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Veränderungen als Grundbedingung künftiger Planung
Unsere Gesellschaft und ihre Arbeitswelt sind in einem tiefgreifenden Wandel. Er wird befeuert durch die Klimakrise und ihre Folgen für Produktion und Dienstleistung, durch die rasant fortschreitende Digitalisierung, neue Produktionsweisen und nicht zuletzt durch sich verändernde Arbeits- und Lebensmodelle.
Das Kompetenzteam Arbeitswelten versteht diese Transformation nicht als Ausnahme, sondern als Grundbedingung zukünftiger Planung und Gestaltung. Sie fordert ein neues Verständnis von Kontext, Prozess und Verantwortung und stellt tradierte Rollenbilder in der Planung zur Disposition.
Eine neue Herangehensweise
Der epochale Umbruch – oft als Transformation bezeichnet – verlangt ein verändertes Selbstverständnis unseres Berufsstands. Er beeinflusst sämtliche Planungsparameter, entfaltet große Dynamik und bringt teils widersprüchliche Anforderungen mit sich. Planung muss künftig mit offenen Prozessen, komplexen Rahmenbedingungen und vielfältigen Akteurskonstellationen umgehen können. Gefragt ist eine Haltung und Herangehensweise, das über eine einfache Lösungslogik hinausgeht: Sie umfasst den Blick für Zusammenhänge, strategisches Denken, dialogische Haltung und die Bereitschaft, Verantwortung im Sinne des Gemeinwohls zu übernehmen. Architekt:innen und Planer:innen machen damit einen nachhaltigen Stadtumbau erst möglich. Dieses Verständnis bildet die Grundlage unserer Arbeit im Kompetenzteam Arbeitswelten.
Planung beginnt früher und strategischer
Diese neue Haltung lenkt den Blick auf ein bisher offenes und wenig beachtetes Arbeitsfeld: die Phase 0. Sie beschreibt die Phase vor den klassischen Leistungsphasen der Planung, in der nicht Entwurf und Form, sondern Zieldefinition, Bedarfsanalyse und Prozessgestaltung im Vordergrund stehen. Mit dieser Arbeit werden entscheidende Weichen gestellt:
Statt fertige Vorschläge zu präsentieren, geht es darum, Denkräume zu öffnen, sei es räumlich, funktional, programmatisch oder standortbezogen. Das analytische Denken von Architekt:innen trägt dazu bei, Orte sorgfältig zu lesen und ihre Voraussetzungen im direkten Austausch mit den Nutzergruppen, Verwaltungen, Unternehmen oder zivilgesellschaftlichen Akteur:innen zu erkunden.
Ressourcenanalyse
Die Transformation in der gebauten Umwelt bedeutet Umbaukultur. Der Bestand wird zur Ressource. Es geht um das Umcodieren statt Abreißen, um das Reparieren statt Ersetzen, und um das Anpassen statt Verdrängen. Dazu gehört, die bisherige Bedeutung eines Gebäudes zu erkennen. Ebenso gilt es, seine Leistungfähigkeit und sein Potenzial neu zu bestimmen. Und schließlich erfordert Transformation auch die Offenheit, ein geplantes Nutzungsprogramm an die Möglichkeiten des Bestandes anzupassen und neue Nutzungsprogramme zu entwickeln. Eine professionelle Ressourcenanalyse umfasst dabei nicht nur technische oder baurechtliche Aspekte. Sie prüft auch immaterielle Qualitäten wie Atmosphäre, soziale Einbindung, Mobilitätsverflechtungen, Geschichte und Zukunftschancen. Gerade für produktive Quartiere oder sich wandelnde Gewerbestandorte ist diese Herangehensweise entscheidend.
Prozesswissen als stille Kompetenz
Transformation lässt sich nicht wie ein Bauantrag planen. Sie ist ein offenes System, das sich im Dialog mit vielen Akteur:innen entwickelt. Wer gestalten will, braucht nicht nur Entwurfsstärke, sondern auch Prozesswissen:
Architekt:innen und Stadtplaner:innen übernehmen dabei neue Rollen. Sie übersetzen zwischen Fachsprachen, bauen Brücken zwischen Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit und ermöglichen somit neue und komplexe Projekte. Transdisziplinäres Zusammenarbeiten und Kommunikation werden zu Schlüsselkompetenzen.
Architektur als Ermöglichungsdisziplin
Die Gestaltung zukünftiger Arbeitsorte, Quartiere und Stadtstrukturen beginnt nicht mit dem ersten Entwurf, sondern mit dem Verständnis für den Wandel. Diesen zu erkennen, zu strukturieren und gemeinsam mit anderen zu entwickeln, ist die zentrale Aufgabe unserer Disziplin. Es ist Zeit, diese Rolle offensiv anzunehmen, im Berufsalltag, im Diskurs und in der Selbstvergewisserung unserer Verantwortung als Planende. Die Arbeitswelt der Zukunft stellt Fragen, auf die es keine eindeutigen Antworten gibt, wohl aber eine Vielzahl von Möglichkeiten.
Das Kompetenzteam Arbeitswelten möchte hierzu den Austausch zwischen Architekt:innen, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft stärken.
Claudia Georgius, Sacha Rudolf
Aus: Working World(s) in the Productive City, Working paper of the Working World(s) competence team at the Chamber of Architects of Baden – Württemberg Architects (AKBW) Jörn Wächtler / Frank Gwildis – December 2024