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Beim „Tag der Architektur“ ging es um Baulücken und das Bauen im Bestand – Kindercampus Winterhauch und ein Stadtspaziergang sensibilisierten für komplexes Thema – „Vielleicht will jemand einen Bürgerverein gründen“Bericht von Von Peter Lahr (mit freundlicher Empfehlung der RNZ / Ausgabe MosbachMosbach / Waldbrunn. „Leerstand – Lücken – Potenziale“, überschrieben die Organisatoren den diesjährigen „Tag der Architektur“ ganz bewusst. Denn es ging den Architekten am Samstagnachmittag nicht darum, Schuldige für überall sichtbare, städtebaulichen Lücken und Leerstände zu benennen. Vielmehr wollten sie zum Nachdenken anregen. Welche Wege und Möglichkeiten könnte es geben, um neues Leben in alte Mauern zu bringen, die Innenstadt wieder zu einem attraktiven Begegnungs-Ort zu machen? Folgerichtig besichtigte die Schar der Fachleute und interessierter Laien zwei recht unterschiedliche Gebäude. In Waldbrunn war es der „Kindercampus Winterhauch“, der in einem zu groß gewordenen Schulhaus Kindergartengruppen und Grundschule zusammenbringt. Ohne Abrissbirne kam man auch im Herzen der Mosbacher Altstadt aus, um einen Leerstand nach diversen Pop-Up-Zwischennutzungen einer längerfristigen Lösung in Form eines Cafés und Ladens für Kleinkinderbedarf zuzuführen. Die aus Mosbach stammende Architektin Kim Krück schrieb über die (fiktive) Umwandlung des Obertorzentrums in das (real geplante) Baukompetenzzentrum der Dualen Hochschule ihre Masterarbeit und stellte diese vor (siehe gesonderter Artikel).„Es war ein langer Prozess, wir sind seit 2018 im Gespräch“, fasste Architekt Bernhard Bangert vom Büro „EndersWeissBangert“ die Geschichte des Kindercampus zusammen und betonte: „Da war noch kein Krieg und kein Corona“. Eine Machbarkeitsstudie gab ursprünglich den Ausschlag, sich gegen einen Neubau und für das Sanieren im Bestand zu entscheiden (die RNZ berichtete mehrfach). Der Aspekt der Nachhaltigkeit stand dabei auch im Fokus: „Die graue Energie blieb erhalten.“ Zwei neue Erschließungsachsen ermöglichten die neue Doppelnutzung. Während etwa das Dach erhalten bleiben konnte, wurden die Innenräume komplett saniert. In den Klassenzimmern legte man großen Wert auf Flexibilität – bis hin zu abnehmbaren Tafeln und Tischen auf Rollen. Die Mensa nutzen Schule und Kindergarten gemeinsam, aber räumlich getrennt. „Die Kreidetafel muss nicht auf ewig verbannt bleiben“, erklärte Bangert mit Blick auf die digitalen Angebote. Eine große Beteiligung der Nutzer und der Gemeinde führte zu vielen neuen, praxistauglichen Lösungen. Leider stiegen auch die Baukosten: „Wir sind bei 8,5 Mio. Euro gestartet und bei 13 Mio. geendet.“ Weshalb der Architekt dafür plädierte, die Verantwortung für die Schulen, wie in Hessen, auf die Kreise zu verlagern.Josef Scheurich, Vorsitzender der Kreis-Kammergruppe der Architekten, begrüßte zum „Spaziergang durch Mosbach“. Es gehe dabei ausschließlich darum, sich dessen bewusst zu werden, was fehle. Die Gründe für die diversen Leerstände seien vielfältig, sie könnten vom Onlinehandel über Brandschutz bis zu verstrittenen Erbgemeinschaften reichen. „Mosbach ist nicht die einzige Stadt, viele andere waren schon sehr aktiv“, verwies Scheurich auf bundesweite Positivbeispiele. Sein Credo lautete dabei: „Man muss einfach mal was probieren.“ Möglichkeiten gebe es zahlreiche; von der Begegnungsstätte bis zum Spielecafé, ein Unverpackt-Laden, Startups, Coworking-Flächen, Schaufenstergalerien oder Ateliers auf Zeit. „Viele junge Menschen haben Ideen, aber nicht das große Geld“, gab der Architekt zu bedenken. Oft sei auch ein „Motor“ wichtig, der die Leute an die Hand nehme. So betreibe im kleinen Ort Hirschlanden mittlerweile eine Bürgergenossenschaft eine Gaststätte.„Was würden Sie tun, wenn Sie dieses Haus ein halbes Jahr kostenlos nutzen könnten?“, fragte Scheurich vor einem markanten Leerstand am Marktplatz. „Neunzig Prozent meiner Bekannten sagen, da soll ein Café rein“, lautete die prompte Antwort eine Frau. „Es gibt immer Verhinderungsgründe, aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, machte der Fachmann Mut zur Aktion und regte an: „Vielleicht ist einer unter uns, der einen Bürgerverein gründen will.“„Wie kann man einen Leerrstand dauerhaft mit Leben füllen?“, vor dieser Frage stand der Eigentümer des Hauses Hauptstraße 58. Der einstige Kolonialwarenladen war bereits als Buchhandlung und Reisebüro genutzt. Pop Up Stores boten vorübergehend Mode und Kunst, Kaffeemaschinen und Antiquitäten an. Über den „Umweg“ eines Babykonzeptstores mit Krabbelgruppe entwickelte sich das heutige Café mit abgetrenntem Spielbereich und Babyladen. „Die Lage ist 1a, aber wir mussten ausprobieren, was in diesen Räumlichkeiten geht“, fasste Dipl. Ing. Uwe Krück zusammen und verwies auf die sehr vielfältigen Nutzungsvarianten, die es planerisch zu ermöglichen galt. In der Folge wurde ein bereits vorhandener Aufzug wieder reaktiviert; zudem erschließt ein neu geschaffener Eingangsbereich mit Treppe die Wohnungen in den Obergeschossen. „Das könnte man sehr vielfältig nutzen“Architektin Kim Krück schrieb ihre Masterarbeit über die Umnutzung des ehemaligen Obertorzentrums – DHBW entschied sich für Neubau an anderem PlatzMosbach. (lah) „Ich bin in Mosbach aufgewachsen und die Nichte von Uwe Krück“, stellte sich am Samstag die junge Architektin Kim Krück den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Architektur-Rundgangs vor. Für ihre Masterarbeit an der Karlsruher Hochschule hatte sie ein Thema aus ihrer Heimatstadt gewählt. Neubau oder Abriss? Was wäre die bessere Variante für die geplante Campuserweiterung der Dualen Hochschule um ein Baukompetenzzentrum? „Ich wollte nicht, dass die komplette Betonmasse zum Sondermüll kommt“, beschrieb die Fachfrau einen wichtigen Bezugspunkt. Bevor sie die rein technische Seite des Projekts beschrieb, nahm Krück die Gesamtsituation der Gemeinde unter die Lupe. Denn was sich derzeit in Mosbach abzeichne, sei das Problem zahlreicher Kommunen. Vom Fachkräftemangel bis zum Wegzug junger Leute ging es da zunächst. „Krass am Zunehmen“, seien auch die Leerstände, wie ihre Kartographie aus den Jahren 1985, 2015 und 2024 unschwer belegten. Von der Historie des Areals, der ehemaligen Stadtbefestigung, ging es rasch über die Brauerei Hübner zum 1986 errichteten Supermarkt. Dank des damals verwendeten Rasters sei bis heute eine recht flexible Raumnutzung möglich, erkannte Kim Krück beim Studieren der Pläne. Nicht nur die konkreten Um- und Ausbaustufen des Areals interessierten die Expertin. Wie das neue Zentrum dabei im Ort besser verankert werden und somit die Altstadt beleben könne, bildete ebenfalls einen Aspekt der Masterarbeit. Ihre Ideen: ein Studentencafé und ein Coworking-Space am Marktplatz, ein Kreativraum, ein Copyshop oder fußläufig erreichbare Bedarfsunterkünfte für Dozenten. „Ein Gelenk zwischen Altstadt und DHBW“ könne der Umbau bilden. Teilweise Aufstockungen in Holzbauweise sollten die Hübner-Villa sichtbar erhalten. Komplette Pläne zeigten die Verteilung der Räume für Lehre, Forschung und Verwaltung. Eine Fahrradreparaturwerkstätte im Untergeschoss oder ein Café mit Außenbestuhlung sprachen für eine lebensnahe Planung. Diverse Visualisierungen zeigten mögliche Erschließungsfugen sowie Raumgestaltungen bis hin zur Fassade – einer Neuinterpretation der Fachwerkstruktur. Nach dem letzten Beschluss der DHBW ist das „Bauen zwischen Tradition und Vision“, das Kim Krück favorisierte, zwar ad acta gelegt, aber das ficht die junge Architektin nicht an. Das Baukompetenzzentrum soll in kleinerem Maßstab auf einer Freifläche der DHBW als Neubau entstehen. Die Frage, ob die DHBW ihre Arbeit kenne, bejahte die junge Frau. Aber zu einer, von ihr angebotenen, Präsentation sei es nie gekommen. Das Areal des ehemaligen Obertorzentrums befindet sich aktuell im Besitz der Stadt Mosbach.BUZ: Beim Tag der Architektur ging es am Samstag um Leerstände wie am Mosbacher Marktplatz und um Bauen im Bestand wie beim Waldbrunner Kindercampus Winterhauch. Kim Krück hat ihre Masterarbeit im Fach Architektur über die mögliche Umnutzung des Obertorzentrums geschrieben.
Dipl.-Ing. (FH) Josef Scheurich Architekt
Alle Fotos; Peter Lahr RNZ / KG Neckar-Odenwald-Kreis