen Kosten, wenn frühzeitig alle Akteure eingebunden sind. Beispiele wie Baiersbronn zeigen: Projekte werden besser vermarktbar und wirtschaftlicher. Wesentlicher Erfolgsfaktor ist Kommunikation zwischen Fachleuten, Politik und Verwaltung. Gute Gestaltung stärkt Standort und Wirtschaft.
Erfolgreiche Formate solle man fortsetzen, stellte Ministerialdirektor Dr. Christian Schneider vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen fest, weshalb sein Haus und die Architektenkammer mit der Stadt Ludwigsburg als Gastgeberin zum dritten landesweiten Erfahrungsaustausch Gestaltungsbeirat eingeladen hatten. Auf Baukultur dürfe man nicht verzichten, gerade in Zeiten knapper Kassen seien die beratenden Gremien wichtig. Und der von der Bundesregierung beschlossene Bauturbo werde sie noch wichtiger machen, hatte zuvor schon die Ludwigsburger Baubürgermeisterin Andrea Schwarz angemerkt. Doch die Gestaltungsbeiräte im Südwesten stünden unter Druck, so Markus Müller, Präsident der AKBW, auch wenn ihr Wert gesehen werde, seien auch sie zum Sparen angehalten. Wie gut, dass das Ministerium bereits seit zehn Jahren Gestaltungsbeiräte fördert und dies auch in Zukunft vorhat – einzigartig in der Republik.
Dem Einfluss kommunaler Gestaltungsbeiräte auf die lokale Baukultur widmete sich Prof. Markus Allmann. „Gestaltungsbeiräte haben eine reale Verpflichtung, Projekte besser zu machen und die didaktische Aufgabe, die Politik zu informieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass erstarkte politische Ränder eine Kulturwende nach sich ziehen – auch in der Baukultur.“ Die Dauerkrisen wirken sich seiner Meinung nach auf unsere Lebensräume aus. Geprägt u.a. durch Ressourcenknappheit und die Ohnmacht vor der Komplexität der Aufgaben stellte er Tendenzen fest: „Verwissenschaftlichung“ führe dazu, alles in Teilaspekte zu dividieren, „Entkunstung“, weil Architektur auch Wissenschaft und Technik bedeute, „moralische Fragen“, denn Nicht-Bauen sei ein ökologischer Gewinn, „Juristifizierung“, da keiner mehr Risiken eingehen wolle, in der „Ökonomisierung“ stecke die Chance, dass Geldmangel die Kreativität schärfe und die „Digitalisierung“ werde das Baugeschehen enorm verändern. Wie lasse sich dabei Baukultur qualifizieren? Mit Gestaltungsbeiräten, in denen man gemeinsam nachdenke und den Austausch auf Augenhöhe pflege.
In der Diskussion mit der Stuttgarter Architektin Bärbel Hoffmann, Thomas Mügge, Architekt und Leiter des Fachbereichs Bauen der Stadt Singen sowie den Geschäftsführern Uwe und Michael Schneider, IMBRO Immobilen GmbH, wurden nicht nur Argumente für den Erhalt bzw. die Einrichtung der kommunalen Beratungsgremien gesammelt. Der Gestaltungsbeirat sei ein heimlicher Bauturbo, so Uwe Schneider. In der frühen Planungsphase treibe er Investoren an. Seiner Erfahrung nach lassen sich vom Gestaltungsbeirat abgesegnete Projekte besser vermarkten. „Beim Rosenpark in Baiersbronn haben von Anfang an Gemeinde, Gestaltungsbeirat und Projektentwicklung Hand in Hand gearbeitet. Der Erfolg des Projekts rührt auch daher, dass alle an einem Strang gezogen haben“, so Schneider. „Ein gut besetzter Gestaltungsbeirat ist ein echter Mehrgewinn für eine Stadt. Mit der richtigen Beratung sparen alle am Bau Beteiligten Zeit und damit auch Kosten. Ist mit den Bauherren und Planern durch Beratung ein städtebaulich und gestalterisch guter Kompromiss oder gar ein besserer Entwurf gefunden, werden Zurückstellungen von Bauvorhaben bis hin zur Ablehnung nicht weiter erforderlich. Nicht selten wird das Bauvorhaben nicht nur architektonisch besser, sondern auch rationaler und damit wirtschaftlicher realisierbar“, bestätigte Thomas Mügge, der allerdings sehr bedauerte, dass der Gemeinderat in Singen das Gremium nach nur einem Jahr wieder eingespart habe. Bärbel Hoffmann fasste zusammen: „Ob es um die Beurteilung von einzelnen Baumaßnahmen geht oder die strategische Ausrichtung städtebaulicher Entwicklungen, die interdisziplinäre Besetzung eines Beirats ermöglicht es, den Gestaltungsbeirat exakt bei auf die Bedürfnisse einer Kommune zugeschnittene Projekte und Schwerpunkte einzusetzen. Die Vorberatung unter Einbeziehung verschiedener beteiligter Akteur:innen im Rahmen des Gestaltungsbeirats schafft eine Entlastung der Verwaltung, was ein einfaches und wirkungsvolles Mittel zur Qualitätssicherung und Verfahrensbeschleunigung im Bauen darstellt.“
Nach der Mittagspause erläuterte Martin Kurt, Leiter des Stadtplanungsamts in Ludwigsburg, das seit zehn Jahren erfolgreiche Zusammenspiel aus Gestaltungsbeirat, Verwaltung und Politik in seiner Stadt. Seine Argumente für dieses Gremium: Gute Gestaltung zahle sich aus, denn Baukultur sei Wirtschafts- und Standortfaktor. Bedeutender Erfolgsfaktor eines Gestaltungsbeirats sei aber eine gelingende Kommunikation zwischen Fachleuten, Politik, Verwaltung und Bauenden. Dann wirke das Gremium auch beschleunigend. In Ludwigsburg nehmen daher auch alle mitentscheidenden Fachreferate an den Sitzungen teil. Der Gestaltungsbeirat hat, wenn er wirksam eingesetzt wird, bei verhältnismäßig geringen Kosten große finanzielle und wirtschaftliche Auswirkungen. Denn gute und qualitätvolle Gestaltung erhöhe die Anziehungskraft der Stadt und führe zu Folgeinvestitionen. Trotz allem leiste das Gremium auch in Ludwigsburg einen Beitrag zu Haushaltskonsolidierung und sei nun nicht mehr mit fünf, sondern vier Fachleuten besetzt. Wichtig sei die Klärung der Rollen, betonte Martin Kurt abschließend: „Die Politik lässt sich am besten durch klare Argumente, die verständlich und nachvollziehbar vorgetragen werden, überzeugen, oder anders ausgedrückt: die Politik hat ein Recht darauf, überzeugt zu werden.“ Sie habe daher das erste und das letzte Wort, denn die Rollen müssen von Anbeginn geklärt sein. Die gewählten Volksvertreter entscheiden als Träger der Planungshoheit über die Vorgaben der Bauvorhaben und ob sie den Empfehlungen der Fachleute folgen. Letztere sind zur Neutralität verpflichtet und geben ihre Empfehlungen nach fachlicher Einschätzung. Die Verwaltung erteile die Baugenehmigungen nach politischen und rechtlichen Vorgaben.
In einem Speed-Networking waren alle Teilnehmenden aufgerufen, Fragen zu stellen und Antworten zu sammeln:
Nach Einschätzung vieler Teilnehmenden war der Erfahrungsaustausch wertvoll, insbesondere mit Blick auf die aktuellen Themen. Bauturbo? Na klar, aber mit Gestaltungsbeirat – so ein Fazit. Über diese Erfahrungen werde dann beim vierten landesweiten Erfahrungsaustausch berichtet, denn erfolgreiche Formate soll man fortsetzen.
sowie zu Fördermöglichkeiten gibt es auf der Website von Baukultur Baden-Württemberg
für Gemeinderatsmitglieder, Kommunalvertreter:innen, Planende und interessierte Bürger:innen, herausgegeben von Baukultur Baden-Württemberg (Stand April 2018)