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Vor 100 Jahren entwickelte die europäische Architekten-Avantgarde in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung ihr radikales Wohnprogramm für den modernen Großstadtmenschen. Die Architektur des 20. Jahrhunderts wurde durch die Weissenhofsiedlung als Resultat der Ausstellung "die Wohnung" maßgeblich beeinflusst – der Anspruch der Internationalen Bauausstellung IBA'27 StadtRegion Stuttgart könnte kaum größer sein.
Stadt und Region müssen Lösungen für die städtebaulichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts erarbeiten. Das ist der Anspruch, den die planenden Berufe an eine Internationale Bauausstellung in der Region Stuttgart stellen wollen. Die IBA'27 wird eine neue gesellschaftliche Debatte um die Zukunftsfähigkeit urbaner Lebensweisen anstoßen.
Architekten, Innenarchitekten, Stadtplaner, Landschaftsarchitekten und Ingenieure haben als Gesellschafter der IBA-GmbH ein Konsortium aus AKBW, bda und Ingenieurkammer BW gegründet. Die Universität Stuttgart ist für die Hochschulregion Gesellschafter. Seit mehreren Jahren sind sie gemeinsam am Findungsprozess der IBA 2027 beteiligt. Die IBA'27 ist eine Angelegenheit der ganzen Region Stuttgart und aller planenden Berufe.
Gemeinsam mit dem neu gewählten Intendanten Andreas Hofer, mit Stadt, Region und mit den Hochschulen soll ein breiter, partizipativer Prozess weitergeführt werden. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Architektur, Stadtplanung, Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Ingenieurwesen haben sich zur ersten öffentlichen Vollversammlung der planenden Berufe zur Vorbereitung der IBA StadtRegion Stuttgart 2027 am 20. Februar 2018 im urbanharbor in Ludwigsburg eingefunden.
Der neu gewählte IBA'27-Intendant Andreas Hofer erklärt, die entscheidenden städtebaulichen Probleme liegen an den Randgebieten der Agglomeration. Baukultur muss immer vom Projekt aus gedacht und mit gesellschaftlichen und Nachhaltigkeitsfragen verbunden werden. Die IBA wird über zehn Jahre laufen, die planenden Berufe müssen in dieser Zeit Antworten auf die Fragen der Zukunft finden. Gleichzeitig wird die IBA ein spielerisches, festives Vorhaben, an dem sich nicht nur Architektinnen und Architekten engagieren sollen.
Vielmehr ist die IBA'27 auch ein öffentliches gesellschaftliches Unternehmen – alle sind eingeladen, sich einzubringen. Andreas Hofer stellt fest, dass sich eigentlich jeder Mensch für Themen wie Wohnen und die Stadt interessiert, man muss sich daher fragen, warum Architektur in der öffentlichen Meinung so schlecht wahrgenommen wird. Außerdem hilft die regionale Perspektive der IBA'27 StadtRegion Stuttgart: Es geht darum, gemeinsam eine kollektive Intelligenz zu entwickeln. Es geht Hofer ausdrücklich nicht darum, einzelne schöne Bauten zu prämieren, vielmehr soll der IBA'27-Prozess hohe Architekturqualität als "Beifang" produzieren.
Der ehemalige Präsident der Bundesarchitektenkammer, Professor Arno Sighart Schmid, berichtet von seinen Erfahrungen als wissenschaftlicher Direktor "Landschaft" der IBA Emscher Park. In den späten 80er und der ersten Hälfte der 90er Jahre ging es im Ruhrgebiet um Strukturwandel, den Wiederaufbau von Landschaft bei gleichzeitiger Verbindung von Ökologie und Ökonomie. Entscheidend für die IBA Emscher Park war, dass sie die absolute Rückendeckung der Politik hatte. Die IBA-Gesellschaft war zur 100 Prozent eine Tochter des Landes Nordrhein-Westfalen und alle großen Städte waren zur Mitarbeit angeregt - so wurden beispielsweise die Oberbürgermeister in die Gremien berufen. Professor Schmid betont, dass es keine Patentrezepte für die Durchführung einer IBA gibt, wohl aber Ansätze, die sich übertragen lassen. So gilt auch heute, dass einzelne "Akupunkturmaßnahmen", also Leuchtturmprojekte nach außen strahlen und eine große Wirkung erzielen können.
Matthias Grzimek, Vorsitzender des Kammerbezirks Stuttgart, ergänzt, gerade im Umgang mit Industriedenkmalen kann man von der IBA Emscher Park viel lernen.
In Zukunft muss die Trennung der Nutzung, müssen Wohnen und Arbeiten wieder zusammengeführt werden, nur so lassen sich die Pendlerströme eindämmen, stellt Regionalpräsident Thomas Bopp fest. Gleichzeitig braucht die Industrie der Zukunft neue Flächen, die man auf sparsame Weise finden muss. Für den ländlichen Raum braucht es eine neue Regionalentwicklungsplanung, in Zukunft wird auch auf den Dörfern verdichtet gebaut werden müssen. Bopp berichtet, dass bereits Vorgespräche mit den Kommunen stattfinden - klar ist aber auch, dass der Intendant und das Kuratorium im Vorfeld aber Qualitäten definieren müssen, was Zeit braucht.
BDA-Landesvorsitzender Alexander Vohl betont, dass die architektonischen Ansprüche an die IBA hoch sein müssen, gerade in der hiesigen Region. Ihm ist auch besonders wichtig, dass es einen roten Faden gibt, der die Projekte miteinander verbindet.
Die Ingenieurkammer hat einen eigenen IBA-Arbeitskreis gegründet, berichtet Ingenieurkammer-Vorstand Lilly Kunz-Wedler. Ziel ist es, die Ideen der Mitglieder zu bündeln. In Zukunft werden neue Konzepte des Zusammenlebens notwendig. Um innovative Ideen zu finden, die auch über die Region hinaus Wirkung zeigen, müssen Architekten- und Ingenieurkammer zusammenarbeiten. Der Architekturhistoriker und Dekan der Fakultät Architektur und Stadtplanung Professor Klaus Jan Philipp stellt fest, dass die Universität Stuttgart, die auch Gesellschafter der IBA-GmbH ist, eine große Rolle bei der Bauausstellung spielen kann. IBA-Intendant Andreas Hofer unterstreicht das, denn es braucht immer Spezialisten, die z.B. die Forschung an den Hochschulen etwa mit der Anwendung neuer Gebäudetechnologien verbinden. Man muss hier aufeinander zugehen, um zu sehen, wo man voneinander lernen kann. Auch die Studierenden können in den kommenden zehn Jahren ganz konkret mit der IBA Erfahrungen sammeln. Der Architekturtheoretiker Professor Stephan Trüby weist darauf hin, dass Bauausstellungen das beste Format zum Zeigen von Architektur sind. Ein Biennale-Format könnte geeignet sein, um einen Zwischenstand zu präsentieren. In dieselbe Kerbe schlägt auch Hofer, wenn er feststellt, wie wichtig das Instrument der Festivalisierung ist, um die Bürgerinnen und Bürger auch mitzunehmen.
Professor Cornelia Bott von der Fakultät für Landschaftsarchitektur, Umwelt und Stadtplanung an der Hochschule Nürtingen betont den besonderen Charakter von Landschaft in der Region, diesen Charakter gelte es zu erhalten. Der Landschaftsarchitekt Michael Glück meint, in der Region sei nicht alles in bester Ordnung, vielmehr brauche man die IBA, um Veränderung zu schaffen. Der Sprecher der Stuttgarter Architektenkammergruppen Thomas Herrmann sieht es ähnlich. Nirgends auf der Welt gebe es so viel urbane Randgebiete wie in der Region. Langfristig wird es eine Auflösung der gegenwärtigen Nutzungsbestimmungen geben - das neu eingeführte "urbane Gebiet" ist hier sicher nur ein Anfang. Entscheidend ist auch das übergeordnete Thema Governance und soziales Miteinander: Die Gestalt einer Stadt als Ergebnis des Zusammenwirkens vieler unterschiedlicher und verschieden starker Akteure über einen langen Zeitraum sind das konstituierende Element der "europäischen Stadt" und Grundlage für deren Resilienz. Für die IBA ist es Chance und Aufgabe zugleich, ein Gegenmodell zu entwickeln zu den künstlich gewachsenen Retortenstädten, wie sie derzeit an vielen Orten in der Welt entstehen.
Helmuth Caesar, der Technische Geschäftsführer der Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft mbH, ergänzt, die alte und moderne "Europäische Stadt" ist die Stadt der sozialen Mischung, der kurzen Wege und der Dichte. So sind zum Beispiel die zum Wohnen und Arbeiten überaus beliebten Gründerzeitquartiere bei Laien wie Fachleuten als innerstädtische, dichte Wohnstandorte gleichermaßen begehrt und beliebt. Warum gelingt es uns als Bauherrn und Architekten so selten, deren Wohnqualität heute auch nur annähernd zu erreichen? Es gibt in Deutschland noch zu wenig gelungene zeitgenössische Beispiele für die Neuinterpretationen dieser Form des Städtebaus. Die Erwartungshaltung an den zeitgenössischen Wohnungsbau ist nur deshalb zur Zeit noch "so gedämpft", weil der Wohnungsmangel in den Schwarmstädten so groß ist. Welche Lehren werden aus der Geschichte für den Wohnungsbau gezogen? Caesar meint, Stuttgart kann optimistisch sein, dass seine sehr vielversprechenden "Alltags-Städtebauprojekte" wie das Olgaareal, der Neckarpark oder das Bürgerhospital als moderne Interpretationen einer neuen Gründerzeit auf großes Interesse bei der IBA stoßen werden.
Der Nürtinger Architekt Stefan Schwarz gibt zu bedenken, dass die Intensivierung von Fläche durchaus auch schmerzhaft sein kann. Zu diesem Themenkomplex stellt IBA-Intendant Hofer fest, dass die jetzige Baugesetzgebung im Grunde überholt ist, sie hat ihre Wurzeln im späten 19. Jahrhundert, als die Bevölkerungszahlen in den Städten infolge von Landflucht und Industrialisierung explodierten. Thomas Bopp ergänzt, dass die IBA die Chance bietet, die Möglichkeiten von gemischter Nutzung zu demonstrieren, daraus könnten sich später neue Normen ergeben.
Thomas HerrmannStv. Bezirksvorsitzender des Kammerbezirks StuttgartTel: 0711 / 487500Fax: 0711 / 487708thomas.herrmann spamgeschützt @ spamgeschützt akbw.de