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Wann immer Großprojekte aus dem Ruder laufen, preislich oder terminlich, werden zunächst gerne die Architekten zu Schuldigen erklärt – und dann wird nach neuen Allheilmitteln gesucht. Hat man vor wenigen Jahren noch die Lösung in Öffentlich Privater Partnerschaft gesucht – bis dann die ersten Großversuche wie die Justizvollzugsanstalt Offenburg gründlich daneben gingen –, so wurde zuletzt im Zuge der Reformkommission 'Bau von Großprojekten' beim damaligen Bauministerium das 'Building Information Modeling' BIM hochgehalten.
Architekten fürchten dies wie weiland die Einführung des computerunterstützten Entwerfens; aber aus eben dieser früheren Erfahrung sollten sie lernen, die Methode zunächst zu studieren und dann Vor- und Nachteile nüchtern auszuloten.
Zunächst also die Frage: Worum geht es? Im CAD wird herkömmlich in Linien gedacht, das kommt unserem Verständnis des Zeichnens nahe, und unserer Herangehensweise der schrittweisen Konkretisierung. Es ist aber mit einem gewissen Speicherbedarf in der EDV verbunden. Wenn man stattdessen in Körpern denkt, kann das für den Rechner unaufwendiger werden. Sozusagen der Weg von der Pixelgrafik, die jeden Punkt einer Linie definieren muss, über die Vektorgrafik, die eine Linie alleine über ihre Endpunkte und die zusätzliche Information definiert, dass alle zwischen den Endpunkten liegenden Punkte zu eben dieser Linie gehören – diesen Weg der Vereinfachung weiter fortgeführt, von der Linie zum Körper. Dies ist ein wichtiger Gedanke des BIM.
Ein zweiter ist der, dass jedes Element mit Informationen über die Eigenschaften, über Attribute der Elemente verknüpft werden kann. Landschaftsarchitekten und Stadtplaner kennen den Gedanken aus denGeoinformationssystemen GIS, wo Flächen mit Attributen verknüpft sind: Flächennutzung real, Flächennutzung planungsrechtlich, Bodengüte, Bodenbeschaffenheit, Bewuchs etc. Was sehr praktisch ist, wenn einmal alle Informationen eingegeben sind. Informationen sind leicht abrufbar, sind zur Hand, wenn über das Element/die Fläche entschieden werden soll. Die Eingabe erfolgt sinnvollerweise nach Bedarf, nach der Prüfung: Wofür brauche ich welche Information, für welchen Nutzen lohnt sich der Eingabeaufwand. Denkbar ist natürlich, dass Elementbibliotheken schon über viele Informationen verfügen, die automatisch im Modell zugänglich werden, sobald über den Einsatz eines Elements entschieden wurde.
Und schließlich ein Charakteristikum aus der amerikanischen Praxis bei der Planung größerer Projekte: Die Planung muss vor Baubeginn fertig sein, bis ins Detail. Dies kostet Gesamtzeit bis zur Realisierung, weil Planung und Ausführung sich zeitlich nicht mehr überlappen können – aber es leuchtet unmittelbar ein, dass es Änderungs- und Anpassungsplanungen erspart.Es zwingt den Bauherrn zur Geduld bis zum Ausführungsbeginn, und es zwingt die Architekten zur Stringenz und zur Entscheidungsfreudigkeit im Planungsprozess. Notwendige Änderungen bei letzter Planungspräzisierung sind einfacher, weil keine bereits fixen (gebauten) Randbedingungen zu berücksichtigen sind.
Änderungen am bereits Gebauten entfallen, es treten keine Kosten dafür auf (wobei die Werbung ‚keine Stemmstunden‘ nicht zutrifft, denn die Toleranzen in der Ausführung werden ja nicht ausgeschaltet). Es nimmt allerdings Bauherren und Architekten die Chance, am werdenden Bau zu planen, zu entscheiden, wenn das bereits Erstellte besser wahrnehmbar ist als es die besten 3D-Darstellungen, Modelle und Animationen suggerieren könnten.
Diese drei Ansätze sind nicht notwendig miteinander verknüpft, aber für denBIM-Gedanken sind sie gemeinsam charakteristisch. Die Hoffnung besteht, über die genannten Qualitäten hinaus, auf verbesserte Informationsflüsse.
Zum einen sollen viele (alle) am Projekt beteiligten Planer auf ein Rechnermodell zugreifen können, um alle Abstimmungen und Änderungen während der Planung in Echtzeit aktuell austauschen zu können. Dazu werden ggf. Teilmodelle oder aber gefilterte Eingriffsrechte definiert, welche die Manipulationsmöglichkeiten je nach Teilmodell auf autorisierte Verfasser beschränken. Zum anderen sind in der zusammengeführten 3D-Darstellung im Modell alle Konflikte zwischen Leitungsführungen untereinander, oder mit dem statischen System, oder mit den Raumabschlüssen leichter ersichtlich. Kollisionskontrollen werden Routine.
Die Ansätze sind mit den Chancen beschrieben, welche sich eröffnen können, welche den Weg zur Methode begründen. Jenen sind die Gefahren gegenüberzustellen, die mit der Anwendung speziell für uns Architektinnenund Architekten verbunden sind.
So kann im Planungsprozess zu früh erwartet werden, dass alle Informationen bereits vorhanden und alle Fragen bereits entschieden sind, insbesondere die kostenrelevanten. Die präzise Darstellung verleitet dazu, eine Scheingenauigkeit zu unterstellen; das Skizzenhafte des ersten Striches geht verloren, die allmähliche Konkretisierung des Vorschlags über versuchsweises Vorgehen ist nicht mehr ablesbar, die Präzision kann missdeutet werden. Das Ziel, alle Planung vor dem Baubeginn beendet zu haben, führt zu mehr Zeitdruck beim Planen, weniger Raum für die Prüfung von Alternativen.
Die Protagonisten des BIM stammen aus dem Bauingenieurwesen und aus der Bauindustrie. Dort ist das Verständnis für das Denken der Architekten in Alternativen, über die schrittweise Verfeinerung von Konzeptionen und über nichtlineare Entscheidungsabläufe nicht sehr ausgeprägt, um es vorsichtig zu formulieren. Die Aussage, der Vorentwurf hätte dank BIM bereits eine hohe Kostengenauigkeit, unterliegt einem Denkfehler. Entweder handelt es sich dann eben nicht mehr um einen Vorentwurf, weil schon viel festgelegt wurde, oder es ist noch nicht kostengenau, weil die Einzelentscheidungen im Vorentwurf noch nicht so fix sind, nicht sein können, mangels Planungstiefe.
Wenn BIM leistungsfähigere, will sagen personalstärkere Architekturbüros erfordert, so mag dies mancher auch als Gefahr sehen. Ich schließe mich dem nicht an, denn wegen der notwendigen Wissensbreite, dem angemessenen Erfahrungshintergrund und nicht zuletzt wegen sicherer Vertretungsregeln plädiere ich ohnehin für eine Zukunft der Bürozusammenschlüsse und der engen Netzwerke. Die Ausrichtung der HOAI an Leistungsphasen wäre zu überdenken, wenn mit frühen Leistungsphasen (wie zB. dem Vorentwurf)der Aufwand für Datenerfassung, Präzision der Darstellung und Tiefe der Koordination erheblich steigt. Ungeklärt sind derzeit noch Fragen der Berufshaftung, der Zuordnung der Verantwortung auf die verschiedenen Beteiligten.
Dass derzeit die Zusammenstellung von Teams von Architekten und Fachingenieuren für die gemeinsame routinierte Arbeit im BIM mühselig und nicht immer erfolgreich ist, sollte nicht als Problem der Methode, sondern muss als Problem der Einführungsphase gesehen werden.
Das CAD wird sich wohl dahin entwickeln, dass räumliche Darstellungen verschiedener Verfasser in ein Modell integriert werden können. Die Anbieter streben nach Vervollkommnung ihrer Produkte, nach der Ausweitung der Leistungsfähigkeit. Die Vereinfachungen für die Bauindustrie und für diejenigen Bauherren, die schon an ihr zukünftiges Facility-Management denken, werden einen Druck auf die Einführung von BIM ausüben. Der Abschluss aller Planungen vor Baubeginn erfordert eine große Zurückhaltung des Bau-Umsetzungsdranges der Bauherren – das ist in Deutschland nicht sicher erwartbar. Zur Zeit kommen kritische Stimmen eher von Nichtanwendern, positive aus den überschaubaren Anwenderkreisen.
Es gibt Gefahren, aber auch Vorteile des BIM, ähnlich wie bei der Einführung des CAD: BIM ist praktisch, aber aufwändig, und es wird der allmähliche, stufenweise, iterative Prozess des Reifens der Entscheidungen und ihrerVerfeinerungen und Verfestigungen durch die Erwartung bedroht, dass frühzeitig alles bekannt sein könnte und damit auch sein müsste. Diese frühen Angaben sind aber nur scheingenau, weil nicht hinreichend abgestimmt und durchdacht.
Architekten müssen sich darauf einstellen, dass BIM an Bedeutung gewinnt. Und dabei ihre Sicht der Gefahren und Notwendigkeiten proaktiv einbringen. Sie müssen für die komplexen Entscheidungswege mit Alternativendiskussion, Abstimmungen und Rückkoppelungen werben, wie sie den heutigen Bauaufgaben angemessen sind und wie sie allein Garanten für das Entstehen von Baukultur sind, welche immer auch Planungskultur voraussetzt. Wie sie auch, recht angewandt, im BIM möglich sein können.