Veranstaltungsort für Tagungen, Seminare, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen.
Informationen für private und gewerbliche Bauherrinnen und Bauherren, Städte und Kommunen.
Teil 6 der Serie zum Bauvertragsrecht
Das neue Architektenvertragsrecht im BGB besitzt eine Verweisungsnorm, den § 650q BGB. Dort heißt es, dass für Architekten- und Ingenieurverträge die Vorschriften des Kapitels 1 des Untertitels 1 des BGB sowie die §§ 650b, 650e bis 650h BGB entsprechend gelten, soweit sich aus dem Untertitel 2 des BGB nichts anderes ergibt. Die Verweisungsnorm werden manche als etwas schwierig ansehen, da jeweils genau zu prüfen ist, ob eine Norm für den Architekten nun anzuwenden ist oder nicht. Und selbst bei dem nicht aufgeführten Paragrafen 650d BGB gibt es Stimmen, die meinen, dass es sich allein um ein gesetzgeberisches Versehen handelt, weshalb der Paragraf nicht genannt sei. An einer Verweisungsnorm kommt man aber nicht vorbei, wenn ein Gesetzestext schmal und einheitlich sein soll. So schwierig sie zu lesen sein mag, so notwendig und hilfreich ist sie.
In der heutigen Folge unserer Serie zum neuen Architektenvertragsrecht wollen wir die §§ 650e, 650f BGB vorstellen. Wie § 650q BGB explizit nennt, finden diese Vorschriften auf den Architektenvertrag Anwendung, obwohl sie nicht unter der Überschrift des Architektenvertrags stehen. § 650e BGB beschäftigt sich mit der Sicherungshypothek des Bauunternehmers. Diese war auch schon zuvor im BGB enthalten und unter § 648 BGB aufgeführt. Danach kann der Architekt für seine Forderung aus dem Vertrag die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück des Bauherrn verlangen. Ist das Werk noch nicht vollendet, so kann er die Einräumung der Sicherungshypothek für einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und für die in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Nach bisheriger Erfahrung fand die Sicherungshypothek nur bedingt Anwendung beim Architekten.
Interessant ist zudem die Vorschrift, die sich nun in § 650f BGB zur Bauhandwerkersicherung wiederfindet (und bislang unter § 648a BGB stand). Es war allgemein anerkannt, dass auch der Architekt eine sogenannte Bauhandwerkersicherung von seinem Bauherrn verlangen kann. Die Regelung hat zum Ziel, dass der Unternehmer bzw. bei uns der Architekt eine Sicherheit für seinen Lohn oder sein Honorar von seinem Bauherrn verlangen kann. Danach kann der Architekt vom Bauherrn Sicherheit für die auch in Zusatzaufträgen vereinbarten und noch nicht gezahlten Vergütungen einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen verlangen, die mit 10 Prozent des zu sichernden Vergütungsanspruchs anzusetzen sind. Die Kosten zur Stellung der Sicherung trägt dann der Architekt. Der Gesetzestext ist deutlich länger. Bei Fragen können Sie sich auch an die Rechtsabteilung der Kammer wenden.
Das Interessante an der Bauhandwerkersicherung ist allerdings gar nicht so sehr die Möglichkeit der Absicherung, sondern dass der Architekt mit ihr ein zusätzliches gesetzliches Kündigungsrecht besitzt. In § 650f Abs. 5 BGB heißt es, dass der Architekt die Leistung verweigern oder den Vertrag kündigen kann, wenn er dem Bauherrn erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung der Sicherheit nach § 650f Abs. 1 BGB bestimmt hat. Wird also eine Sicherheit vom Architekten eingefordert, nicht aber vom Bauherrn in der Form und Frist gestellt, wie es notwendig ist, besteht ein Kündigungsrecht des Architekten. Kündigt nun der Architekt den Vertrag, ist er berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt. Es wird dabei vermutet, dass danach den Unternehmen 5 Prozent der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenen vereinbarten Vergütung zustehen.
Das Einfordern einer Bauhandwerkersicherung kann daher eine erfolgreiche „Exit“-Strategie darstellen, um aus einem bestehenden Vertrag legal herauszukommen. Allerdings fand die Vorschrift bislang keine Anwendung auf öffentliche Auftraggeber und auf natürliche Personen, die Bauarbeiten zur Herstellung oder Instandsetzung eines Einfamilienhauses mit oder ohne Einliegerwohnung ausführen lassen wollten. Insofern war die Praxisrelevanz der Bauhandwerkersicherung deutlich eingeschränkt.
Interessant ist nun, dass sich diese Anwendungsausnahme aus § 648a BGB in dem neuen Paragrafen § 650f BGB nicht exakt wiederfindet. Denn dort heißt es abweichend nun, dass die Bauhandwerkersicherung nicht verlangt werden kann für Bauherren, die Verbraucher sind und es sich um einen Verbraucherbauvertrag handelt. Wie gilt nun diese Anwendungsausnahme „entsprechend“ für Architekten? § 650q Abs. 1 BGB führt ja als Verweisungsnorm aus, dass § 650f BGB „entsprechend“ für Architekten- und Ingenieurverträge gelten soll.
Was heißt aber nun „entsprechend“ , wenn in der ursprünglichen Regelung eine Ausnahme vorgesehen ist für Verbraucher, die einen Verbraucherbauvertrag abschließen? Es gibt gerade keinen gesetzlichen Verbraucher-Architektenvertrag, entsprechend lässt sich daher der Gesetzestext nicht übertragen. Juristen vertreten nun teilweise die Ansicht, dass generell Architekten keine Bauhandwerkersicherung verlangen können, wenn ein Verbraucher als Vertragspartner aufgeführt ist. Sie begründen dies damit, dass die Verweisungsvorschrift des § 650q BGB den expliziten Wortlaut des § 650f BGB übersehen und nicht bedacht hätte, dass der Wortlaut nicht exakt auf den Architektenvertrag zu übertragen wäre. Hier gelte deshalb der vermutete gesetzgeberische Wille. Und dieser gesetzgeberische Wille sähe vor, dass Verbraucher keine Bauhandwerkersicherung zu liefern hätten.
An dieser Auslegung bestehen ernsthafte Zweifel: Denn eine solche Interpretation entfernt sich schon ziemlich weit vom bestehenden Gesetzeswortlaut. Denn die Ausnahmevorschrift gilt eben nicht für sämtliche Verbraucher, sondern allein für Verbraucher, die einen Verbraucherbauvertrag mit einem Unternehmer abgeschlossen haben. Der Gesetzgeber hat zudem gerade keinen Verbraucher-Architektenvertrag geregelt. Hier wird wohl erst eine rechtliche Klarstellung entweder des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung dazu führen, dass Sicherheit erlangt wird.