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aus DAB 11 -2021 von Andreas GrubeKlimawandel und Ressourcenknappheit geben die Richtung vor – nicht Abriss und Wiedererichtung bilden nachhaltige Lösungen, das Augenmerk der Zukunft muss auf Bestandserhaltung, Erweiterungen und Umnutzungen liegen. Dazu benötigt es viele Faktoren und viele Beteiligte. Diese an einen Tisch zu bringen war Anlass für das erste Denkmalforum, zu welchem der Kammerbezirk Karlsruhe gemeinsam mit den beiden Kammer- gruppen Stadt und Landkreis am 20. September in Präsenz einlud in einen Neubau mitten im Kontext von denkmalgeschützter Kirche und Pfarrhaus am Ökumeneplatz in Karlsruhe.
Professor Dr. Ulrike Plate, Referatsleitung Bau- und Kunstdenkmalpflege im Landesamt für Denkmal-pflege im RP Stuttgart, Barbara Saebel, denkmalpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag BW, Professor Anne Sick, Leitung Amt für Hochbau und Gebäudewirtschaft der Stadt Karlsruhe, Dr. Wilfried Maag, Sachverständiger und Gutachter und Dominik Burkard, Architekt konnten für das Podium gewonnen werden. Die Moderation übernahm Herr Grube. Der Saal war mit annähernd 70 Menschen locker besetzt, es galt Maskenpflicht, 3G war am Eingang überprüft worden.
Tradition, Respekt und Handwerkskunst, Materialität, Soziokultur und Ökonomie, Wertigkeit erhalten – so die Stichworte auf dem Podium. Und was bedeutet denkmalgerechtes Weiterbauen?
Nach kurzem bebilderten Impulsvortrag von Herrn Burkard mit gebauten Beispielen im Denkmal stand die Frage, was unter einer denkmalgerechten Sanierung zu verstehen sei und der dabei zu berücksich- tigenden Aspekte an erster Stelle des vorbereiteten Fragenkataloges.
Der Architekt soll als Dienstleister zwischen Bauherrschaft und Genehmigungsbehörden und Gebäude vermitteln, für den größtmöglichen Erhalt der Substanz eintreten und Verständnis für das Gebäude haben - doch wo bleiben die Baukultur und die Wirtschaftlichkeit?
Es gilt unendlich viele Vorschriften und Normen unterschiedlichster Stellen einzuhalten, diese kollidieren manches Mal, es kommt zu Zielkonflikten, z.B. wenn neuer Wohnraum im Bestand geschaffen werden will. Daher sollte vor Beginn jeglicher Planung immer eine gründliche Analyse des Bestands stehen unter Anwendung modernster Techniken, alle Vorgaben geprüft und sämtliche Belange aller berücksichtigt werden, im Anschluss könne einer Genehmigung wenig im Wege stehen. Es wird ein Miteinander gewünscht von allen Beteiligten am Bau. Der am KIT aktuell auslaufende Masterstudiengang ,Altbauinstandsetzung’ wäre eine Möglichkeit, weiterhin fachgerecht auszubilden und fundierte Untersuchungen zu ermöglichen. Denkbar wären auch vom Land mitgetragene, berufsübergreifende Weiterbildungsmöglichkeiten für alle am Bau Beteiligten – Architekt‘innen / Handwerker und Handwerkerinnen / Energieberater‘innen / Ingenieure und Ingenieurinnen (Beispiel Hessen: www.propstei-johannesberg.de) Professor Dr. Plate gibt zu verstehen, dass zu wenig Fachpersonal in der Beratung verfügbar ist, um in jedem Fall in aller Ruhe die Ermessensspielräume auszuloten. Die von Frau Saebel beantragten zusätzlichen Stellen in der Denkmalpflege sind im neuen Haushalt bisher nicht berücksichtigt. Doch diese Beratung ist unabdingbar, wenn der von Frau Razavi geäußerte Slogan ‚Denkmal sucht Freund‘ zeitnah umgesetzt werden soll. Das Denkmalamt ist eine reine Fachbehörde, die Genehmigung erteilt die jeweils zuständige Schutzbehörde. Es gibt nicht immer aus Gründen des Denkmalschutzes Einschränkungen, so können z.B. Brand- und Lärmschutz oder die Arbeitsstättenrichtlinien vorrangig eine Genehmigung verhindern. Eine Struktur sei notwendig, die zwischen den Beteiligten vermittelt, so der Vorschlag von Frau Sick, ‚eine Art Gestaltungsbeirat im Denkmal‘. Das Einlegen von Widerspruch gegen erteilte Genehmigungen kostet viel Zeit, Geld und Nerven aller Beteiligten. Bedingt durch die lange Prozessdauer werden geplante Projekte manches Mal nicht umgesetzt, z.B. Neubau inmitten alten Bestandes. Das kann aber nicht Ziel und Zweck der politisch gewollten Entwicklung ‚Innenraum vor Außenraum‘ sein.Denkmale gibt es nicht nur im öffentlichen Bereich, über 50% aller Denkmale in Baden-Württemberg stehen im Privateigentum. Zur Unterstützung gibt es die Steuerabschreibung, aber es ist nicht möglich, jeglichen Denkmalschutz mit zusätzlichen Fördergeldern zu finanzieren. Es soll schmackhaft gemacht werden, dass ein Denkmal etwas Besonderes ist, eine Anlagemöglichkeit. Wohnen im Denkmal, Arbeiten im Denkmal kann auch private Initiative bedeuten, denn nicht jedes Denkmal ist ein Schloss! Aber den potenziellen Bauherrn muss der Mut und die Unterstützung mitgegeben werden, bisher ist leider allzu oft die Regulative die Bremse für die Entwicklung privater Initiativen. Ideal wäre der Austausch von sogenannten Best Practice Beispielen, auch um die gut gebauten Beispiele zu vermitteln, nicht nur bei der interessierten Bauherrschaft und Investoren, sondern auch bei den Denkmalschutzbehörden.Für Fragen aus dem Publikum blieb am Ende etwas wenig Zeit. Laufende Verfahren konnten aufgrund von Interessenskonflikten leider nicht besprochen werden. Es sind weitere Gespräche geplant, aktuell ist die Kammer mit dem Ministerium im Gespräch. Sie wird weiter versuchen das Gespräch zu führen und den Austausch im Sinne der Sache zu forcieren. Denn der Ansatz ‚Innenentwicklung vor Außenentwicklung‘ ist auch ein Beitrag für Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Dipl.-Ing. (FH) Andreas GrubeFreier Architekt BDA
Dip.-Ing. (FH) Thomas SchrammArchitekt