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Wegen einer unpräzisen Formulierung gab es bislang eine Wettbewerbsverzerrung
Von Doris Ludwig / Einführung von Eric Zimmermann
Die Entscheidung des EuGH über die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze in der HOAI führt dazu, dass die Bundesregierung die Honorarordnung schnellstmöglich anpassen und europarechtsfest gestalten muss. Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erklärte bereits, dass es hierfür einen „minimalinvasiven Eingriff“ zunächst vornehmen wird. Das bedeutet, dass kurzfristig allein nur mit solchen Änderungen zu rechnen ist, die die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze betreffen. Der nachfolgende Debattenbeitrag geht schon einen Schritt weiter: Wenn danach die nächste größere Reform der HOAI ansteht, können auch weitere inhaltliche Änderungen vorgenommen werden. Unsere Autorin, Architektin bei einem Finanzinstitut in Frankfurt am Main und erfolgreiche Absolventin der IFBau-Sachverständigenfortbildung „Honorarsachverständige“, hat hier einen konkreten Vorschlag.
Spätestens seit dem Urteil des EuGHs vom 4. Juli 2019 (C 377/17) ist die Überarbeitung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) unumgänglich. Es wäre wünschenswert, dass im Rahmen dieser Überarbeitung auch eine seit Jahren bestehende, aus einer unpräzisen Formulierung der HOAI entstandene Wettbewerbsverzerrung beseitigt würde. Zum gegenseitigen Nachteil von Architekten und Innenarchitekten kommt es bei Leistungen für Gebäude und Innenräume in der Praxis immer wieder zu einer falschen Gewichtung des Leistungsschwerpunktes, die zu einer falschen Beauftragung und in Folge zu einer ungleichen Honorierung von Grundleistungen für die Planung von Innenräumen in Gebäuden führt. Nicht zuletzt deshalb geschieht es häufig, dass Bauherren diese Leistung ausschließlich einem Architekten oder einer Architektin übertragen, anstatt die Gestaltung der Innenräume einem Innenarchitekten oder einer Innenarchitektin anzuvertrauen. Die Gründe für dieses Vorgehen liegen auf der Hand. Zum einen bleibt dem Bauherrn so die schwierige Abgrenzung von Leistungen für Gebäude und Innenräume erspart. Zum anderen ist die Vergabe an nur einen Planer bzw. eine Planerin für den Bauherrn schlichtweg günstiger, da die Honorartafeln der HOAI degressiv aufgebaut sind.
Das Problem der Abgrenzung zwischen „Gebäude“ und „Innenraum“ zeigt sich insbesondere bei Umbauten und Modernisierungen mehr als deutlich. Bei gestalterisch geprägten Maßnahmen müsste theoretisch eine Beauftragung der Leistungen für Innenräume erfolgen, gäbe es hier nicht ein wesentliches Detail zu beachten: Betrachtet man § 34 Abs. 1 und 2 HOAI, stellt man fest, dass hier zwischen dem „Leistungsbild Gebäude und Innenräume“ und gestalterischen „Leistungen für Innenräume“ unterschieden wird. Danach handelt es sich nur dann um Leistungen für Innenräume, wenn „die Gestaltung und Erstellung von Innenräumen ohne wesentliche Eingriffe in Bestand oder Konstruktion“ stattfinden. Damit könnte nun vermutet werden, dass es sich bei Umbauten oder Modernisierungen in bestehenden Gebäuden nicht mehr um Leistungen für Innenräume handeln kann, wenn Eingriffe in Bestand oder Konstruktion zum Vertragsgegenstand gehören. In der Praxis kann man gerade bei Umbauten und Modernisierungen jedoch nur selten vollständig auf Eingriffe in den Bestand verzichten. Folgt man nun der vorgenannten Regelung wörtlich, ohne die Leistung an sich weiter zu gewichten, so muss man zu dem Schluss kommen, dass sich die „Leistungen für Innenräume“ einerseits und Umbauten und Modernisierungen andererseits in den meisten Fällen von vornherein gegenseitig ausschließen. Die Beauftragung muss damit zwangsläufig für das Leistungsbild „Gebäude und Innenräume“ erfolgen, denn eine genaue Definition für den Begriff eines „wesentlichen Eingriffs“ sucht man in der HOAI vergeblich.
Für den Architekten bedeutet dies, dass er bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad (Honorarzone III) nach § 36 Abs. 1 HOAI einen maximalen Zuschlag von 33 Prozent für die von ihm für Gebäude und Innenräume zu erbringenden Leistungen veranschlagen darf. Erfolgt die Beauftragung der Leistung für Innenräume nun aber getrennt an einen Innenarchitekten, dann beträgt der nach § 36 Abs. 2 HOAI maximal anzusetzende Zuschlag 50 Prozent. Die unterschiedliche Handhabung der Zuschlagsverteilung folgt dabei dem Grundgedanken, dass es sich bei dem Gebäude und dem Innenraum um zwei voneinander getrennt zu betrachtende Objekte handelt, sofern diese nicht gemeinsam beauftragt sind.
Damit erhält der mit beiden Objekten beauftragte Architekt, bezogen auf die Innenräume, ein geringeres Honorar, als der mit derselben Leistung separat beauftragte Innenarchitekt. In der Praxis werden Zuschläge für Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen daher häufig gemäß der Regelung für Gebäude bemessen, unabhängig davon, wie groß der Anteil der Leistung für Innenräume tatsächlich ausfällt. In welchem Maße der mit dem Leistungsschwerpunkt auf „Gebäude“ beauftragte Architekt auch die Gestaltung der Innenräume schuldet, ist dabei allerdings fraglich.
Bei der Innenarchitektur und der Architektur handelt es sich um eigenständige Disziplinen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Es erscheint daher angebracht, für beide Disziplinen auch ein jeweils eigenes Leistungsbild zu definieren. Die Gestaltung der Innenräume entspricht dabei wiederum einer Fachplanung, für die eine Honorierung nach prozentualem oder flächenbezogenem Ansatz logisch erscheint. Durch eine eindeutige Trennung des Leistungsbilds nach Aufgaben und Disziplinen ließe sich mehr Klarheit schaffen sowie das Problem der ungleichen Honorierung lösen.
Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber sich bei der Neufassung der HOAI auch diesem Thema annehmen wird.