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Im zehnten Jahr ihres Bestehens warteten die "Heidenheimer Energiegespräche" wieder mit hochinteressanten Podiumsgästen auf. Kein Geringerer als Baden-Württembergs Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Franz Untersteller, Markus Müller Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, der Österreicher Helmut Krapmeier vom Energieinstitut Vorarlberg, sowie Rainer Hofmann von bogevischs buero aus München gaben sich am 12. Mai im historischen Lokschuppen in Heidenheim ein Stelldichein.
Nach den einleitenden Worten des Kammervorsitzenden und dem Grußwort von Landrat Thomas Reinhardt, der die Heidenheimer Energiegespräche als eine der wichtigsten öffentlichen Gesprächsrunden in der Stadt Heidenheim bezeichnete, stellten die angereisten Gäste sich und ihre Themen in kurzen, teils spannend vorgetragenen Impulsreferaten vor. Dabei konnte der gebürtige Wiener Helmut Krapmeier, die über 150 Zuhörer, mit seinem äußerst eloquent dargebotenen Vortrag, der in einer Präsentation seines zur Anreise nach Heidenheim verwendeten Klapp-Velos gipfelte, besonders beeindrucken.
Wie zehn Jahre zuvor ging es 2015 wieder um den Themenkomplex Zukunft, Energie und Umwelt. Für die Veranstalter der Architektenkammergruppe Heidenheim und des VDI schloss sich dabei ein Kreis, bei dem über ein Jahrzehnt lang unterschiedliche Themenkomplexe interdisziplinär mit insgesamt fast vierzig Fachreferenten diskutiert wurden.
"Sind dabei Fortschritte erzielt worden", wollte Architekt Wolfgang Sanwald in seiner Begrüßungsrede wissen, der unter anderem auf die gerade mal vier Jahre alte Herausforderung Energiewende anspielte. Karl Rechthaler sprach im Nachwort anlässlich der zehnten Runde von "Glücksgefühlen". Dies könnte mit dem Besuch des Umweltministers zu tun gehabt haben, der als studierter Landschaftsplaner und damit "Seelenverwandter" der Architekten die fast dreistündige Diskussionsrunde engagiert bereicherte. Es lag aber noch mehr an der hervorragend von Stefan Siller (SWR - Leute) moderierten Veranstaltung, die zum Nachdenken anregte, was das nach Fukushima hochgespülte Wort Energiewende für jeden Einzelnen zu bedeuten hat.
Für Franz Untersteller geht es um Verantwortung. Und für den grünen Umweltminister geht es auch darum, dass Baden-Württemberg Vorreiter sein möchte. Den Energieverbrauch halbieren, 80 Prozent erneuerbare Energien einsetzen und den CO2-Ausstoß um 90 Prozent reduzieren und dies bis 2050, so lauten die Vorgaben aus dem Ministerium.
Ist das realistisch und wie lässt sich das erreichen? Das war einer der Fragenbereich, zu dem die Diskutanten auf dem Podium um Antwort gebeten waren. Die Frage nach der Wirkung aller ehrgeizigen Anstrengungen der Landesregierung beantwortete Untersteller gleich selbst. "Für das Weltklima wohl eher nichts." Untersteller jedoch vertraut darauf, dass reiche Industrieländer wie Baden-Württemberg durch vorbildliche Maßnahmen zu Ressourcenschonung und zum effizienten Energieverbrauch beispielgebend wirken und Wege freimachen, die auch andere nutzen können. "Das ist meine Hoffnung" so Untersteller.
In der Folge ging es um Themen wie der verstärkt vorgesehene Einsatz von Recycling-Beton, der notwendige Austausch stromfressender Heizungspumpen, die in Frage gestellte Verwendung von Styropor als Wärmedämmstoff und überhaupt die Frage nach Amortisation und Rentabilität von Energetischer Gebäudesanierung. Diese Details des Planens und Bauens summierten sich zu Themenstellungen moralischen Handelns. „Es geht um globale Gerechtigkeit“, meinte Markus Müller, „wir verbrauchen mehr Ressourcen als alle anderen Erdbewohner, und sind gehalten dementsprechend verantwortlich damit umzugehen.“Ein großer Hebel für mehr Energieeffizienz liegt nach wie vor in der Sanierung des Gebäudebestands. „Aber wird ein Münster jemals alle Vorgaben der EnEV einhalten können“, gab dazu Präsident Müller zu Bedenken und verwies auf Bereiche, wo dieses Mittel seinen Sinn verliert. Oder etwa das Smart-House, das High-Tech-Gegenstück zur heizungsfreien Gotik, wo über WLAN verknüpfte Sensoren der Regel- und Steuerungstechnik freien Lauf beim energetischen Optimieren lassen: „Firlefanz“ konterte hier Helmut Krapmaier – jedenfalls für den privaten Wohnbereich. Als Energieverbrauchstreiber geißelte der Diplom-Ingenieur aus Dornbirn Siedlungsstrukturen mit möglichst entlegenen Einzelhäusern. Zum sowieso schon höheren Energieverbrauch im Gegensatz zu Mehrfamilienhäusern addierten sich hier noch häufig die Mobilitätskosten für die Fahrten zu Arbeit, Schule und Einkaufszentrum. Hier seien nicht Prämien für Wärmedämmung, sondern eher Prämien für einen Abriss geboten, spitzte Krapmeier zu.
Rainer Hofmann, Miteigentümer von bogevischs buero in München, stellte anhand der Ingolstädter Großwohnanlage Hollerstaude klar, dass sogar im Bereich des preiswerten Mietwohnungsbaus beim Thema Energieeffizienz architektonisch Vorzeigbares und für die Lebensqualität im Quartier Vorbildliches geschaffen werden kann. 55 Prozent des Wärmebedarfs decken Solarmodule auf den Dächern in Kombination mit ins Gebäude integrierten Großpufferspeichern.
Die Fördermittel des Landes Bayern, so Hofmann, hätten dabei viel geholfen. "Es rechnet sich für die Gesellschaft", zog Minister Untersteller seinen Bilanzstrich für den Einsatz öffentlicher Mittel.
Am Ende des Abends war sich die Runde einig, dass man den Bürger nicht per Gesetz zwingen könne, seinen CO2-Fußabdruck zu schmälern. "Es gibt auch eine eigene Verantwortung", meinte Untersteller. Manche hätten davon sogar gern mehr. Rainer Hofmann etwa. Als Architekt werde man immer mehr zugepflastert von Verordnungen, Gesetzen und Normen. "Ich bin aber kein Rechtsanwalt." Warum gibt man nicht einfach den maximalen Energieverbrauch für ein Gebäude vor und lasse dann dem Architekten freie Hand, wie und unter Einsatz welcher Mittel er dieses Ziel erreichen kann?" Ein interessanter Gedanke, der im Nachgang bei Imbiss und Getränken noch lange unter den zahlreichen Besuchern diskutiert wurde.