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Aus Anlass der aktuellen, dramatischen Hochwasserereignisse mahnt die Architektenkammer Baden-Württemberg (AKBW) dringend wirkungsvolle Gegenmaßnahmen an. „Wie viele solcher Hochwässer muss es noch geben, um die Klimaanpassung handlungsleitend ins Zentrum kommunaler Planung zu stellen?“, fragt AKBW-Präsident Markus Müller. „Beim Hochwasserschutz herrscht Alarmstufe Rot.“
Extreme Wetterereignisse verursachen – auch aktuell wieder – großes Leid und immense Kosten. Rund 145 Milliarden Euro Schäden sind laut einer vom Bundesministerium für Klimaschutz beauftragten Studie* allein zwischen 2000 und 2021 durch die Folgen des Klimawandels entstanden. Bis 2050 prognostiziert die Studie zwischen 280 und 900 Milliarden Euro. Die Höhe entscheidet sich am Ende dadurch, ob wir es schaffen, dagegenzuhalten durch wirkungsvolle Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen.
Nach wie vor stellt die AKBW großen Aufklärungsbedarf bei Kommunen, Behörden und Planern auf dem Gebiet einer auf Hochwasserschutz abgestellten Bauleitplanung, aber auch individueller Bauplanungen und Baugenehmigungen fest. Auch wenn die Begehrlichkeiten, mehr Flächen für Wohnraum bereitzustellen, groß seien, sei es fatal, sie in Konkurrenz zu den Schutzzielen zu verhandeln. „Hochwasserschutzgebiete dürften grundsätzlich nicht bebaut werden – Punkt“, so Müller. Werde Klimaschutz zum Leitmotiv bei Planungen erklärt, seien Zielkonflikte vor Ort erheblich besser aufzulösen.
Die Architektenkammer hat unter ihren 26.000 Mitgliedern ausgewiesene Expertinnen und Experten für die Anwendung der Gefahrenkarten beim „hochwasserangepassten Planen und Bauen“. „Die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels sind erneut tragisch deutlich sichtbar geworden und sollten nun wirklich die letzten Skeptiker überzeugen, ins Handeln zu kommen“, so Hannes Bäuerle, Vertreter der Landschaftsarchitektur im AKBW-Landesvorstand und Mitglied des kammereigenen Kompetenzteams „Nachhaltigkeit“. „Die dreistelligen Milliardensummen an Folgekosten des Klimawandels in Deutschland hat die Gesellschaft so oder so aufzubringen. Die Frage stellt sich nur, wofür. Steckt sie das Geld in die Schadensregulierung im Nachgang zu solch verheerenden Ereignissen wie in den vergangenen Tagen? Oder investiert sie in Vorsorgemaßnahmen wie Retentionsflächen, Entsiegelung, Renaturierung und vieles mehr?“ Bäuerle spricht sich auch dafür aus, kurzfristige Maßnahmen durch umfassende, interdisziplinäre Planung umzusetzen, bevor das nächste Großschadenereignis eintritt, was „keine Frage des Ob, sondern des Wann“ sei.
Für das AKBW-Kompetenzteam „Landesentwicklung“ urteilt Stadtplaner und Landesvorstand Albrecht Reuß: „Der Rechtsrahmen wurde in den vergangenen Jahren schon gesetzt. Stichworte: Hochwassergefahrenkarten, Bauverbot im Hochwasserbereich, Starkregenkarten, Drittverschlechterungsverbote. Auch haben viele Kommunen in (technischen) Hochwasserschutz investiert. Aber die Aufgabe ist riesengroß, und der Rechtsrahmen verbessert noch nicht den Bestand, sondern verhindert nur eine weitere Verschlechterung.“ Von einer effektiven Bekämpfung der dramatischen Klimaverschärfung, etwa durch Entsiegelung (Stichwort: Schwammstadt), seien wir weit entfernt. „Entscheidend wird sein, dass wir Hochwasserschutz nicht nur als etwas Technisches begreifen, sondern als gewaltige Chance, entlang von Bächen und Flüssen mehr grüne Lebensqualität zu erzeugen. Dazu böte die Fortschreibung des Landesentwicklungsplans eine einmalige Gelegenheit.“ * Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Prognos AG und Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS)
Hintergrundinformation: Rechtliche Ebene: Seit 2014 gilt in Baden-Württemberg ein novelliertes Wassergesetz, das z. B. in Paragraf 65 (Überschwemmungsgebiete) die Errichtung und Erweiterung von baulichen Anlagen verbietet. Grundlage ist das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes. Seit der Erstellung der Hochwassergefahrenkarten (HWGK) 2013 ist bekannt, dass 90 Prozent der Kommunen und 20 Prozent der Industrieflächen im Land von Hochwasser betroffen sein können. Für mehr als 12.000 Kilometer Gewässer liegen konkrete Informationen vor über die mögliche Ausdehnung und Tiefe einer Überflutung für unterschiedlich intensive Hochwasserereignisse.
Seit 11. Februar 2023 gilt das novellierte Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz (KlimaG BW).
Best Practice: Im AKBW-Auszeichnungsverfahren „Beispielhaftes Bauen“ prämierte Objekte, die den Aspekt Hochwasserschutz berücksichtigen:
Donaueschingen-Wolterdingen: Hochwasser-Rückhaltebecken Balingen: Zollernschlosssteg Balingen: Stadtarchiv Pforzheim-Mühlacker: Stadtpark „Enzgärten“ Freudenberg: Hochwasserschutz und städtebauliche Neuordnung Öhringen: Feuerwehrgerätehaus West Schrozberg: Renaturierung des Vorbachs Bruchsal: Das rote Haus