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"Architektur bleibt" lautete das bundesweite Motto für den Tag der Architektur am vergangenen Samstag passend zum Europäischen Kulturerbe Jahr, das die EU für 2018 ausgerufen hat.
Architektinnen und Architekten, Stadtplanerinnen und Stadtplaner tragen eine große Verantwortung - doch sie benötigen dazu eine engagierte Bauherrschaft. Dieses Miteinander ist essentiell.
"Lokalpolitiker entmachten die Preisrichter" war wenige Tage zuvor am 19. Juni in der Stuttgarter Zeitung zu lesen und darin weiter: "Der Technikausschuss des Gemeinderats machte am Dienstagvormittag klar, dass der Gemeinderat darüber entscheiden wird - und nicht die Bauherrin und nicht das Preisgericht (...). Der Vorrang der Politik bei der Entscheidungshoheit ist in dieser Form etwas Neues." Anlass dieser Äußerungen war das Wettbewerbsergebnis zur geplanten Neubebauung an der Eberhardstraße.
Der BDA und die Architektenkammer betrachten die Entwicklung zu einseitiger Entscheidungsfindung und das gleichzeitige Ignorieren einer Preisgerichtsempfehlung mit Sorge - wohlgemerkt die Entscheidung einer Jury, die sich aus Fach- und Sachpreisrichtern zusammensetzte und ein im Abstimmungsverhältnis eindeutiges Ergebnis erzielte. Es geht um nichts Geringeres als die gemeinschaftliche Verantwortung für den öffentlichen Raum im Zentrum unserer Stadt.
Vertrauen und Dialogbereitschaft aller Planungsbeteiligten sind Grundvoraussetzung für das Gelingen eines Werks und letztendlich für die Entwicklung von Baukultur. Der Architekturwettbewerb, durchgeführt nach den Richtlinien für Planungswettbewerbe, stellt hierfür ein wesentliches Instrument dar.
Basierend auf diesen Grundsätzen finden Bauherren und Planer in einem klar strukturierten, anonymen und transparenten Verfahren auf faire und partnerschaftliche Weise im interdisziplinären Austausch zueinander. Wettbewerbe fordern im wetteifernden Vergleich die schöpferischen Kräfte heraus und fördern innovative und nachhaltige Lösungen für eine zukunftsgerechte Umweltgestaltung. Voraussetzung für die großen Vorleistungen, die hochrangige Büros bei einem Wettbewerb erbringen, ist die Vertraulichkeit von Preisgerichtssitzungen und das Vertrauen darauf, dass die Empfehlungen der Jury im weiteren Verfahren beachtet werden. Durch die zitierten Signale aus dem Gemeinderat würde das wertvolle Instrument des Planungswettbewerbs wirkungslos.
Im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums im Januar 2018 wurde ganz aktuell auf der europäischen Kulturministerkonferenz die "Davos Deklaration" beschlossen, eine gemeinsame Erklärung, mit der die Bedeutung hochwertiger Baukultur für Europa gestärkt werden soll. Laut Reiner Nagel, dem Vorstandsvorsitzenden der Bundestiftung Baukultur, waren sich alle Teilnehmer einig, dass mit dem deutschen Begriff "Baukultur", der hier erstmalig in offiziellen internationalen Dokumenten verwendet wird, neues Terrain für eine integrierte Sichtweise von Erbe, Bestand und Neubau betreten wird.
Die Davoser Erklärung macht darauf aufmerksam, dass Baukultur nur im interdisziplinären Austausch gelingen kann:
"Hohe Baukultur bedingt ein Gleichgewicht zwischen den kulturellen, sozialen, ökonomischen, ökologischen und technischen Aspekten von Planung, Gestaltung, Erstellung und Umnutzung im Interesse des Gemeinwohls."
"Hohe Baukultur kann nur im interdisziplinären Diskurs und in übergreifender Zusammenarbeit von politischen Entscheidungsträgern, zuständigen Behörden und Fachleuten entstehen. Da sie kreative, funktionale und soziale Aspekte beinhaltet, müssen alle relevanten Disziplinen und alle Fachleute gleichberechtigt einbezogen werden."
Dies macht ein gemeinschaftliches Wirken von Gesetzgeber, Institutionen und den verschiedenen Berufsgruppen des Planens und Bauens unter Einbezug der Zivilgesellschaft unabdingbar. Mit dem IBA-Projekt und den verschiedenen Debatten zur baulichen Entwicklung, die von Bürgern mit großem Engagement geführt werden, gibt es dazu in Stuttgart besonders vielversprechende Ansätze. Dieses Miteinander würde durch eine Diskussion um Entscheidungshoheiten verloren gehen. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn unsere Stadt nicht aus ihrem enormen architektonischen Potential schöpfen würde, sondern in Mittelmäßigkeit versänke.
Michael Ragaller, Vorsitzender BDA Kreisgruppe Stuttgart/Mittlerer Neckar Thomas Herrmann, Sprecher der FÜNF Stuttgarter Kammergruppen