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Am 28. Februar luden die FÜNF Stuttgarter Kammergruppen zum dritten Mal zum Thema „Baugemeinschaften in Stuttgart“ ins Haus der Architekten ein.
Seit 2003 diskutieren Politik, Verwaltung, Planerinnen und Planer in Stuttgart intensiv über das „Wohnen in der Stadt“, besonders das Wohnen in dichten, urbanen Quartieren. Baugemeinschaften stoßen dabei auf großes Interesse. Die verbindlichen Voraussetzungen fehlten dazu in der Stadt jedoch lange Zeit.
Im Jahr 2012 zeigten Referenten aus der Hamburger Stadtverwaltung und aus Berlin, einem engagierten und interessierten Publikum aus Bürgerschaft, Planern und Politikern auf Einladung der FÜNF Stuttgarter Kammergruppen im Haus der Architekten die Chancen auf, die Baugemeinschaften den Bauherren und Bauherrinnen, aber auch ihrem Umfeld bieten können. Sie wiesen gleichzeitig darauf hin, welche Verwaltungsstrukturen und welcher politische Entscheidungswille notwendige Voraussetzungen sind für das Gelingen von Baugemeinschaftsprojekten. 2013 berichteten Gäste aus Esslingen und Tübingen über eine Vielzahl unterschiedlicher und abgeschlossener Baugemeinschaftsprojekte und auch davon, dass bei einem Fall private Bauherren während der Planungsphase (gezwungenermaßen) ausgestiegen sind. An deren Stelle wurden ersatzweise Wohnungsbauträger Teil einer Baugemeinschaft, weil diese mit ihrer fachkundigen Erfahrung auch finanziell und planerisch in der Lage waren, Probleme einzufangen. Letzteres machte später und dem Namen "Esslinger Modell" Schule.
In diesem Jahr kamen die Referenten in erster Linie aus Stuttgart und konnten von ihren eigenen Erfahrungen in der Landeshauptstadt berichten. Am Beispiel "Olga-Areal" warfen Bauherren, Architekten, Baubegleiter und ein Vertreter der Verwaltung einen kritischen Blick in die Vergangenheit und auf den laufenden Prozess.
Rüdiger Arendt, Bauherr einer Baugemeinschaft und Gründungsmitglied der Projektgruppe Olgäle 2012, erinnerte einleitend daran, wie 2007 aus einer Bürgerinitiative die Projektgruppe Olgäle 2012 e.V. entstanden ist, die bis heute den Planungsprozess auf dem Olga-Areal nicht nur begleitet, sondern auch mitprägt und gestaltet. Dabei behält sie über individuelle Vorstellungen hinaus immer das gesamte Konzept im Blickwinkel. Das städtebaulich-architektonische Konzept basiert auf einem Wettbewerbsergebnis aus dem Jahr 2012 von Thomas Schüler und Faktorgrün - ein Wohnquartier bestehend aus 220 Wohneinheiten, mit Versorgungs- und Sozialstruktur, das sich im Wechsel von öffentlichen und privaten Räumen immer wieder mit der angrenzenden Nachbarschaft vernetzt, über Wege und Plätze, Familienzentrum, Kita und private Gemeinschaftsräume. Frühzeitig wurde hier die Chance ergriffen, auf einer der größten innerstädtischen Entwicklungsflächen ein Wohnquartier gemeinsam mit einer Vielzahl interessierter Bürgerinnen und Bürger, Planerinnen und Planer so zu konzipieren, dass diese Fläche den künftigen Anforderungen des demographischen und auch sozialen Wandels gerecht wird. Die Projektgruppe Olgäle 2012 e.V. ging zum Zeitpunkt der Gründung von einem fünf Jahre dauernden Prozess aus. Es sollte aber zehn Jahre dauern.
Die Architekten Martin Fecketics und Oliver Hilt konnten mit ihren Projekten nicht nur ein hohes Maß an individueller Architektur nachweisen, die gemeinsam durch die vielfältige und engagierte Bauherrschaft entstanden ist, sondern auch einen hohen Anspruch an ökonomisches und ökologisches Bauen.
Das Klimaschutzprojekt „Max Acht“ der Architekturagentur beeindruckt durch eine leimfreie Holzkonstruktion. Mit der Menge CO2, die beim Bau eines konventionellen Hauses freigesetzt wird, können 19 leimfreie Holzhäuser wie bei Max Acht hergestellt werden. Michael Kunert von der Kontaktstelle Baugemeinschaften der Landeshauptstadt Stuttgart bestätigte diese ökologische Komponente im Zusammenhang mit weiteren Zielsetzungen der Stuttgarter Baugemeinschaftsprojekte.
Zu dem vielfältigen innovativen Angebot gehören auch die sozialen, integrativen und inklusiven Vorzüge von Baugemeinschaften, die auf dem Olga-Areal nachgewiesen werden können. Die Stadt Stuttgart hat die Chancen für die Stadtentwicklung und den Wohnungsmarkt erkannt. Durch den partizipativen Planungsprozess können Bürger in ihrer Stadt aktiv werden, was soziale Stabilisierung in die Quartiere trägt. Ein differenziertes Wohnungsgemenge und Nutzungsmischung erzeugen Lebendigkeit und Vielfalt. Gemeinschaftliches Planen und Bauen hilft dabei bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
In Stuttgart hat sich doch einiges getan in den letzten Jahren. 2012 fasste der Stuttgarter Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss zur öffentlichen Ausschreibung von städtischen Grundstücken an Baugemeinschaften/Wohnprojekte - vorwiegend für Selbstnutzer. Dabei wurde eine Vergabe zum Festpreis und nicht länger zum Höchstgebot festgeschrieben. Dabei wurde eine Vergabe zum Festpreis und nicht länger zum Höchstgebot festgeschrieben.
In einem mehrstufigen Vergabeverfahren mit einer Optionsphase können sich die Bewerber einem Konzeptwettbewerb stellen, der gruppenbezogene und objektbezogene Qualitäten abverlangt. Die Vergabeziele werden auf Basis standortbezogener städtebaulicher Vorgaben erstellt und durch einen Kriterienkatalog abgefragt. So wird die jeweilige Baugruppe ausgewählt. Die Vergabegebühr bei Optionsvergabe beträgt 1% des Kaufpreises.Um diese ersten Verfahrenshürden zu überwinden ist es ratsam, frühzeitig einen unabhängigen Baubetreuer mit in den Planungsprozess einzubinden. Als solcher erklärte Dietmar Wiehl seine Aufgabe im Zusammenbringen der verschiedenen Akteure von Stadtverwaltung, Bauherren, Planern und ausführenden Firmen. Gruppenfindung, Bewerbungsphase, Bauphase und Abrechnungsphase verlangen allen Beteiligten ein hohes Maß an Ausdauer ab, die vom Baubetreuer gesteuert werden kann.
Das Fazit zum Stand der Stuttgarter Baugemeinschaften fiel bei den geladenen Referenten durchweg positiv aus. Warum der Planungsprozess über zehn Jahre dauerte, war wohl der anfänglichen Skepsis und Unerfahrenheit der städtischen Verwaltung und Politik gegenüber dieser neuen Bauaufgabe geschuldet. Wie „eine Glaskugel bei einer Wahrsagerin“ empfanden anfangs betroffene Mitarbeiter in der Verwaltung diese Herausforderung. Konflikte innerhalb der Verwaltung führten zu Verzögerungen. Mangelndes Gemeinschaftsinteresse des ausgewählten Ankernutzers, der die gemeinsam geplante Tiefgarage ausführen sollte, und damit verbundene Fehlplanungen führten zu zusätzlichen Belastungen aller Beteiligten. Für die Zukunft wünschten sich die Baugemeinschaftsvertreter eine kürzere und weniger komplizierte Bewerbungsphase. Denn während der vier Jahre dauernden zweiphasigen Bewerbung änderten sich für manche Bauherrschaft die sozialen Verhältnisse, z.B. durch finanzielle bzw. familiäre Veränderungen, sodass sie nicht länger im Verfahren bleiben konnten. Mehr Unterstützung und Sicherheit bei den Grundstückskaufverträgen und eine finanzielle Mitwirkung bzw. Bereitschaft der LBBW-Bank als kommunale Hausbank und Kreditgeberin wären wünschenswert.Einhellig war die Meinung, dass der Prozess, gemeinsam etwas gestaltet zu haben, Spaß gemacht hat und anderen Mut machen soll, dem Beispiel zu folgen und mit Ausdauer an dieser neuen Bauaufgabe mitzuwirken.