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Was der abstrakte Begriff "Urbanisierung" konkret bedeutet, welche Überforderung für unsere Vorstellung von Stadtplanung damit verbunden ist, hat uns die Reise unmissverständlich vor Augen geführt", fasst Markus Müller, Präsident der Architektenkammer seine Erfahrungen zur Teilnahme an der Delegationsreise mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann Ende Januar in den indischen Bundesstaat Maharashtra zusammen.
"Nachhaltige Stadtentwicklung - intelligente Lösungen für die Stadt der Zukunft" und "Innovative Technologien" - lauteten die Schwerpunktthemen der Reise nach Pune, Mumbai und Bangalore mit 120 hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Entsprechend den Schwerpunkten der Reise nahmen die Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau, Nicole Hoffmeister- Kraut, der Minister für Verkehr, Winfried Hermann, die Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Petra Olschowski, sowie der Staatsminister und Chef der Staatskanzlei, Klaus-Peter Murawski, an der Reise teil. Die Wirtschaftsministerin leitete dabei die Teildelegation "Innovative Technologien", der Verkehrsminister führte die Teildelegation "Nachhaltige Stadtentwicklung" an. Weitere Vertreterinnen und Vertreter des Landtages, der baden-württembergischen Städte sowie aus Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft rundeten die Delegation ab.
In der akademischen Debatte sind die innovativen Lösungen baden-württembergischer Architekten, Ingenieure und Stadtplaner durchaus gefragt, ist doch Maharashtra, mit dem Baden-Württemberg seit 2015 eine Partnerschaft verbindet, der industrialisierteste Bundesstaat Indiens und wie Baden-Württemberg wissenschaftlich und wirtschaftlich vergleichsweise stark aufgestellt. Auch ähnliche Themen lassen sich identifizieren: Die Städte Mumbai und Pune haben ein massives Verkehrsproblem, das es zu bewältigen gilt. "Fortschreitende Urbanisierung macht eine kluge Weiterentwicklung der Städte und ihrer Infrastruktur nötig - in allen Teilen der Erde", so Winfried Kretschmann, "dafür gibt es keinen Masterplan und umso wichtiger ist es, sich über erprobte Konzepte und Vorhaben auszutauschen." Die Delegationsreise sollte dazu dienen, die Partnerschaft zwischen den beiden Bundesländern zu vertiefen, durch persönliche Begegnungen Vertrauen aufzubauen und gegenseitig weitere konkrete Projekte zu befördern. Indien ist derzeit die bevölkerungsreichste Demokratie mit der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft der Welt. "Es herrscht eine regelrechte wirtschaftliche Aufbruchsstimmung", konstatierte der Ministerpräsident.
In intensiven Gesprächen, bei Besichtigungen und in Workshops wurden Erfahrungen ausgetauscht und konkrete Projekte vorgestellt, wie Städte zukunftsfähiger gemacht werden könnten. Dabei wurde die extreme Differenz zwischen europäischen Standards und indischer Interpretation derselben Begriffe deutlich. "Smart City" mag in der Theorie auch in Indien die Digitalisierung städtischer Infrastrukturen zum Inhalt haben. Natürlich wird dort über "real-time" gesteuerte Busnetze berichtet. Tatsächlich kämpfen Pune, Mumbai und Bangalore aber mit den Folgen eines ungebremsten Bevölkerungswachstums, mit fundamentalen Mängeln in der öffentlichen Infrastruktur, besonders in der Schmutzwasserbeseitigung und Trinkwasserversorgung. "Wie können Architekten, Stadtplaner und Unternehmen aus Baden- Württemberg das wirtschaftliche, vor allem aber das ungebremste Bevölkerungswachstum in Indien mitgestalten?" war die Frage, die sich die Teilnehmer mit zunehmender Reisedauer stellten. Die Antworten fielen nach Branche unterschiedlich aus: Während der Maschinenbau und die Automobilindustrie bis hin zu IT-Unternehmen in Indien einen attraktiven Absatz- und Arbeitskräftemarkt vorfinden, sind die Bedingungen für Firmen aus dem "Smart-City"-Umfeld komplexer. "Es dürfte wenig Sinn ergeben, High-Tech-Lösungen in der öffentlichen Infrastruktur installieren zu wollen", war schlussendlich der Tenor. Für die Stadtplanung heißt das die Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Prinzip der europäischen Stadt im Wettbewerb zu investorengesteuerten Aufsiedlungsmodellen der Business-Distrikte wettbewerbsfähig ist. Wie kann mit den allgegenwärtigen Slum-Strukturen umgegangen werden? Kann es überhaupt eine Gesamtschau auf Metropolregionen mit über zwanzig Millionen Einwohnern geben, in die täglich mehrere tausend Menschen neu einwandern? Im bundesweiten Netzwerk NAX wird der interne Austausch weiter gehen. Mit bw-i, der Außenwirtschaftsagentur des Landes Baden-Württemberg werden Chancen und sinnvolle Initiativen durch die Kammer weiter diskutiert werden.