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Wohnungsmangel, steigende Gebäudepreise und akuter Fachkräftemangel in der Bauindustrie sind alarmierende Realitäten in Baden-Württemberg. Mit dem seriellen und modularen Bauen verbänden sich viele, durchaus berechtigte Hoffnungen wie kostengünstigeres und schnelleres Bauen, so AKBW-Präsident Markus Müller beim zweiten Experten-Hearing „Serielles Bauen“. „Aber es beantwortet bei Weitem nicht alle Fragestellungen zeitgemäßen Bauens wie etwa die Adaptivität ins städtische Umfeld.“
Am 7. Februar 2024 kamen Vertreterinnen und Vertreter aus Bauwirtschaft, freien Berufen, Universitäten und AKBW-Kompetenzteams im Haus der Architektinnen und Architekten zusammen. Markus Müller berichtete über das Verfahren des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW-Verfahren 2018). Hier offenbare sich eine Kluft zwischen Ziel- und Umsetzung. Bei allem Potenzial, das serielles und modulares Bauen aufweise – Fakt sei, dass bisher lediglich 4.500 Wohnungen im Rahmenvertrag realisiert worden seien. Der europaweite Wettbewerb zur Förderung innovativer Konzepte für kostengünstigen Wohnungsbau zeige, dass diese Bauweisen derzeit keineswegs günstiger, vielmehr häufig teurer seien als konventionelle Methoden.
Aktuell läuft das Ausschreibungsverfahren „Serielles und modulares Bauen 2.0“. Müller warf insbesondere die Frage auf, ob der Standard der Wohnraumförderungsrichtlinie des Landes Berlin-Brandenburg auf Baden-Württemberg übertragbar sei. Die Kostenspanne der Angebote reichte laut Müller von 2.495 Euro bis 7.996 Euro, ohne Aufzug und Parkierung. De facto bedeute eine Adaption auch Abweichungen von der LBO BW und kommunalen Stellplatzsatzungen. Die Lösungen für innerstädtische Quartiere seien schwierig. Es habe unterschiedliche Umsetzungen bezüglich Keller- und Abstellräume in Wohngeschossen gegeben, auch seien Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht berücksichtigt worden.
Der AKBW-Präsident referierte gewonnene Erkenntnisse zu Prozessen, Konstruktionen, Logistik, Typologien, Handwerk sowie Bauwirtschaft und betonte die Bedeutung von Transformationsmodellen, Netzwerken und Teamarbeit im traditionellen Handwerk. Dazu gehören die Bewältigung des Fachkräftemangels mittels Digitalisierung, die Steigerung der Nachhaltigkeit durch verbesserte Arbeitsbedingungen und Systematisierung, Akzeptanzgewinne durch Parallelisierung von Bauprozessen und die Kostenminderung durch Skaleneffekte. Manches sei stark typisierbar, so Müllers Fazit, anderes gar nicht. „Die Mischung macht’s!“ Serielles Bauen und städtebauliche Einbettung blieben jedoch stets Fragen von Architekturqualität. Zwei Beispiele, die im Rahmen des Hearings präsentiert wurden, gaben konkrete Einblicke in unterschiedliche Lösungsansätze bei der Schaffung kostengünstigeren Wohnraums durch serielles und modulares Bauen.
Architekt Sebastian Streck, Geschäftsführer bei Florian Nagler Architekten, präsentierte die Dante-Projekte in München. Dante 1, 2015 entwickelt, entstand in Kooperation mit B&O Bau und der GFBW Bau und Wohngesellschaft als Antwort auf die Flüchtlingskrise. Zugelassen im vereinfachten Genehmigungsverfahren, entstand es in der außergewöhnlich kurzen Planungs- und Bauzeit von nur einem Jahr, flankiert freilich durch unterstützendes Interesse des Münchner Oberbürgermeisters. Das innovative Konzept nutzt die auf einem schmalen Riegel vorhandenen Parkplätze: Ein auf Stützen platziertes Gebäude in Holzriegelbauweise stellt bezahlbaren Wohnraum in Ein- und Zweizimmerwohnungen bereit. 2019 folgte Dante 2 mit 144 Apartments, größeren Stützenabständen, angepassten Wohnungsgrößen sowie Erkern für mehr Barrierefreiheit und zusätzlichen Wohnraum. Lieferschwierigkeiten während der Corona-Pandemie führten hier zu Preissteigerungen. Dennoch zeichnen sich beide Projekte aufgrund der serienmäßigen Vorfertigung durch verkürzte Bauzeiten und eine bessere Kostenkontrolle aus. Streck: „Wir haben das gemacht, was Generalübernehmer nicht können.“
Architekt Thorsten Blatter, Partner bei andOffice Stuttgart, präsentierte das innovative Integrationswohnungsprojekt „Hoffnungshäuser“, markante, „emotional“ gestaltete Baukörper mit geschwungenen Balkonen und flexiblen Grundrissen. In Kooperation mit der Hoffnungsträger Stiftung entwickelte sein interdisziplinär arbeitendes Büro ein serielles Baukastenkonzept für Geflüchtete und Einheimische. Die Hoffnungshäuser setzen auf eine flexible Holzkonstruktion mit einem Dreimetergrundraster und variablen Gebäudelängen von 12 bis 24 Metern dank elf verschiedener Wandaufbauten. Durch Verzicht auf unnötige Ausbaugewerke sei eine wirtschaftliche Umsetzung im Holzbau möglich, so Blatter. Das serielle Planen habe die Bauzeit zudem auf eine effiziente Spanne von etwa sechs bis sieben Monaten pro Gebäude und gerade viertägiger Holzbau-Montage verkürzt. Blatters Fazit deshalb: Es gebe „große Potenziale“ durch serielle Produktion und Vorfertigung. Kritisch merkte er an, eine ökologische Zertifizierung (Voraussetzung für bestimmte Förderungen) sei „sehr aufwändig“, auch fehlten Flüchtlingsunterkünfte-Anforderungen und die neue Holzbaurichtlinie „steht radikalen, innovativen Ansätzen entgegen“.
In der von AKBW-Geschäftsführerin Carmen Mundorff moderierten Diskussion mit Karin Loosen, Kammerpräsidentin in Hamburg, ging es um die Wichtigkeit kreativen Inputs bei seriellem und modularem Bauen. Loosen betonte, was bereits der AKBW-Präsident als Erfahrung einbrachte: Serielles Bauen sei nicht zwangsläufig mit geringeren Kosten verbunden. Sebastian Streck hob die Bedeutung der Gemeinschaftsflächen und Freiräume hervor. Uwe Wulfrath, Geschäftsführer der GWG Tübingen, hob auf die Herausforderungen des seriellen Bauens in Bezug auf unterschiedliche topografische und städtebauliche Gegebenheiten ab und plädierte für mehr Fortbildungen im kostenbewussten Bauen. Astrid Fath, Vorsitzende des KT Bauwirtschaft, sprach die Rechtssicherheit bei der Vereinfachung an sowie die Notwendigkeit, mehr Toleranz zu üben. Des Weiteren wurde die Haftung im Kontext der Einflussnahme der Baustoffindustrie auf Normungsausschüsse, insbesondere in Bezug auf Schall- und Brandschutz, beleuchtet. Die AKBW versucht in ihrem berufspolitischen Engagement auf eine Harmonisierung hinzuwirken, um zu einheitlichen Entscheidungen in Baden-Württemberg zu kommen, aber auch auf eine stabile Gesetzgebung im ökologischen Bereich. Die Diskussion endete mit einem Appell für regionale Kooperation, Zusammenarbeit in Bauteams und Investitionen in die Digitalisierung – für eine effizientere Zusammenarbeit zwischen Architekten und Handwerkern.
Um die Bauwende voranzutreiben, hat sich die Bundesstiftung Bauakademie zur Aufgabe gemacht, relevante Akteure entlang der Bauwertschöpfungskette zu versammeln. Ein runder Tisch, vom Bündnis für bezahlbaren Wohnraum initiiert, zielt auf die Förderung seriellen, modularen und systemischen Bauens, wie Professor Dr. Guido Spars, Gründungsdirektor der Bundesstiftung Bauakademie, referierte. Sechs Arbeitsgruppen behandeln die Aspekte Planung, Prozesse, Digitalisierung, Nachfragepotenziale, Finanzierung, rechtliche Hemmnisse und Kommunikation. Schnittstellenprobleme zwischen Architekten und Modulanbietern seien zu besprechen. Doch es seien die Architektinnen und Architekten, so Spars nachdrücklich, die eine entscheidende Rolle bei der Sicherung von Qualitäten im seriellen, modularen Bauen spielten.
Das Kompetenzteam beschäftigt sich mit Fragen des seriellen und modularen Bauens und Sanierens sowie der Präfabrikation. Dabei setzt es sich auch mit der Durchlässigkeit von Planen und Bauen auseinander.