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Wenn es um das Megathema Energiewende geht, herrscht sowohl politischer als auch gesellschaftlicherKonsens: Die Dringlichkeit zu handeln ist allen bewusst. Auch die entsprechenden Willensbekundungen sind da. Aber um wirksam zur Energiewende beizutragen, müssen die Maßnahmenpakete konsequenter und ihre Auswirkungen schlagkräftiger werden.
So ist es unter anderem ein Ziel des Energiekonzepts der Bundesregierung von 2010, den Wärmeenergieverbrauch im Gebäudebereich bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. Fakt ist, dass der Endenergiebedarf 2015 nur knapp 10 Prozent unter dem Wert von 2008 lag. Damit scheint das formulierte Ziel bis 2020 kaum noch erreichbar zu sein. Was kann getan werden, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten?
Herr Müller, welche Rolle spielen die Architekten, Innenarchitekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten bei der energieeffizienten Planung?Alle von Ihnen genannten Disziplinen haben qua se einen ganzheitlichen Anspruch. Dieser umfasst traditionell städtebauliche, funktionale, kulturelle, wirtschaftliche und in Summe architektonisch-ästhetische Fragestellungen. Die soziale Einbindung in das Quartier, Fragen der Nachhaltigkeit und Energieeffizienz kommen heute hinzu. Sie sind wesentliche Innovationstreiber im aktuellen Architekturdiskurs.
Warum reichen die bisher eingeleiteten Maßnahmen noch nicht aus? Welche Stellschrauben wurden bislang nicht genutzt?Die Entscheidungsfindungsprozesse im Planen und Bauen sind bereits ohne die Zielsetzung optimierter klimarelevanter Eigenschaften komplex. Wir müssen es schaffen, diese Komplexität gerade im Gebäudebestand für die Beteiligten operativ handhabbar zu machen. Sie kann nicht auf den einzelnen Bauherrn und Planenden abgelastet werden. Es fehlt eine offene Debatte über die Prioritäten in unserer Gesellschaft. Noch werden Klimaschutz, Kostensenkung und die Steigerung der Wohnungsbauaktivitäten gegeneinander ausgespielt. Insofern reden wir über sehr grundsätzliche Entscheidungen.
Welche gesetzlichen Regularien sind sinnvoll, welche sollten angepasst werden und warum?Auf Bundesebene arbeiten wir derzeit intensiv an der Novellierung der EnEV und der Zusammenführung zu einem Gebäudeenergiegesetz mit. Damit soll ein Beitrag geleistet werden, die Klimaschutzziele, auf die sich unser Land vielfach verpflichtet hat, zu erreichen. Dabei steh die gesetzliche Regelungssystematik auf dem Prüfstand – also die Frage, wie eng die Vorgaben für die energetischen Eigenschaften gefasst seinsollen und welche Freiräume für Innovationen denkbar sind. Ganz zentral wird darüber nachgedacht, in welcher Weise der Gebäudebestand in den Klimaschutzprozess einbezogen werden kann. Immerhin sind 18Millionen Wohnungen bereits gebaut, nur etwa 300.000 kommen jährlich hinzu.
Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen Energie- und Wärmewende?Ein Drittel des Energiebedarfes in Deutschland ist gebäuderelevant. Davon werden drei Viertel für die Raumwärme genutzt. Das heißt, dass ziemlich genau ein Viertel der Gesamtenergie in Deutschland für die Beheizung von Gebäuden verwendet wird. Diese schlichte Zahl zeigt die Bedeutung der klimaneutralen Wärmeproduktion im Rahmen der Energiewende.
Die zunehmende energetische Aktivierung verändert das Erscheinungsbild von Gebäuden, Städten und Landschaftsräumen. Welche Verantwortung haben hierbei die Planerinnen und Planer?Wir müssen unsere Kompetenz in die Debatten einbringen. Wir sprechen über offene Probleme, aber auch – wenn wir es richtig anpacken– über ganz neue Chancen.Zwei Beispiele: Weil der Klimawandel bereits fortgeschritten ist, muss über Anpassungen an veränderte Wetterverhältnisse nachgedacht werden. So können natürliche Landschaftszusammenhänge im Rahmen von Hochwasserschutzkonzepten als Polderungsflächen wiederhergestellt werden.Die klimaneutrale Elektrifizierung der Gebäudebeheizung und die EMobilität werden einen enormen Zuwachs an solarem Strombedarf mit sich bringen. Die Erzeugung wird nur dann baukulturell verantwortbar sein, wenn wir Konzepte der gestalterischen Integration von PV-Anlagen finden. Nach wie vor fehlt es für den Gebäudebestand an einer wirksamen Strategie, um die Eigentümer zur energetischen Sanierung zu motivieren.Wie könnten Anreize zur Umsetzung energetischer Optimierungsmaßnahmen geschaffen werden?Erstens: Ob es wirklich sinnvoll ist, riesige Gebäudebestände in jedem Einzelfall auf Neubauniveau zu ertüchtigen, steht zumindest in Frage. Entscheidend sind eine klimaneutrale Wärmeproduktion und bauphysikalisch die Behaglichkeitskriterien für die Nutzung des Gebäudes. Hier finden wir sehr viel Spielraum für innovative Ansätze bis hin zu energetischen Quartierskonzepten. Zweitens: Zentral ist die gesellschaftliche Verteilung der Kosten. Derzeit reden alle vom Klimaschutz, aber nur diejenigen bezahlen die Kosten, die als Bauherr ein Gebäude neu errichten oder im Bestand sanieren. Deshalb brauchen wir eine signifikante Steigerung der Förderungsquoten und eine Bepreisung klimaschädlicher Energieproduktion, damit die Kosten eines gesamtgesellschaftlichen Zieles auch gesamtgesellschaftlich getragen werden.Drittens: Die Frage, ob die energetischen Eigenschaften eines Bestandsgebäudes die einzigen sind, die über seine Qualität entscheiden, muss in einen gesamtheitlichen Zusammenhang gestellt werden. Der Umgang mit Bestandsgebäuden bedarf einer differenzierten Planungsweise, die die baukulturelle Bedeutung des Bestandes (würden Sie das Ulmer Münster energetisch sanieren wollen?), den Bedarf des Bauherrn ebenso wie den Standort analysiert. Diesem Ergebnis werden dann die immanente „graue Energie“ und die resultierenden Kosten im Lebenszyklus gegenübergestellt.
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