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Gastredner Thomas Willemeit referierte bei der "9. Nacht der Architektur" in der Kunsthalle Göppingen über "Freiheit und Grenzen in Zeiten der Mobilität"
Rund 150 Fachleute und Architekturinteressierte kamen in diesem Jahr zur nunmehr „9. Nacht der Architektur“ in die Kunsthalle Göppingen. Gastredner war der renommierte und international tätige Berliner Architekt Thomas Willemeit, der über neue Aufgaben für Architekten und Stadtplaner referierte. Neben Architekten, Innenarchitekten und Stadtplanern nahmen auch zahlreiche Gäste aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Kultur an der Veranstaltung teil. „Ich bin überwältigt und begeistert, wie viele Menschen sich für aktuelle Entwicklungen in unserer Profession interessieren“, begrüßte der Vorsitzende der Architektenkammergruppe Göppingen, Christian Gaus, die rund 150 Zuhörer in der Kunsthalle Göppingen. Der Kammergruppe Göppingen sei es über die Jahre gelungen, die „Nacht der Architektur“ über Fachkreise hinaus als wichtigen Termin bekannt zu machen. „Es ist wichtig, dass wir als Fachleute immer wieder offensiv die Öffentlichkeit suchen, wenn wir über gute Architektur und Stadtplanung diskutieren“, beschrieb Architekt Gaus den Rahmen und das Erfolgsrezept des jährlichen Events. Der Kammergruppenvorsitzende dankte dem scheidenden Direktor der Kunsthalle Göppingen, Werner Meyer, für die erfolgreiche Zusammenarbeit. In einer kurzen Erwiderung wies Werner Meyer als regelmäßiger Gastgeber auf das Wechselverhältnis von Kunst und Architektur hin. „Ich habe von den internationalen Gastrednern immer enorm profitiert“, resümierte der Direktor der Kunsthalle. Für Meyer steht außer Frage, dass die Kunsthalle Göppingen auch künftig der ideale Ort ist, um über Architekturästhetik und Baukultur zu reflektieren.Der diesjährige Gastredner Thomas Willemeit konfrontierte seine gespannten Zuhörer mit einer Vielzahl von Beispielen, die das traditionelle Arbeitsfeld von Architekten und Stadtplanern erweitern. „Architekten können mehr tun als Häuser bauen“, erklärte der Berliner Architekt und Mitbegründer des internationalen Architekturbüros Graft selbstbewusst. Dazu gehöre, sich intensiv mit Natur und Landschaft zu beschäftigen. „Wo beginnt ein Bauwerk eigentlich, wie können besondere Blickachsen auf die Umgebung geschaffen werden?“, formulierte Willemeit entscheidende Fragen an die eigene Profession. Der Architekt erläuterte anschaulich, wie Bewegungsrituale die Ästhetik und Funktionalität eines Hotels oder digitale Bewegungsdaten ganze Stadtquartiere umfassend prägen können.
Dies gelte auch im umgekehrten Fall, wenn sich Menschen an einem Ort nur ungern aufhalten. "Wir denken uns in solchen Situationen gerne an Fluchtorte, die eine freundliche Exotik wie im Urlaub oder Behaglichkeit wie das eigene Zuhause ausstrahlen", beschrieb Willemeit diese Motive. Er zeigte am Beispiel einer Zahnklinik, die in der Innenarchitektur eine Dünenlandschaft nachbildet, wie solche Gefühlslagen positiv genutzt werden können. Bei einer völlig neu gestalteten Intensivstation der Berliner Charité konnte sogar nachgewiesen werden, dass ansprechende Lichtverhältnisse und Mobiliar mit einer Anmutung häuslicher Geborgenheit den Genesungsprozess wesentlich verbessern. "Ein eindrucksvolles Beispiel, dass gute Architektur nachweislich gesünder macht", sagte Willemeit
Für reichlich Diskussionen sorge im Weiteren Willemeits Bericht über das von ihm gegründete Unternehmen Solarkiosk, das energieautonome Ladenkioske mit Solarpanel für kleine Orte in Afrika und Asien produziert. Diese Läden bieten unter anderem Ladestationen für Smartphones sowie Kühlung von Lebensmitteln und Medikamenten. "Wir schaffen Teilhabe an Bildung und globaler Kommunikation, stoßen Entwicklungen an, überlassen aber den Menschen vor Ort, welchen Weg sie gehen wollen", beschrieb der Berliner Architekt das Konzept.
"Ist das noch Architektur? Müssen sich Architekten mit solchen Problemen überhaupt beschäftigten?", fragte Willemeit in die Runde. Seine abschließende Antwort war eine doppelte: Zum einen mit der Aussage, dass es solche festen Zuständigkeiten heute schlicht nicht mehr geben kann. Zum anderen indirekt durch einen Exkurs zu seinem Engagement als Kurator des deutschen Pavillons bei der Architekturbiennale 2018 in Venedig, der den Fall der Berliner Mauer als Leitidee aufgreift. "In allen Installationen geht es vordergründig um Barrieren, eigentlich aber um deren Überwindung und die Freiheit des Individuums", erläuterte der Gastredner. Dieser Leitgedanke sollte auch für Architekten und Stadtplaner maßgeblich sein.
Dipl.-Ing. (FH) Christian Marcel Gaus, Freier Architekt
Dipl.-Ing. Natalia PfeufferArchitektin