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Mario Flammann ist Freier Architekt und Freier Stadtplaner und einer von zwei Vorsitzenden des AKBW-Kompetenzteams Landesentwicklung. Er ist Mitglied im Entscheidungsgremium für die Fachliste Ortsentwicklungsbeirat und sprach mit der DAB-Redaktion über das Instrument, das insbesondere kleinere Kommunen unterstützen soll.
Der AKBW-Landesvorstand hat im vergangenen Jahr den Ortsentwicklungsbeirat ins Leben gerufen. Warum ist es so wichtig, dass die Kammer die Kommunen mit diesem Instrument unterstützt? Die Zukunft der Ortskerne ist eine Herausforderung, mit der insbesondere kleinere Kommunen in hohem Maße zu kämpfen haben. Gleichzeitig sind Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse komplex und schwerfällig und gelingen häufig nicht in dem Umfang, wie man das gerne hätte. Da sind oft grundsätzliche Unsicherheiten vorhanden. Deshalb ist es wichtig, frühzeitig Projekte zu begleiten und die Kommunen bei der Steuerung zu unterstützen.
An manchen Orten gibt es fest installierte Gestaltungsbeiräte. Andernorts kommt der Mobile Gestaltungsbeirat der Kammer zum Tragen. Reicht das nicht an Beratung? Als Gestaltungsbeirat steigt man in der Regel erst in einen Prozess ein, wenn sich ein Projekt schon in eine bestimmte Richtung entwickelt hat. Wenn der Kontext oder die Rahmenbedingungen nicht stimmen, dann ist es als Gestaltungsbeirat sehr mühsam, daraus noch ein gutes Projekt zu entwickeln. Der Ortsentwicklungsbeirat setzt früher an. Er ist ein Beratungsangebot im Vorfeld von einzelnen Projekten und soll auch Überzeugungsarbeit leisten in puncto Innenentwicklung. Manchmal muss man motivieren oder auch Ängste nehmen vor der Komplexität von Prozessen. Durch gemeinsames Erörtern können mögliche Wege aufgezeigt werden bei der Frage, wie Beteiligungs- und Dialog-Prozesse aussehen können oder ob es gegebenenfalls geeignete Förderprogramme gibt.
Wer ist die Zielgruppe? Viele, vor allem ländliche Gemeinden haben das Problem, dass die Ortskerne aussterben. Gerade kleinere Kommunen haben aber häufig – wenn überhaupt – nicht ausreichend besetzte Bauämter, um spezifische strategische Fragestellungen der Ortsentwicklung anzugehen. Da hilft der Blick von außen, wie ihn ein Ortsentwicklungsbeirat hat, der Praxiserfahrung von andernorts einbringen kann. Er löst natürlich nicht das Ressourcen-Problem, aber soll als ein Baustein dabei helfen, richtig zu priorisieren.
Welchen Vorteil haben die Kommunen? Der Ortsentwicklungsbeirat unterstützt bei der sogenannten integrierten Planung. Es geht um vernetztes Denken: Man betrachtet eben nicht das eine Projekt oder die eine Parzelle und macht sich über die Nachfolgenutzung Gedanken, sondern schaut sich den gesamten Kontext an. Dadurch gelingen häufig bessere, nachhaltigere Lösungen. Der Klassiker ist die Wiedernutzbarmachung von Flächen oder Bestandsgebäuden. Nachverdichtung ist insbesondere in kleineren Kommunen ein ganz dickes Brett, das gebohrt werden muss – was Akzeptanz und berechtigte wie unberechtigte Sorgen im Vorfeld betrifft.
Es geht also darum, einen Weg aufzuzeigen? Im Prinzip ist es eine Art Lotsen-Funktion, die der Ortsentwicklungsbeirat einnehmen soll. Er soll aufzeigen, was die ersten Schritte sind, was man mitdenken muss und was zunächst einmal vielleicht noch nicht so eine große Rolle spielt. Oft wissen die Betroffenen vor Ort nicht, wie sie am besten vorgehen sollen. Der Ortsentwicklungsbeirat erbringt keine Planungsleistungen, er soll Impulsgeber sein. Erst im nächsten Schritt geht es dann an das Einholen von Angeboten von verfahrensbegleitenden Büros oder die Ausschreibung von Planungskonzepten oder Wettbewerben. Hier ist die Arbeit des Ortsentwicklungsbeirats dann erstmal getan. Er kann aber natürlich zu Zwischenschritten oder Meilensteinen hinzugezogen werden, um gegebenenfalls nachzujustieren oder eine nächste Weichenstellung zu initiieren.
Tun sich Kommunen oft schwer, Impulse von außen zu holen? Nicht per se. Es sind eher Unsicherheiten über Form und Umfang geeigneter Planungsprozesse und die Frage, ob wirklich Geld investiert werden soll. Dass dadurch auch die Prozesse selbst schlanker werden können, sehen viele gar nicht. Meiner Meinung nach ist der Ortsentwicklungsbeirat gerade auf der Kostenebene und vom zeitzeitlichen Aufwand her ein niederschwelliges Angebot, um zu sagen: Lasst uns erst mal sortieren und dann sehen wir, ob wir einen großen Prozess brauchen oder vielleicht auch zwei kleine Schritte reichen.
Wodurch zeichnet sich das Gremium des Ortsentwicklungsbeirats aus? Es hat eine unabhängig beratende Funktion, wie wir das auch aus dem Gestaltungsbeirat kennen. Der Ortsentwicklungsbeirat ist – im Gegensatz zum fest installierten Gestaltungsbeirat – nur für einen temporären Zeitraum eingesetzt. Ähnlich wie beim Mobilen Gestaltungsbeirat der Kammer. Es geht um eine überschaubare, individuell zu vereinbarende Anzahl von Terminen, um den jeweiligen Entwicklungsprozess zu strukturieren. Das wird von Kommune zu Kommune variieren, je nach Aufgabenstellung. Vorrangig geht es auch um den gemeinsamen Diskurs mit Politik und Fachverwaltung. In jedem Fall ist aber auch vorgesehen, dass öffentlich getagt wird, um den Diskurs und die Ergebnisse dann auch in die Breite zu tragen. Das ist enorm wichtig.
Wie können Kammermitglieder in einem Ortsentwicklungsbeirat aktiv werden? Der erste Schritt ist, sich in die Fachliste Ortsentwicklungsbeirat aufnehmen zu lassen. Dazu braucht es natürlich eine gewisse Qualifikation, die vom Auswahlgremium geprüft wird. Es soll künftig auch jährliche Workshops geben, bei denen die Mitglieder der Fachliste sich austauschen können und auf spezifische Fragen eingegangen werden kann. Neben dem fachlichen Know-how aus der Berufspraxis ist auch die kommunikative Kompetenz, komplexe Prozesse in einfachen Worten zu transportieren, sehr wichtig für die Tätigkeit im Ortsentwicklungsbeirat. Wie werbe ich dafür, dass nicht erst mal alle vor den Herausforderungen erstarren, sondern sich auch auf den Weg machen? Denn darum geht’s ja letztendlich.
Mit der Fachliste sollen insbesondere kleine Kommunen bei der Suche und Auswahl geeigneter Fachleute unterstützt werden, die in einem Ortsentwicklungsbeirat tätig werden. Für die Aufnahme in die Fachliste sind einige Voraussetzungen zu erfüllen und ein Antrag zu stellen.
auf Basis der Erfahrungen aus dem Pilotprojekt in Kißlegg Kammermitglieder:
Ergänzt um: